Nate57

Geht es um Straßenrap in Deutschland, fällt immer wieder der Name des jungen Hamburgers Nate 57. Innerhalb kurzer Zeit hat sich der Deutsch-Angolaner aus St. Pauli einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Seine Raps beschreiben soziale Missstände hart und präzise, gleichwohl in einer Sprache, die auch die Streetkids verstehen. Am gleichen Tag, als sein neues Mixtape "Auf der Jagd" erschienen ist, trat Nate mit seinen Rattos Locos-Jungs bei der Grafittibox Jam im Berliner Yaam auf. Nach einem teilweise regelrecht euphorisch gefeierten Auftritt vor begeistertem Publikum stand er unserem Reporter Dominik Lenze im Backstage Rede und Antwort und gab ganz offen Auskunft über politischen Straßenrap, seine Sichtweise auf das Thema Migranten in Deutschland und die zwiespältige Natur des lieben Geldes.


rap.de: Dein neues Mixtape ist gerade herausgekommen.

Nate57: Ja, es hat sich hoffentlich gut verkauft. Also, die Vorverkäufe sagen schon etwas Gutes voraus und ich hatte auch eine gut besuchte Autogrammstunde in Hamburg.Bei den Amazon-Vorverkaufscharts war das höchste glaube ich zehn oder elf.

rap.de: Was Chartplatzierungen angeht, war das ja ein geiles Jahr für Deutschrapverhältnisse. Rechnest du dir auch was aus?

Nate57: Ja. Aber ich will da gar nicht herumspekulieren.

rap.de: Du hast sehr viele 90er-Jahre Beats auf dem Mixtape verwendet. Hörst du viel Rap aus dieser Zeit?

Nate57: Ja. Hat mir auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, das zu machen, weil ich meinen Musikfilm ausleben konnte.

rap.de: Was hältst du von neueren Sachen, experimentellem Kram wie Grime zum Beispiel?

Nate57: Grime feier ich sehr gerne. Ich habe auch zwei Grime-Lieder auf dem Mixtape drauf. Überhaupt finde ich HipHop aus Europa mittlerweile soundtechnisch echt gut. Da kommt ein geiles Lebensgefühl rüber. Außer vielleicht ein paar neue Sachen wie Gunplay. Der ist etwas behindert im Kopf, aber ich finde trotzdem, die Energie, die er uns mit seiner Musik uns geben will, ist geil.

rap.de: Was möchtest du denn den Leuten mit deiner Musik geben?

Nate57: Auch Energie. Einen Einblick in den Mikrokosmos, in dem ich groß geworden bin. Und ganz allgemein einen Einblick in soziale schwache Gegenden in Großstädten. Ich bin da allgemeiner geworden als auf meinem Album, auf meinem Album hab ich fast nur den Kiez thematisiert, das war sehr St. Pauli-bezogen. Bei "Auf der Jagd" ist es etwas allgemeiner umschrieben. Mehr aus der Vogelperspektive.
 

rap.de: Meinst du, dass da viele Leute mit Scheuklappen durch die Gegend laufen und glauben, dass es doch gar nicht so schlimm wäre, was in manchen Gegenden abgeht?

Nate57: Ja, auf jeden Fall. Das war ja sowieso gang und gäbe in Deutschland, dass man mit Scheuklappen rumgelaufen ist. Rap musste erstmal kommen, damit die überhaupt einsehen, dass es so etwas wie Ghettos hier gibt. Überhaupt, das Wort wurde ja früher nicht erwähnt hier, mittlerweile wird es in Dokumentationen erwähnt, in Büchern, es ist mittlerweile ein ganz normales Wort. Klar, das Wort Ghetto existierte vorher schon, aber wir benutzten es ja als Slang-Ausdruck für eine sozial schwache Gegend. Viele Rapper kommen nicht aus solchen Bezirken, deshalb wirkt's dann unauthentisch, wenn sie Musik machen und sagen, sie repräsentierten das, aber gar nicht von da sind. Deshalb wirkt es dann, als ob es gar nicht so schlimm hier ist, und als ob die das alles nur aus Spaß machen. Dann heißt es halt, die haben zu viele Filme geguckt und so weiter. Aber ich versuch mit meiner Musik etwas Ernsthaftigkeit da reinzubringen, dass die Leute uns das abnehmen, was da passiert. Es wird geballert bei uns, es wird gestochen bei uns. Das gibt's nicht nur in Amerika. Es ist nicht so oft, aber es passiert.