F. R.

rap.de: Was kommt jetzt nach dem Album?

F.R: Erstmal die Tour, das ist ja ein riesiges Mammutprojekt, mindestens genau so ein Mammutprojekt wie das Album. Wir haben das Set-Up erweitert, haben jetzt Samir als Backgroundsänger dabei, haben auch einen Drummer, es ist eine riesengroße Aufgabe! Aber ich freu mich drauf! Ich bin extrem beflügelt gewesen von der letzten Tour, weil ich merkte: Geil, hunderte Leute kommen nur für mich – nicht für irgendwelche Leute, die nach oder vor mir auftreten.

rap.de: Was macht eine gute Live Show für dich denn aus?

F. R: Ich versuch immer einen guten Mittelweg zwischen Spontanität und Plan zu finden. Ich finde beide Extreme schlimm: Ich finde solche Robotershows schlimm, wo gar nicht mit dem Publikum geredet wird, aber andererseits auch Shows, die total verpeilt sind. So nach dem Motto: „Ja DJ, ich sag dir gleich mal den Beat, den du anmachen sollst.“

rap.de: Ich erinnere mich an einen Auftritt von dir in Bielefeld, wo du mit einem exklusiven Intro begonnen hast. Ist Freestylen dir immer noch wichtig?

F. R: Find ich überhaupt nicht wichtig. Aber es ist lustig, und wenn man unterwegs ist mit Leuten die so ein bisschen freestylen können, dann kann das schon lustig sein und die ein oder andere Autofahrt kürzer machen. Ist aber keine Fähigkeit, die jeder Rapper beherrschen sollte. Spontanität als solche ist aber schon sehr wichtig.

rap.de: Die zweite Hälfte deines neuen Albums ist ja sehr viel persönlicher als die Erste. Ist es dir überhaupt noch wichtig, klassische Representer zu machen?

F. R: Also von Battle- und Representertracks hab ich mich eigentlich komplett verabschiedet. Für mich hat jeder Song einen Hintergrund und generell ist meine Musik immer sehr persönlich. Nur in manchen Songs rappe ich autobiographisch, in manchen verpacke ich meine Gedanken eben anders. Gerade "Gegenverkehr“ ist für mich ziemlich wichtig: Es ging mir darum zu sagen, dass man Widerstand feiern sollte, anstatt rumzuheulen, wenn einem Steine in den Weg gelegt werden: Es wäre extrem langweilig, wenn es nicht so wäre und man komplett glatt durch das Leben flutschen würde. Man zieht ja auch sehr viel daraus, als wenn man einfach glatt durch's Leben stolziert. ich denke, wenn man schwere Zeiten bewältigt, seien sie noch so klein oder groß, es ist wichtig diese Erfahrung zu machen.

rap.de: Was waren denn die Gegenwinde, die dir Kraft gegeben haben?

F. R: Gerade als Musiker ist man ja immer Kritik ausgesetzt. Ich bin auch ein eher pessimistischer Mensch, ein zweifelnder Mensch, der, wenn ein Problem bewältigt ist, gleich wieder das nächste sieht und daran arbeitet so. Deswegen ist bei mir oft der Kampf mit mir selbst so ein Gegenwind. Selber versuchen, zufrieden zu sein und manchmal auch mehr zu genießen. Und nicht positive Erlebnisse so rasch abzutun. Ich sag ja auch auf dem Album: "Statt den Moment zu genießen muss gefilmt werden" Das ist ja so ein Phänomen bei Konzerten, dass die Leute sich nicht mehr das Konzert angucken, sondern primär filmen und fotografieren. Ich mache auch im Urlaub sau wenig Fotos. Es gibt ja Leute, die da wirklich von Standort zu Standort zu fahren, nur um des Fotos und der Erinnerung willen.

rap.de: Deutscher Rap verändert sich gerade wieder. Gefällt dir die Entwicklung?

F. R: Ich feiere generell die montane Entwicklung der Außendarstellung. Jetzt bekommen viele Künstler wie Casper oder Marteria viel mehr Aufmerksamkeit. Und das find ich extrem geil, weil jetzt wieder dieses Gleichgewicht herrscht, das ich mit “Rap braucht Abitur“ gefordert habe.

rap.de: Noch nie sind so viele deutsche Rapalben gechartet. Rechnest du dir da auch Chancen aus?

F. R: Ich denke nicht in Chartpositionen. Das kommt ja immer auf Woche an und ist somit auch eine Glückssache. Ich war zwischenzeitlich in den allgemeinen Musikcharts bei Amazon auf #2 hochgeschossen. Naja, und zwei Tage später war dann Amy Winehouse tot. Da hab ich mir auch überlegt: Ey, vielleicht sollte man mal einfach sterben (lacht).

rap.de: Feierst du denn auch Straßenrap?

F. R.: Das rotiert nicht auf meinem iPod. Es ist aber nicht so, wie man es vielleicht von mir denken würde, dass ich es scheiße finde. Das “Game Over“ Album von Azad hab ich gepumpt. Es ist auf jeden Fall wichtig, dass so etwas bleibt, auch wenn jetzt andere Subgenres erfolgreicher sind. Von der Bildschwäche verschwinden wird es auch nie. Es entsteht ja aus einem natürlichen Impuls heraus.
Ich hab ja damals auch viele Songs gemacht die einfach nur so ein Technikgeballer waren. Und dadurch, dass jetzt jeder eine vernünftige Technik zu beherrschen scheint, ist es jetzt auch nicht mehr mein Hauptding. Ich find's eher langweilig wenn Leute auf Albumlänge Technik um der Technik willen zeigen. Das ist ja auch in der Literatur so, dass Stilmittel eigentlich dazu dienen sollten, um Inhalt zu transportieren. Und das ist bei mir auch so: Dass ich meine Technik benutzen will, um das, was ich sagen will oder die Emotion, die ich ausdrücken will, zu unterstreichen. Und nicht um zu zeigen, was für eine krasse Technik. Das ist der nächste Schritt, das zu verbinden.

rap.de: Dabei hat der technische Rap dich doch lange ausgemacht.

F. R.: Naja, es ist ja jetzt nicht so, dass ich schlechter rappen würde. Ich rappe sogar besser. Aber ich mach jetzt nicht mehr so viele Songs, bei denen es nur darum geht. Trotzdem hab ich ja noch extrem viele Variationen drin, das könnt ich auch gar nicht rauskriegen. Aber ich mach halt keine Songs über Technik.

rap.de: Dazu kommt wohl, dass man mit zunehmendem Alter auch einfach mehr zu erzählen hat.

F. R.: Ja, daran mag's vielleicht auch liegen. Naja, und die Leute auf den Konzerten kriegen ja trotzdem noch die volle Bandbreite, da spiel ich natürlich auch "Diplom Ingenieur". Von daher: Nicht dramatisch.