Review: Ufo361 – Rich Rich

Ufo361 ist mittlerweile so verdammt reich, dass er ein ganzes Album darüber machen muss. Wer darauf keine Lust hat, kann sich diese Review und vor allem sein neues Album „Rich Rich“ getrost sparen. Wer aber offen dafür ist und womöglich sogar gefallen an Ufos letzten beiden Alben finden konnte (die eigentlich auch nur von Ufos unermesslichem Reichtum handelten), für den wartet „Rich Rich“ mit einem freestylenden Protagonisten in Bestform auf, der sich voll und ganz auf die vielseitigen Edelproduktionen einlassen kann und seine Stärken derart gezielt ausspielt, dass die nicht zu verhehlenden Schwächen des Langspielers kaum ins Gewicht fallen. Ufo361 ist also tatsächlich ein richtig gutes Album das – man höre und staune – sogar richtig rund durchläuft.

Alles Freestyle

„Rich Rich“ bietet keine Bühne für klassische Rapskills oder interessante Inhalte. Wenn man ehrlich ist, bietet das Album generell keinerlei Gehalt. Ufo ist geradezu absurd reich, hat falsche Freunde hinter sich gelassen und ist einfach allgemein der Beste. Und Reichste. Der monetäre Wohlstand dient hier nicht als wirklicher Inhalt, er dient lediglich als generisches Thema, an dem der Berliner sich entlang hangeln kann. Mit Blick auf Ufos 2018er Machwerk „808“ kann man sich mit diesem Umstand allerdings zufrieden abfinden, denn sein damaliger Versuch, das eigene Profil zu schärfen und menschliche Abgründe, Probleme und Emotionen zu thematisieren, fühlte sich konstruiert, unauthentisch und substanzlos an. Statt einem unglaubwürdigen Bad in Selbstmitleid legt Ufo den Fokus nun allerdings wieder aufs Wesentliche: Seinen Sound.

Daher ist es vielleicht gar nicht so verkehrt, dass Ufo361 die Texte für „Rich Rich“ komplett per Freestyle eingerappt hat. Zeilen wie „Sie ist lesbisch jaaa, doch sie lässt mich ran““ entschuldigt das allerdings nicht. Spätestens seit Bausa eine ganz ähnliche Line gehörig um die Ohren geflogen ist, sollte jedem klar sein, dass solche Aussagen auch im Rahmen eines Rapsongs extrem unangemessen sind. Hängt man allerdings nicht an derlei Respekt- und Geschmacklosigkeiten, fließen die Texte einfach ganz gemütlich durch. Zum einen Ohr rein, zum anderen raus quasi. Gleichzeitig entgeht der Stay-High-Chef dem Korsett der geschriebenen Zeilen und kann seinen Flow, seine Betonungen und seinen Singsang ganz intuitiv so einsetzen und platzieren, wie es ihm sein Bauchgefühl vorgibt. Das verschafft den Produktionen deutlich mehr Freiraum und sorgt für eine interessante Dynamik – denn die Beats sind natürlich das Herzstück von „Rich Rich“.

Highlevel-Produktionen

Die Produzentenriege rund um The Cratez, Sonus030, Jimmy Torrio, OZ und 808-Mafia-Member Gezin hat auf ganzer Linie abgeliefert. Jedem Beat liegt eine hörbar durchdachte Idee zugrunde, die Ufo selbst auf fast jedem Song weiterzudenken vermag. Was als Single nicht unbedingt seine ganze Wirkung entfalten konnte, fügt sich im angenehme 13 Songs, einer davon ein Remix des prestigeträchtigen, aber eigentlich eher unspektakulären, Future-Features, umfassenden Album hervorragend ein.

In welche musikalische Kerbe die Instrumentale schlagen, ist wohl selbsterklärend, dass sie aber dermaßen feinsinnig und kreativ ausgearbeitet sind, war in Anbetracht von Ufos letzten Releases nicht zu erwarten: Wo damals zwar handwerklich hochwertige, aber völlig uninspirierte Versatzstücke ineinandergeschraubt wurden, auf denen der Rapper dann seine ebenfalls komplett schablonenhaften Texte herunterleiern konnte, stehen auf „Rich Rich“ plötzlich von Anfang bis Ende durchdachte Produktionen, die sich gravierend voneinander unterscheiden ohne je das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren und durch das kluge Tracklisting eine über 34 Minuten nahtlose Hörerfahrung bieten.

Ich muss gestehen: Ich bin wirklich überrascht. Als Auskopplung konnte mich lediglich „Nur zur Info“ überzeugen. Darüber hinaus hat Ufo mich bis auf einzelne Glückstreffer seit „Ich bin 2 Berliner“ nicht mehr hinterm Ofen hervorlocken können. Doch auf „Rich Rich“ fühlt es sich an, als würde der Berliner sich selbst neu denken und die eigene Formel endlich beiseite legen – dabei unterscheiden sich die einzelnen Songs nicht in gravierenden Merkmalen von denen der letzten Alben. Lediglich die Dedication scheint trotz (oder dank) der Freestlye-Herangehensweise endlich wieder da zu sein – denn offenbar hat die neue Arbeitsweise jede Menge frischen Wind mitgebracht. Ufos Feuer brennt wieder.