Ruhe in Frieden, Galla

Die Nachricht kam völlig überraschend: Gestern ist, im Alter von erst 38 Jahren, Heinz Michael Galla verstorben. Zuerst wollte ich es, wie viele andere, gar nicht glauben. Ausgerechnet Galla, der leidenschaftliche, tiefsinnige, sprachverliebte Rapper? Der ehrliche, straighte, bescheidene und freundliche Mensch? Das konnte, das durfte nicht wahr sein! Leider ist es aber doch wahr, wie sich mittlerweile herausgestellt hat.

Ich kannte Galla ganz gut. Wir waren keine engen Freunde, aber man ist sich in Kreuzberg oft über den Weg gelaufen. Als er seinen Laden „Hoodlum Store“ am Schlesischen Tor hatte, war ich etwa einmal die Woche dort, nicht nur, um Klamotten zu kaufen, sondern auch, um mit Galla, seiner damaligen Freundin und den vielen Besuchern, die dort abhingen, zu reden, zu lachen, Kaffee zu trinken, zu streiten oder Musik zu hören. Sein Laden war eigentlich wie Galla selbst: Klein, fein, warmherzig, offen für jeden und großzügig.

Für sein Soloalbum „Swing Kids“ habe ich den Pressetext geschrieben, aus dem ich hier einen Auszug über Gallas persönliche wie künstlerische Entwicklung zitieren möchte:

Galla wächst in Bochum- Wattenscheid auf. Mit 13 hört er Punkrock und fährt Skateboard. Irgendwann werden aus Gallas Vans die ersten Adidas, aus den Sex Pistols Public Enemy. Ähnlich wie Punk vermittelt die HipHop-Kultur Galla das Gefühl, zu einer bestimmten Sache zu gehören, in die es sich lohnt, Liebe zu stecken. Zu dieser Zeit ist das Lebensgefühl von HipHop Rebellion.

Wir waren etwas Einzigartiges“, erinnert sich Galla. Als Galla 16 ist, gibt es einen Bruch in seinem Leben: tragische Erlebnisse ereignen sich in seiner Familie. Galla wohnt mal da, mal dort, probiert, sein Leben in den Griff zu kriegen. Sein Leben ist ein ziemliches Chaos, bis er schließlich auf Pahel stößt. Die beiden beginnen, zusammen Musik zu machen, zuerst zu zweit als Filo Joes, später mit Aphroe und Mr. Wiz als RAG. Der Rest ist Geschichte, die beiden Alben „Unter Tage“ (1998) und „P.O.T.T.ential“ (2001) sind Klassiker.

Galla aber ist mit dieser gesättigten Situation unzufrieden. Spätestens auf der „P.O.T.T.ential“-Tour merkt er, daß das Ruhrgebiet in nicht mehr glücklich macht. Glücklicherweise führt ihn die Tour auch nach Berlin. Ziemlich schnell ist Galla klar, daß hier, in dieser hektischen Stadt voller Veränderungen und Möglichkeiten, seine neue Herausforderung liegen könnte. Gesagt, getan, Galla packt seine Koffer und zieht nach Berlin-Kreuzberg.

Später haben wir uns aus den Augen verloren. Galla musste seinen Laden schließen, auch, weil wir, seine Besucher, mehr zum Quatschen als zum Kaufen kamen. Danach haben wir uns nur noch selten gesehen, hier und da zufällig getroffen, ein paar Worte gewechselt. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen hart arbeitenden, tapferen Mann, dem nie irgendetwas geschenkt wurde und der immer zu seinen Idealen und HipHop-Werten stand.

Rap ist kein Beruf, Rap ist Berufung.“ (Galla)

Alles Gute, Galla, wo immer du jetzt bist.