Morlockk Dilemma

rap.de: Hast Du auch schonmal drüber nachgedacht, etwas in die Richtung Literatur oder gar Film zu machen?

Morlockk Dilemma: Ja, natürlich. Ich hab jetzt nicht dagesessen und mir gedacht: "So, ich werd jetzt Lyriker". Da bin ich ja überhaupt nicht drin, weiß nicht was angesagt ist oder wie moderne Lyrik zu klingen hat.
Eigentlich hab ich das aber nie so ins Auge gefasst. Gerade beim Filmbeispiel ist es auch ein ganz anderer Aufwand, den man da hat. Mich würde es schon reizen, einen Kurzfilm zu machen und ich hab auch schon so Dokumentarsachen gemacht. Was ich momentan mache, kann ich quasi als One-Man-Ding abziehen. Ich brauch dafür niemanden. Wenn ich einen Film drehen würde, wäre es ein ganz anderer Aufwand, den ich mir so, wie ich jetzt das Rap-Ding durchziehe und den "Hustle des Lebens" bewältige, nicht vorstellen kann.
Film und so reizt mich zwar trotzdem… mal kucken, man ist ja noch nicht so alt.

rap.de: Hat Dir Dein Journalistik-Studium beim Texteschreiben geholfen?

Morlockk Dilemma: Ne, das Studium hat nix an der Schreibe geändert. Man kann Leuten ja auch nicht beibringen, wie man schreibt. Du kannst nur üben und kannst nur durch Übung herausfinden, was gut klingt.
Das einzige, was mir da wirklich geholfen hat, war so ein Wochenendseminar zu "Schön schreiben" mit Stilfiguren, Rhetorik und bla, aber das merkt sich ja kein normaler Mensch. 

rap.de: Befasst Du Dich denn mit Poesie oder Lyrik?

Morlockk Dilemma: Eigentlich auch nicht wirklich. Ich feier extrem Gottfried Benn, expressionistische Sachen find ich ganz interessant. Die Emotionalität der Menschen damals seh ich ein bisschen parallel zu heute, zumindest von dieser Einstellung her: "Es wird jetzt irgendwas Grausames passieren".
Es ist natürlich immer gefährlich, so allgemein zu sprechen. Ich denke, dass momentan eine gewisse Art von "Verwirrtheit" da ist. Also ich glaube, keine Generation hing so in der Luft wie die jetzige. Natürlich gehen die damit auch locker um. Es gibt ja beispielsweise so Langzeitpraktikanten. Wenn du davon jemandem erzählst, der vor 30 Jahren im Arbeitsleben stand, dass man sich heutzutage auf Praktika bewirbt, also quasi auf kostenloses Arbeiten, dann ist das schon so eine Sache, die ältere Leute nicht nachvollziehen können und das auch zu Recht.
Die Frage, wohin das führt, kann keiner so genau beantworten. Das ist so eine Parallele zur Nachkriegsgesellschaft. Der weltweite Schock steckte den Leuten in den Gliedern und alle sagten "Okay, wir machen weiter, es muss ja weitergehen", aber niemand wusste so richtig, was jetzt als Nächstes kommt.
Ich bin ein Achtziger-Kind, ich kenne noch Telefone mit Wählscheibe oder einen Haushalt ohne Telefon. Und innerhalb einer Generation verändert sich die Welt komplett und es findet ein zweites Leben im Computer statt.
Ich steh dem ganzen Internet-Ding nicht ganz so offen gegenüber. Das ist so ein Informationsfluss, damit muss man erstmal umgehen können. 

rap.de: Stichwort "medialer Informationsüberfluss": In "Die Röhre" beschreibst Du, wie du auf der Couch sitzst und seelenruhig dem Elend zusiehst, das im Fernsehen läuft. Berührt Dich so etwas im echten Leben?

Morlockk Dilemma: Was heißt "dem Elend zusehen"? Ich würd mal so sagen: Morlockk ist ja auch eine Überspitzung meiner selbst und auch ich als normaler Bundesbürger sitze vorm Fernseher und nehme mir einfach die Heuchelei zu sagen, dass mich das alles ziemlich betroffen macht. So tickt jeder. Du kannst auch nicht jede Information so werten, wie es sich eigentlich gehört.
Jetzt ist momentan Japan im Fokus, und das ist natürlich auch eine Riesenkatastrophe, aber man wird ganz schnell mitbekommen, dass das Thema, das da grade medial durchgepeitscht wird, an Mitgefühl nachlassen wird. Früher oder später wird Japan wieder ausgeblendet werden.
Das muss man auch gar nicht so abschätzig sehen. Man versucht's halt zu verdrängen. Was kann ich denn vor meinem Fernseher tun, wenn irgendwo Bürgerkrieg ist oder Menschen sterben oder eine Flut das Land zerstört? Gut, man kann spenden, aber ich stehe dem Spenden kritisch gegenüber.