Audio88 und Yassin

Wenn Musik wie bei "Nochmal Zwei Herrengedeck, Bitte“ von Audio88 und Yassin so schwer im Magen liegt, stellt sich vor einem Interview oft die Frage, ob man es wirklich mit misanthropischen Schnaps-Liebhabern zu tun hat, oder ob das dann doch eher Freude am Spiel mit Images ist. Wenn ersteres der Fall ist, dann ist jede Frage falsch, man hat "den Text nicht verstanden" und am Ende schweigt man sich gereizt an. Oder man geht mit hängenden Schultern nach Hause, und hätte sich dann doch irgendwie krassere Persönlichkeiten gewünscht. Wir trafen uns in einer heimeligen Spelunke namens "Bierstube“ mit den gut gelaunten Schnaps-Freunden und Sprachen über Autos anzünden, Poetry Slams und die richtige Zubereitung für ein zünftiges Herrengedeck.

rap.de: Ich frage mich immer, wenn Leute, die immer so schlecht gelaunte Musik machen wie Ihr, ob Ihr dann auch in der U-Bahn steht und Euch denkt: "Ach, diese ganzen Zombies hier alle“?

Audio88: Ich find eigentlich gar nicht, dass unsere Musik so schlecht gelaunt ist. Wir haben auf jeden Fall beim Schreiben und beim Aufnehmen sehr viel Spaß und lachen sehr viel.

Yassin: Schlecht gelaunt heißt ja auch immer so ein bisschen angefressen. Aber eigentlich setzen wir uns teilweise mit sehr viel Geduld mit Themen auseinander, bei denen ich von mir keine Geduld erwartet hätte. Also, schlecht gelaunt würde ich auch nicht sagen.

Audio88: Eigentlich sagt man uns nach, dass wir ganz lustige Menschen sind. Wenn wir getrunken haben.

Yassin: Und wenn wir in der U-Bahn stehen denken wir nich "Was für Zombies!“. Die wissen ja alle, was sie tun im Gegensatz zu einem klassischen Zombie.
  
rap.de: Aber Ihr macht ja definitiv so Szenekids-feindliche Ansagen. Dabei kann ich mir aber vorstellen, dass es schon junge Vice-Leser gibt, die das gut finden. Bzw. kenne ich junge Vice-Leser, die das gut finden. Habt Ihr da so richtig Ekel davor?

Audio88: Ich weiß nicht. Wir hatten vor kurzem die Erfahrung gemacht, dass wir vor so einem Vice-Publikum gespielt haben und die fanden’s, glaube ich, richtig scheiße, was glaube ich daran lag, dass sie verstanden haben, dass sie gemeint sind. Ansonsten kenne ich schon dieses Phänomen, dass man sagt: "Jaja, die meinen die anderen und mich nich und ich bin dadurch cool, weil ich es verstanden hab und es gut finde“, aber bisher war’s irgendwie so, dass die Leute das nich cool fanden. Ich verurteile auch nich jeden mit einer Leggings, aber die meisten. Die meisten!

Yassin: Die Leute, die meinen, sich voll integrieren zu müssen, aber das dann einfach durch so oberflächliche Merkmale nach außen zu tragen.

Audio88: Das ist wie wenn man sich 2004 eine Rawkus-Plattentasche kauft, um ein "Zeichen“ zu setzen.

Yassin: Oder wenn man auf Rap-Partys geht und sich vor die Bühne stellt, das Mic greift und freestylt, während gerade jemand auftritt, weil man denkt, das wär jetzt eben HipHop oder so.

rap.de: Habt Ihr das persönlich schon mal erlebt?

Audio88: Bei unseren Auftritten will keiner rappen, aber bei anderen schon, ja.

Yassin: Ich finde freestylen persönlich ja immer ganz cool. Es ist ja auch gut, dass es so was gibt. Man trifft Gleichgesinnte und so weiter. Aber man muss es nich in jedem Klischee manifestieren, was sich in dieser Szene anbietet.

Audio88: Dazu kommt noch und da kann ich, glaub ich für uns beide sprechen, dass wir uns beim Schreiben des Albums auch nie so viele Gedanken gemacht haben. So nach dem Motto "Dich kotzen doch auch diese Leute an, lass uns doch mal nen Track drüber machen“. Das ist einfach so, dass wir einen Beat hören und uns vorher unterhalten, uns über irgendwas lustig machen, uns irgendwas im Internet angucken, dann fangen wir an zu schreiben und das kommt halt am Ende dabei raus. Dafür, dass wir so intelligente Texte schreiben, funktioniert das alles sehr stark ohne jegliche Form von Reizung.