Samstag, 12. April 2025
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Lasst Sierra Kidd in Ruhe! [Kommentar]

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Eine halbjährige Social-Media-Abstinenz, die Absage einer deutschlandweiten Tour und das ausgebliebene Release des angekündigten „Real Life“: Fans des Team-Fuck-Sleep-Anführers (Sierra) Kidd mussten sich leider wieder Sorgen um die psychische Gesundheit ihres Idols machen. Jetzt ist er endlich wieder zurück und hat eine neue Albumankündigung im Gepäck.

In seinen in den letzten Tagen veröffentlichten Vlogs hat der „Xanny“-Rapper detaillierten Einblick in sein Seelenleben gegeben. Und tatsächlich schien ihm der gesamte Trubel um seine Person wieder etwas zu viel gewesen zu sein. Er wolle einfach, dass seine Fans die Musik feiern und ihm dafür seine Anerkennung zusprechen, ansonsten sei er aber ungerne Mittelpunkt des Gesprächs.

Internethate und Sticheleien

Es gibt wohl auch kaum einen Deutschrapper der sich so oft unnötigem Internethate oder Sticheleien von Rapperkollegen aussetzen muss wie Kidd. Bei alldem Buzz um seine Person, ist dann leider oft der eigentlich wichtigste Aspekt etwas verloren gegangen: seine Musik.

Kidd ist aber nach wie vor einer der Hoffnungsträger im deutschen Rap. Zum einen, weil kaum einer die aktuellen Sounds aus den Staaten auf so einem hohen Level ins Deutsche überträgt wie der Emdener. Zum anderen aber auch wegen der Tiefe seines Charakters und der Fähigkeit, seine Emotionen authentisch in seine Lyrics zu verpacken.

Lasst ihn endlich in Ruhe!

Es wäre also mehr als schade, wenn dieser talentierte Künstler ernsthaft überlegen würde, seine Musik nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. Also macht keine sinnlosen Nebenkriegsschauplätze auf und lasst Kidd endlich in Ruhe seine Musik machen!

Kommentar: Deutschrap braucht ein #metoo

Die Ereignisse der letzten Tage zeigen es überdeutlich: Deutschrap hat ein strukturelles Problem mit Sexismus – und braucht dringend ein #metoo.

Hey Deutschrap. Wie stehst du eigentlich zu Gewalt gegen Frauen? Vergewaltigung? Häusliche Gewalt?

Deutschrap:

„Die Bitch muss bügeln, muss sein
Wenn nicht, gibt’s Prügel, muss sein“ (Majoe, „Charlie Sheen“ mit Kurdo)

„Machen wir Liebe, Babe, im Bett, dann schreist du: „Arrêté!““ (Rin, „Arrêté“)

„Baller der Alten die Drogen ins Glas
Hauptsache, Joe hat sein’n Spaß“ (Gzuz, „Lebenslauf“ mit Bonez MC)

Okay, klare Antwort. Drei Beispiele, die zeigen: Wir haben in der Tat ein Problem. Lines über Gewalt gegen Frauen, über häusliche Gewalt und über Vergewaltigung sind fester Bestandteil unserer Kultur.

Kunst darf alles?

Meistens wird argumentiert, dass das von der Kunstfreiheit gedeckt sei. Juristisch stimmt das vermutlich auch. Und auch ich war lange jemand, der sich diese Haltung zu eigen machte. Sozialisiert mit sexistischen, misogynen Rapsongs von N.W.A. bis Westberlin Maskulin habe ich mir bis ins fortgeschrittene Erwachsenenalter eine spätpubertäre Einstellung bewahrt, die mir heute peinlich ist. Motto: Solche Inhalte provozieren, Provokation ist Kunst, Kunst darf alles.

Ziemlich kurz gedacht. Ich hätte es besser wissen können. Schon 2009 stellte eine Studie der Universität Granada fest, dass Männer schon durch sexistische Witze eher bereit sind, Gewalt gegen Frauen zu tolerieren oder gutzuheißen.

Es geht nicht um Moral

Wenn bereits Witze diesen Effekt haben – welchen Effekt haben dann Lines wie die oben zitierten? Es ist nicht besonders verwegen zu vermuten: Einen gewaltigen. Sie bereiten den Boden für konkrete Handlungen. Um moralische Empörung geht es – anders als oft behauptet wird – also keineswegs. Es geht vielmehr ganz konkret um Machtmissbrauch und Gewalt.

