Voletta Wallace/Jamal Woolard/Derek Luke

rap.de: Ist es für dich ein Problem, dass du jetzt von der Öffentlichkeit als Notorious wahrgenommen wirst?

Jamal Woolard: Nein, das lässt sich ein bisschen mit Jamie Foxx und Ray Charles vergleichen. Jamie hat ja Ray gespielt. Das war jetzt zwar mein erster Film und die Leute sagen jetzt zwar nicht "Wow, er hat Biggie gut gespielt“, sondern "er ist Biggie“, aber das wird sich wieder ausgleichen. Die Leute, die ihn noch erlebt haben, sind jetzt Mitte Dreißig. Die denken zurück an diese Zeit und sagen sich "genau so war das damals und ich war dabei“, weil sie diese Ära wirklich miterlebt haben. Aber für die neue Generation, die ihn gar nicht kennen, bin ich eben Biggie. Ich möchte nicht respektlos sein und behaupten, ich wäre Biggie, ich spiele ihn einfach. Ich versuche den Leuten zu vermitteln, wer ich vor diesem Film war, und die einzigen, die das wissen, kommen aus New York. Ich bin einfach sehr lässig und entspannt und deshalb wurde ich auch für diese Rolle ausgewählt.

rap.de: Hast du verstanden, warum man damals ständig aufeinander geschossen hat?

Jamal Woolard: Das hat nichts mit Notorious zu tun. Ich war in London, ich bin jetzt hier in Berlin und die Mordrate in diesen Städten ist höher als bei uns.

rap.de: Das war jetzt gar nicht auf Mord im Allgemeinen, sondern auf die Morde innerhalb der Rapszene bezogen.

Jamal Woolard: Das hat nichts mit Rap zu tun. Warum habt ihr denn so eine hohe Mordrate? Siehst du, das versuche ich gerade zu beweisen. Diese Morde haben nichts mit Notorious und Rap zu tun, sondern das ist einfach das Leben. Hier in Europa gibt es keinen Notorious und die Leute töten sich trotzdem gegenseitig, teilweise sogar 14, 15-Jährige. Das ist überall gleich, egal wohin du gehst, und deshalb ist dieser Film auch so allgemeingültig. Deshalb sind wir auch so froh, hier sein zu dürfen, weil ihr genau dieselben Probleme habt. Ihr habt hier auch Rapper, die versuchen es zu schaffen. Die wollen, dass DJs ihre Platten spielen und ihre Lieder im Radio laufen, genau wie Biggie. Da gibt es keine Unterschiede, egal wo du bist.

Derek Luke: Sowohl Biggie und 2pac, als auch Jamal und ich hatten keine Vaterfiguren und ich glaube Vaterfiguren, zumindest für mich, bedeuten dass man sich nicht fühlt wie ein Reptil im Ghetto, oder wie auch immer man es nennen soll. Ich denke, dieser Film zeigt verschiedene Leute in verzweifelten Situationen und das sind Themen, mit denen man sich beschäftigen muss. Viel wird da auch von der Nationalität abhängig gemacht. Wenn du dir ein schwarzes Kind anschaust, sagst du, dass es ein schwarzes Problem ist. Wenn das Kind deutsch ist, dann ist es ein deutsches Problem. Unsere jetzige Generation sagt aber "Das ist unser Problem und wir wollen etwas dagegen tun“ und das ist vergleichbar mit diesem Eastcoast-Westcoast-Ding. In dem Film gibt es diese eine Konzertszene, bei der man Biggie und Tupac sieht. Ich kannte Tupac, weil er mich dazu brachte, Schauspieler zu werden. Man sah ihn in Filmen, er hat aber gleichzeitig auch immer Rap gemacht. Und dann war da dieser mächtige Typ mit dem Hut über dem einen Auge, der auch anfing zu rappen. Ich dachte mir nur „Wow!“, er hatte eine großartige Bühnenpräsenz.
Was ich an Hip Hop so liebe ist, dass es die Geschichte vom Herz einer ganzen Generation erzählt. Sie machten ihre Probleme zu denen von Amerika und der ganzen Welt. Und das ist es auch, was Hip Hop von anderen Szenen abhebt.
 

Jamal Woolard: Genau, darauf wollte ich auch hinaus. Egal ob Notorious erschossen wird, jemand in Großbritannien umgebracht wird oder in Berlin zwischen Ost und West eine Mauer errichtet wird – das hat alles nichts mit Rap zu tun. Früher wurden hier die Leute voneinander getrennt und gegeneinander aufgebracht und heute gehen sie friedlich miteinander um. Man kann die Leute aus dem Osten und dem Westen zwar immer noch an ihrem Dialekt unterscheiden, aber das ist nicht mit der Mauer zu vergleichen.
Wenn du aus einer Sache, die eigentlich kein Problem ist, ein Problem machst, dann wird es eklig, aber wenn du es auf alles ausweitest, es universell machst, dann siehst du es klarer, dann wird es einfacher. Bei der Premiere hier in Berlin war so viel Liebe im Haus, auch Obama hat viel mit dem Film zu tun. Es wird eine Veränderung geben. Die Tatsache, dass wir jetzt einen schwarzen Präsidenten haben, ist einfach unfassbar und deshalb ist jetzt alles möglich.