Nazar und RAF Camora

rap.de: Was haltet Ihr denn eigentlich dann von so neueren Sachen wie den Orsons zum Beispiel?

RAF Camora: Ich kann sagen, TUA mag ich persönlich sehr gerne, ich kenn den auch, aber Orsons, das ist halt überhaupt nicht meine Musik.

Lange Zeit waren halt die Alternativ Hip Hop Hörer irgendwie unterdrückt und dachten sich, scheiße, es gibt jetzt nur noch Straßenrap und jetzt gibt es halt endlich wieder Gruppen für diese Leute. 

Nazar: Genau und deshalb sage ich auch immer wieder, es ist sehr gut, dass es das gibt und ich versteh auch nie, warum dann sogenannte Straßenrapper so was fronten und angreifen. Weil es muss für alles, was geben, um befriedigt zu werden.

Wenn ich zum Beispiel auf MTV das neue Video sehe, wo sie mit Gitarren stehen, dieses Sam Cook… natürlich will ich meinen Fernseher einschlagen und sagen: Hey, ich hab nicht so viel für den Fernseher gezahlt, um jetzt so was angucken zu müssen. Aber trotzdem: es muss so was geben und ich respektier wirklich alles, was es gibt.

Diese ganze Fronterei, diese Beleidigungen. Für mich ist das Schwachsinn. Absolut lächerlich. 

rap.de: Für was würdest du Dich streiten?

Nazar: Ich halte nichts von streiten. Ich bin keine 12 Jahre alt mehr. Ich glaube der richtige Begriff wäre, jemanden zu demolieren. Das einzige, wofür ich das machen würde, wäre meine Familie. Einer der wenigen Punkte bei mir, wo ich wirklich keine Toleranz habe.

rap.de: Bist du auch so tolerant, wenn es um Musik geht?

RAF Camora; Die Sache, die ich mir immer denke ist: Ich bin nicht der Rap Professor und da denke ich mir, jeder soll sein Ding machen. Ich bin ein richtige Musiker und solange etwas cool gemacht ist, ist es cool. Ob es dann nach meinem Geschmack ist, ist egal. 

rap.de: Ich habe das Gefühl, dass der klassische Hip Hop gerade in der Krise steckt und dass das sehr viel mit der musikalischen Entwicklung von Hip Hop zu tun hat. 

Nazar: Ich glaube, du meinst eher, die Nicht-Weiterentwicklung. Schau mal, ich sag das auch oft: Du kannst nicht nur alle miesen Verkaufszahlen darauf schieben, dass nur noch gedownloaded wird. Ich möchte jetzt auch bei Gott nicht behaupten, dass wir mit "Artkore" die Welt dadurch anders drehen lassen. Wir haben bestimmt nichts Neues gemacht, sondern einfach versucht, das was es immer schon gab, ein bisschen fresher zu machen, auf unsere Art und Weise. Aber was ich ein bisschen schade finde: Wenn du dir als HipHop Liebhaber, ständig Alben kaufst, weil du wirklich noch so fair bist und das Zeug auch wirklich haben möchtest und dann IMMER dasselbe geboten bekommst, dann ist das Schwachsinn. 

RAF Camora: Das ist auch der Grund, warum ich angefangen habe französischen Rap zu hören. Da höre ich mir die Texte an und kann dann tatsächlich noch was lernen. Da erzählen mir die Leute tatsächlich ihre Erfahrungen vom Leben… 

Nazar: Besser gesagt, anders als es jetzt Deutsche erzählen würden. Das Leben ist ja dort auch nicht anders als hier und die machen ja auch dasselbe, aber die verpacken das einfach ein bisschen intelligenter, als es hier schon so oft verpackt wurde

RAF Camora: Den deutschsprachigen Rappern ist auch schnell etwas peinlich. Denen ist es manchmal ein bisschen unangenehm, zu philosophieren und experimentell zu sein.

Die Franzosen machen das halt einfach. Frankreich war immer das große Land der Schrift. Die französischen Chansons waren immer top, von den Texten her und die Rapper haben das halt weiter übernommen, wobei in der französischen Szene gerade mal zwei richtige Franzosen sind, der Rest besteht sowieso nur aus Algeriern, Marokkanern und Schwarzen. 

Nazar: Schau, ich muss aber auch zugeben, wenn ich jetzt zum Beispiel "Kinder Des Himmels" hernehme, dann reden wir genau von dem HipHop, von dem ich jetzt sage, deswegen funktioniert er nicht mehr.

Ich habe früher genau dasselbe gemacht, aber ich habe zumindest versucht, das weiter zu entwickeln und bei "Paradox" gab’s schon Ansätze und jetzt auf "Artkore", wo ich mir gedacht hab, jetzt werden aber richtig viele Fans von mir, die das gerne hatten, wie ich das früher gemacht habe, enttäuscht sein. Aber mir war das wirklich scheißegal, weil ich mir gedacht habe, wenn der Hörer so eingeschränkt ist und nur noch diese Art von Musik mag, die aber eigentlich nicht sehr kreativ ist, verlier ich nicht wirklich etwas damit.