Und es ist weiter zu vermuten, dass es nicht allein bei Texten bleibt, sondern Gewalt gegen Frauen auch Praxis ist. Die Schilderung von Helen Fares über ihre Erfahrung mit übergriffigem Verhalten auf dem Frauenfeld-Festival ist nur ein Beleg. Sie zeigte aber auch, dass ein konkretes Outcalling mit Namen bisher kaum stattfindet – aus verschiedenen Gründen.

Einer davon ist: Viele Rapper haben sehr gute Anwälte. Diese verhindern eine (ohnehin schwierige) Verdachtsberichterstattung mit allen Mitteln. Das fällt ihnen angesichts der geringen Finanzkraft vieler HipHop-Medien nicht schwer.

Deutschrap braucht ein #metoo

Deshalb ist ein #metoo für Deutschrap überfällig. Denn die Probleme sind – genau wie in der Filmindustrie – strukturell. Es ist kein Fehlverhalten Einzelner dafür verantwortlich. Nein, dahinter stehen handfeste, männlich dominierte Machtstrukturen.

Wir alle, Medien, Künstler, Fans und nicht zuletzt auch die großen Labels und Werbepartner, müssen das Thema viel ernster nehmen. In den USA hat Rick Ross seinen Reebok-Deal wegen einer Rape-Line verloren. Ähnliches ist in Deutschland (noch) undenkbar – obwohl die oben erwähnte Line von Gzuz inhaltlich sehr nah an der von Ross ist.

Was rap.de angeht, haben wir bisher selbst nicht immer konsequent genug gehandelt. Zwar wurde der Sexismus von Kurdo und Majoe oder auch Gzuz in den jeweiligen Reviews kritisiert. Es gab auch diverse Kommentare zum Thema Sexismus, Rape Culture und Frauenfeindlichkeit. Trotzdem wurden immer wieder vergleichbare Inhalte kommentarlos durchgewunken. Damit ist ab heute endgültig Schluss.

Was passieren muss:

Das Verharmlosen von sexistischen Texten, Darstellungen in Videos und Verhalten von Künstlern mit dem Totschlagargument „Kunstfreiheit“ muss aufhören. Nein, niemand will solche Texte verbieten. Aber ja, sie müssen kritisiert werden.

Victim Blaming, also das (mit)verantwortlich machen von Opfern, muss aufhören. Der Hinweis, wer sich mit Rappern einlasse, müsse mit so etwas rechnen, ist Quatsch.

Frauen, die über Sexismus, Gewalt und Missbrauch berichten, muss zugehört werden. Wir alle, Medien, Fans und Künstler*innen, müssen dazu beitragen, dass eine Atmosphäre geschaffen wird, in der Opfer von (oft sexualisierter) Gewalt und Sexismus sich trauen können, offen über das zu sprechen, was ihnen angetan wurde.

Und schließlich: Die gesellschaftlichen Strukturen, die es Männern ermöglichen, Frauen sexistisch abzuwerten und/oder ihnen Gewalt anzutun, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, müssen sichtbar gemacht werden. Auch im Deutschrap gibt es eine rape culture. Das längerfristige Ziel muss es sein, dies zu ändern.

DJ Jeezy feat. Faroon, Billa Joe & OGT – Weekend

DJ Jeezy hat auf allen seiner bisherigen Tracks mit Rapgrößen zusammengearbeitet. Für die neue Single „Weekend” holt er sich mit Billa Joe, OGT und Faroon drei Künstler ins Boot, die auf einem guten Weg sind. Bei der Kombi ist es selbsterklärend, dass ein moderner Sound mit einem detailreichen Beat entstanden ist. Der Titel lässt hierbei schon vermuten, dass es um die luxuriösen Wochenend-Partys der Jungs geht.

„Manche Dinger sind mir anders als du
Meine Brüder, der Bestand meiner Crew
Baby weiß, ich bin mit den Veranstaltern cool
Deshalb gibt’s keine Faxen im Club, Baby nein, nicht mit uns”

Anfang des Jahres droppte DJ Jeezy seine letzte Single „Andale” gemeinsam mit badmómzjay, Bausa und Kalim. 2021 kamen mehrere Tracks wie „Ok” oder „Birkin Bag” mit weiteren Deutschrap Schwergewichten wie Luciano, Nimo oder Summer Cem. Aus Summer Cems Camp kommen alle drei aktuellen Feature-Gäste. Faroon releaste im April sein Album „Baby Blue Season”. Einen Monat später veröffentlichte Billa Joe seine neue Platte „Traplife Balance” mit Singles wie „NRW”, „Paris” mit reezy und Luciano oder „Tiffany” mit OGT.

