Review zu „Tha Carter V“: Schafft Lil Wayne den finalen Klassiker?

„If it wasn’t for Wayne, it wouldn’t be” –  2 Chainz rappte bereits 2016 auf dem Kollabotrack „Dedication”, was heute viele Szenekenner neidlos anerkennen. Gesichtstattoos, Leankonsum, Grillz und Gesangseinlagen mit dem Autotune-Effekt. Lil Wayne dient seit Jahren als eine der großen Leitfiguren der neuen Rapgeneration.

Lil Waynes Stellenwert, seine ruhmreiche Vergangenheit sowie die lange Wartezeit auf dem fünften und wohl auch finalen Album der „Tha Carter“-Reihe führten ihn 2018 zu einer Herkules-Aufgabe: Wie erfülle ich die immensen Erwartungen an „Tha Carter V“?

Doch Erfolgsdruck ist nichts Neues für Dwayne Carter – so war die Erwartungshaltung an das ehemalige Hot Boys-Mitglied bereits vor dem Release von „Tha Carter III“ im Jahre 2008 riesengroß. Sein Hype befand sich nach mehreren hochklassigen Mixtapes und unzähligen Featureparts auf dem Zenit. Damals konnte Weezy mit Hits wie „A Milli“, „Got Money“ und „Lollipop“ überzeugen. „Tha Carter III“ stellt bis heute sein erfolgreichstes Album dar und wird von diversen Szenekennern als morderner Klassiker bezeichnet.

Wayne scheint also am Druck zu wachsen. Dementsprechend stellten sich Fans und die Fachpresse die eine große Frage: Würde Lil Wayne mit „Tha Carter V“ ähnlich überzeugen können oder gar einen weiteren Klassiker abliefern? Dies erfährst du in der folgenden Review.

Lange Wartezeit

Bereits 2014 verkündete Lil Wayne, dass „Tha Carter V“ fertiggestellt sei. Es solle das letzte Album seiner großen Karriere sein. Er wolle sich vermehrt auf seine Familie konzentrieren, gab er damals zu Protokoll.

Birdman vs. Weezy

Plötzlich kam es zum Streit mit Birdman. Er lasse ihn nicht sein Album veröffentlichen, beklagte sich Weezy 2014 auf Twitter. Schließlich schaltete er seine Anwälte ein. Ein Rechtsstreit um 51 Millionen US-Dollar machte weltweit Schlagzeiten. Langwierige Gerichtsverhandlungen waren die Folge.

Dieses Jahr kam es endlich zur außergerichtlichen Einigung. Weezy soll eine zweistellige Millionenzahl zugesprochen worden sein. Am 27. September 2018 – fast sieben Jahre, nachdem „Carter IV „gedroppt wurde, kam es zur Veröffentlichung von „Tha Carter V„.

Das Who is who der US-Rapszene

Wer einen Blick auf die Tracklist wirft, wird mit einer Vielzahl von hochkarätigen Featuregästen belohnt. Travis Scott, Kendrick Lamar, Nicki Minaj, Ashanti und Snoop Dogg geben sich u.a. die Ehre.

XXX-Part sorgt für Gänsehaut

Auf dem zweiten Track befindet sich das aufsehenerregendste Feature. XXXTentacion featured Weezy auf  „Don`t Cry“.

Die posthume Verwertung von Songspuren wird häufig kritisiert. Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass X mehrmals betonte, dass Lil Wayne ihm in seiner frühen Karriere als Inspiration diente und er ein großer Fan war.

Egal, wie man der Thematik nun entgegenblickt, „Don`t Cry“ setzt sofort ein Ausrufezeichen. So sorgt die leidenschaftlich vorgetragenen Hook von X für einen Gänsehautmoment, der nachwirkt.

Klug platziert

Der Songs ist nach dem emotionalen Intro von Lil Waynes Mutter Jacida Carter platziert. Cida, wie Weezy seine Mama liebevoll nennt, spricht sowohl auf dem Intro als auch auf dem Outro von „Let it all work out“ über ihre innige Beziehung zu Wayne. Dabei lässt sie ihren Tränen freien Lauf.

Newschool trifft Oldschool

Weezy gelingt es, mit „Don`t Cry“ just zu Beginn von „Tha Carter V“ eine Brücke zur neuen Rap-Generation zu schlagen. Die Frage nach der Aktualität des Soundbilds eines Albums, welches bereits seit mehr als vier Jahren in der Mache ist, stellt sich da nicht.
Lil Wayne bleibt auch aufgrund der hochwertigen und abwechslungsreichen Produktionen von Zaytoven, Swizz Beatz, Infamous, Mannie Fresh und Co. am Puls der Zeit, die er selbst geprägt hat.

Weezy in Bestform

Der Song Let it Fly“ mit Travis Scott weiß ebenfalls zu überzeugen. Eine Flowvariation jagt die nächste. Als ständiger Begleiter die typischen Ambiguität von Lil Waynes Reimschemata. Weezy ist sich bewusst, dass es sich bei diesem Song um eine seiner großen Glanzleistungen der letzten Jahre handelt. Nicht umsonst platziert er das selbst proklamierte „best rapper alive“ am Ende des Songs.