Bushido

rap.de:  Warum hast Du das nicht schon viel früher gemacht? Die Möglichkeit dazu hätte es doch bestimmt gegeben.

Bushido: Ganz ehrlich, ich glaube, ich hatte einfach nie den Fokus, mal Sachen wirklich bewusst zu machen. Es war einfach immer nur ins Studio gehen, ratatatat, irgendwann abmischen, abgeben, fertig. Rauskommen, Platz 1, Platz 2, wie auch immer. Das war einfach irgendwann so ein Automatismus.
Diesmal habe ich richtig Zeit investiert, um mit den Amis ins Studio zu gehen. Ne richtige Studio-Session hatte ich nur mit Swizz und Premo. Die Heatmakerz haben mir zwar angeboten, das auch gleich aufzunehmen, aber ich wollte lieber hier mit Vincent aufnehmen, weil der kennt mich und der redet deutsch. Mit Premo war das nämlich auch ziemlich anstrengend. Der hat mich ja auch aufgenommen und meinte dann so zu mir, der und der Take war aber besser. Ich dachte mir nur, warum diskutierst Du mit mir, welcher Take jetzt besser war, Du verstehst doch eh nix! Aber er hat auf jeden Fall einen sehr motivierten Eindruck gemacht. Die haben sich auch vorher informiert.  Als ich zum Beispiel ins Swizz-Studio kam, haben die das BMW-Video auf 'nem Riesen-Monitor laufen lassen, der Sound war voll aufgedreht und der Engineer hat mich dann auch gleich gefragt, wo Fler ist.
 

rap.de: Wie fandest Du diesen HipHop-Flavor in New York?

Bushido: In New York gibt es eigentlich keinen HipHop-Flavor – weil da ist ALLES HipHop, Alter! Egal, in welchen Laden Du gehst, egal, welchen Jugendlichen Du auf der Straße siehst! Einfach alles! Auch die Läden: Du gehst einkaufen und überall läuft die ganze Zeit Nicki Minaj, Lil Wayne, Jay-Z… als wir nach New York geflogen sind, sind wir auf dem Flughafen Newark gelandet und die haben uns in so einem schwarzen SUV abgeholt, mit dem wir dann von Newark nach New York gefahren sind. Da fährst Du über so eine riesige Brücke, und auf einmal siehst Du die Skyline von New York und die drehen plötzlich voll Jay-Z mit diesem "Welcome To New York City" auf. (Gelächter) Das war so richtig Klischee, aber es hat funktioniert. Ich kuck Kay an, der hat solche Augen, ich auch solche Augen, voll die Gänsehaut – "Welcome To New York City" (singt)… und dann fährst Du so rein, bam, überall New York… Alles muss groß sein in Amerika. It's gotta be big! Die Limousine ist dann auch kugelsicher und so.
Die sind aber auch cool, Alter! Was mich krass gewundert hat, war, dass die Leute in Amerika so viele Props geben. Wir wollten Cosimo verarschen, als wir bei Gaby's am Broadway einkaufen waren. Da gab es so orangefarbene Adidas-Schuhe mit Flammen hinten dran. Das haben wir dann so aus Spaß gesehen und ihm gesagt: Wenn Du den Schuh anziehst, kaufen wir ihn Dir. Er so: Okay, mach ich. Dann ist der mit den Schuhen der übelste Star geworden, dieser Wichser. Er geht aus dem Einkaufszentrum raus und alle Leute so: Wooooow! Da sind Verkäufer aus ihren Läden rausgerannt, um mit ihm Fotos zu machen! Und wir stehen alle so daneben und denken uns nur so: Scheiße Alter, das ist irgendwie nach hinten losgegangen (Gelächter).
Was ich Dir damit sagen will: Wenn Du irgendwas Cooles hattest, was den anderen gefallen hat, dann fanden das alle immer gleich total krass. Hier gilt man gleich als Arschloch, wenn man was Cooles trägt, das nicht jeder hat. Da mussten wir uns in New York erstmal dran gewöhnen. Aber das war auf jeden Fall eine sehr coole, positive Erfahrung.
 

rap.de: Könntest Du Dir vorstellen, jemals nach Amerika zu ziehen?

Bushido: Niemals, im Leben nicht. Das ist cool, aber ich war immer froh, wenn ich auf den Kalender geguckt und gewusst habe: An diesem Tag flieg ich wieder zurück.
New York war irgendwann auch richtig stressig. Nach einer Woche brauchst Du erstmal 'ne Therapie. Es war cool, aber dort leben kann ich generell nicht. Das wusste ich aber schon 2008, da war ich das erste Mal in Amerika, in Miami.
Ich hab auch mit Sido drüber geredet, und er meinte so: Es wird Dir gefallen, aber irgendwann musst Du da raus, weil Du nur noch nach oben kuckst wie alle Touristen und Dir irgendwann der Nacken krass weh tun wird. Ich dachte mir nur: Was will denn der von mir. Aber in New York stand ich dann auch so da und schreib ihm dann sofort: Ey Siggi, Du hast Recht, mir tut der Nacken weh (lacht).
Ich finde aber auch schön, wie sehr man da Sachen feiert. In New York hörst Du die ganze Zeit HipHop. Die hören das nicht leise als .mp3 auf ihrem Handy wie die Kanaken bei uns. Die tanzen auf der Straße zu Nicki Minaj! Das fand ich so cool, wie sehr sie ihre eigenen Leute supporten. Auf der anderen Seite ist es aber auch richtig traurig, weil ich dann an uns gedacht habe und mir klar geworden ist, was wir hier eigentlich für eine Wüste haben. New York ist schon krass, aber ich kann's auch nur in Maßen genießen. Ich glaube, das ist ein bisschen wie Koksen. Ist geil, aber irgendwann muss auch mal Schluss sein.