Olexesh – Karussell (prod. PzY)

Erst zu Beginn dieses Monats droppte Olexesh seine zehnte Platte „Bratan”. Nun legt er direkt nach und veröffentlicht die Single „Karussell”. Diese ist keine Post-Album-Auskopplung, sondern ein bisher unreleaster Track. Olex‘ Stimme harmoniert gut im Einklang mit dem Beat von PzY. Die Mischung lässt Sommerstimmung aufkommen, auch wenn er von persönlichen und emotionalen Lines nicht absieht.

Vermiss mein Sohn, kleiner Bratan, ich muss weit weg
Ich mach das, damit die in nem guten Auto hеimfährt
Fütter die Tauben hiеr im Hof, ich kann nicht locker lassen
Hab zu viel Bilder in meinem Kopf, ich lass sie weiter hassen”

Am 3. Juni releaste Olexesh sein aktuellstes Album „Bratan”. Daraus koppelte er zuvor „Weit gebracht”, „Etwas werden”„UdSSR”„Durak”„Katasrof”„100.000” und „Spiel 77” aus. Die Platte hat 17 Anspielstationen und Feature-Gäste wie Pajel, Hanybal, Celo & Abdi oder O.G. „Karussell” ist nun die erste Veröffentlichung seit seinem neuen Album.

Umse feat. Masta Ace – Unzerstörbar (prod. Umse)

Boombap-Rap, Scratches und Samples – Umse behält seinen roten Faden und macht ein Hip-Hop Album, was all denen gefallen dürfte, die die Wurzeln der Kultur für sich beanspruchen. Die neue Single „Unzerstörbar” beinhaltet seinen einzigen Featuregast Masta Ace. Der US-amerikanische Rapper steigt passend in den Vibe ein und sorgt mit seinem Part für Abwechslung.

„Ich habe nie etwas studiert, ich hab es mit Rap probiert
Und damit spekuliert, dass sowas nie vergessen wird
Die Hoffnung schwindet, das Gefühl ist was als letztes stirbt
Der Song läuft weiter, auch wenn alles um mich explodiert”

Seit Ende April releast Umse wöchentlich eine Single aus seinem neuen Album „Séparée”. Nach der ersten Single „Und ich lauf”, folgten „Kein Taxi”„Nie wieder”„Unmöglich”, die Titelsingle„Ok”, „Jalousien” und „Bis die Engel singen”. Mit der zehnten und letzten Single endet dann nächste Woche die Promophase.


Lugatti & 9ine – AK (prod. Traya)

Nach einer längeren Phase, die von diversen Solo-Projekten geprägt war, sind Lugatti & 9ine wieder als Duo am Start – oder als Trio, wenn man Traya mitzählt. Auf ihrer neuen Single „AK” besprechen die beiden ihr Leben in Köln zwischen Hasch Joints und Kneipenbesuchen.

„Cup ist dreckig, rauch dein Blunt nicht, er ist hässlich
Gas schmeckt heftig, Gas krümelt auf Perserteppich
Life sehr stressig, ich brauch Geld, deswegen rap ich
Esse Gambas und deshalb sind meine Finger fettig”

Im April 2021 veröffentlichte das Duo sein letztes Album „So Wie Gehabt”. Danach waren Lugatti und 9inebro vor allem Solo unterwegs, wobei sie weiterhin kollaborierten. Zuletzt veröffentlichte Lugatti das Soloalbum „Cansado”.

Luciano — Push It (prod. Geenaro & Ghana Beats)

In den Fitnessstudios dieses Landes läuft Lucianos „Push It” wahrscheinlich bald rauf und runter. Die Lyrics des Berliners sorgen für extra Gym-Motivation. Im eingespielten Team mit seinen Produzenten Geenaro und Ghana Beats entsteht aber auch wieder ein Sound, der durch die harten Drums und Beatdrops auch im Club laufen könnte.

