Die Skyline hat er längst erreicht, der Bordstein ist so weit weg, dass er ihn vermutlich nicht mal mehr mit dem Fernglas sehen kann. Ans Aufhören aber denkt Bushido offenbar noch lange nicht. Weder ein Bandscheibenvorfall im Herbst noch ein Schwächeanfall bei einem Auftritt in Stuttgart können ihn aufhalten. "Jenseits Von Gut und Böse", Soloalbum Nummer 10, steht kurz bevor. Und dieses Mal hat sich der meistgeliebte, meistgehasste Rapper Deutschlands etwas ganz besonderes einfallen lassen, was viele seiner hartnäckigen Hater besonders ärgern dürfte: Er ist einfach mal nach New York geflogen und hat dort Songs mit Producer-Pionieren wie DJ Premier und Swizz Beatz aufgenommen. Dazu hat er sich gleich noch ein Booba-Feature rausgelassen und sich damit einen seit längerem gehegten Traum erfüllt. Und er hat, wofür jeder Fan deutschsprachiger Soulmusik dankbar sein muss, Goldkehlchen J-Luv wieder ausgegraben, den er auf gleich drei Songs featured, darunter die erste Single "Vergiss Mich". Wir haben den EGJ-Boss bei den Dreharbeiten für das Video von ebenjener Single getroffen und mit ihm über seine Reise nach Amerika, seine Frustration als Labelboss und seine neugewonnene Leichtigkeit gesprochen.
rap.de: Warst Du da müde? War das eher so: Ich muss es jetzt machen?
Bushido: Nicht "Ich muss es machen", denn ich mache es ja gerne. Obwohl ich natürlich schon manchmal Musik machen muss, denn es ist ja mein täglich Brot. Aber es war schon eine komische Zeit, in der ich viel abgelenkt war. Es war nicht meine Lieblingszeit.
rap.de: Wegen des Films?
Bushido: Ja. Du musst mit Leuten reden, mit denen Du a) noch nie gearbeitet hast und die b) aus einem ganz anderen Genre kommen. Ich bin ja eigentlich auch kein Schauspieler. Das Filmbusiness ist ganz anders als das Musikgeschäft. Sich da immer so auf einen gemeinsamen Nenner kämpfen zu müssen, war extrem anstrengend. Das einzig Gute an der Sache war Bernd Eichinger, ihn als Person und Menschen kennen zu lernen, war sehr interessant. Der hat auch immer alles nach meinen Vorstellungen durchgeboxt. Bei allem, was ich angemerkt habe, meinte er, ja, das machen wir so. Aber der ganze Apparat drumherum war halt sehr anstrengend.
Bei der Produktion zu diesem Album war einfach folgendes anders: Als ich den Bandscheibenvorfall hatte und im Krankenhaus lag, war ich völlig ausgeknockt. Ich durfte nicht Auto fahren oder fliegen. Deswegen war ich bettlägrig. Ich wusste also, dass sich die Tour in den April verschiebt und ich zur Tour gerne ein Album herausbringen will.
Dann bin ich zwei Wochen lang nach Amerika, hab das da alles eingetütet, hab teilweise auch dort aufgenommen. Und dabei habe ich gemerkt, dass ich wieder HipHop-Fan war. Ich war in den D&D-Studios. Da hängt immer noch alles rum, was da jemals produziert wurde, und dann kommt halt Premo rein, der Riesenfettsack, ich so: Boah, voll krass. Ich hatte alle Vinyls, die ganzen Gang-Starr-Platten, "Mass Appeal" und wie sie alle heißen. Und dann stehste da, der Typ gibt Dir die Hand und Du denkst, krass Mann, vor zwanzig Jahren hab ich Dich schon gehört und bin richtig als Fan damit auf dem Walkman herumgelaufen.
Premo ist voll Old-School-mäßig an die Sache herangegangen. Der hat gar keine Beats gehabt. Gar nichts. Der meinte dann nur, wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich jetzt mal kurz was machen.