„Push tief runter, drück die Brust tief runter, Bro, zieh durch
Body Flex, was du willst, holst du selbst
Wie Van Damme, push, push, bis ans Ziel”

Neben der aktuellen Single droppt Luciano gerade mehrere lose Tracks, alleine oder im Duo mit anderen Künstlern. Ein besonderes Feature war sicherlich der letzte Woche erschienene Track „Cloud” mit UK-Star Headie One. Davor präsentierte er Singles wie „Majestic”„SUVs” oder „Beautiful Girl”. Außerdem bringt Luciano nun passend zum Sommer seinen eigenen Fruchtsaft „Loco Juice” auf den Markt.

Ngee feat. Capital Bra – Echte Berliner (prod. Zino & Nouh)

Schon immer versuchen sich Berliner Rapper von Rappern aus anderen Städten, Zugezogenen und Hauptstadttouris abzugrenzen. Ngee und sein Labelchef Capital Bra erwähnen in etlichen Songs ihr Aufwachsen in der Hauptstadt. Mit der neuen Single verdeutlichen sie nun einmal mehr, was „Echte Berliner” sind. Wie auch bei den gleichnamigen Tracks von Bushido oder AK Ausserkontrolle, malen sie das Bild einer dreckigen und roughen Hauptstadt voller Elend und Kriminalität.

„Komm, ich zeig dir ein paar Kokain-Ticker neben Mutter mit Kinder
Oder im Milieu, rot-rosane Lichter
Guck, ich zeig dir ein paar koksende Richter
Shore und Fixer, tote Gesichter”

„Echte Berliner” ist eine Singleauskopplung aus Ngees Album „Kinder der Strasse”. Dieses droppt am 22. Juli. Zuletzt releaste er die Albumsingle „Vay Vay” und das Intro. Davor brachte der Berliner einige Singles wie „Straßengeschichte”„Von da wo ich komme” mit Kolja Goldstein oder „Tipico” heraus. Capital releast heute direkt zwei Singles. Neben seinem Part auf „Echter Berliner” kommt heute „Renn Renn” mit Farid Bang und Haftbefehl raus. Diese ist die vierte Single für das Kollaboalbum „Deutschrap Brandneu” von ihm und Farid Bang, das am 15. Juli erscheint.

HoodBlaq – Barrio (prod. Shokii)

HoodBlaq zeigen auf ihrer Single „Barrio”, dass sie vielseitig sind und mehr können, als bloß aggressiven Straßenrap. Safraoui und Jamal reflektieren über die Schattenseiten des kriminellen Blocklebens. Auch der Sound legt diesmal mehr Fokus auf eine Melodie und ein schönes Klangbild. Trotzdem kommt die Straßenkredibilität nicht zu kurz. Bei dem Dreh ihres Musikvideo kam es scheinbar zu einer großen Polizei-Razzia und anschließender Beschlagnahmung ihrer Materialien. In knapp vier Tagen drehten die Ludwigshafener trotzdem noch ein authentisches Video in ihrem Block.

„Was hast du zu verlieren? Nein ihr seid nicht wie wir
Steh im Zimmer, wo Mama noch schlief und jetzt ist sie einfach nicht mehr hier
Schreib den Hass auf Papier, mein Kopf explodiert
Dieses Leben ist dunkel, ich geh lieber Knast, als im Block mit Harz IV”

Safraoui und Jamal droppen die Single für das kommende HoodBlaq Album „BE.ELA.QU”, das am 29. Juli auf den Markt kommt. Die Crew droppte bisher die drei Singles „Siedlung”, „Ohne Sinn” und „Ketama”. Im Februar brachten die Ludwigshafener ihr Debütalbum „Hashtags” heraus. Danach unterstützten sie RAF Camora auf seiner Tour.


Ion Miles feat. Longus Mongus – Pass nicht rein (prod. Themba & SiraOne)

Zum Release seines Soloalbums droppt Ion Miles ein Video zu „Pass nicht rein”. Der Song treibt den Signature-Stil des Berliners auf die Spitze. Es geht um lange Nächte mit den Brüdern, um Kaltgetränke und die Liebe zum Leben.

„Pass nicht rein in deine Welt und ich seh doch, wie du guckst
Pass nicht rein in deinen Club, weil wir sind über zwanzig Jungs
Ja, ich lauf neben der Spur, aber ich laufe mit dir
Sind zu laut, wir sind auf Suff, die Herzen gut, doch Kopf kaputt”

Heute erscheint „In Liebe, Ion”, das Soloalbum von Ion Miles. Im Vorfeld koppelte der BHZ-Rapper daraus die Singles „Powerade”„Top auf”, „Cusengos” zusammen mit Big Pat und „Dunkelblau” aus.

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