Morlockk Dilemma

rap.de: Woran liegt das eigentlich, dass Du Dich auf so andere Themen fokussierst als ein Großteil des restlichen Rapdeutschlands? Du bist ja schon jemand, der den Anspruch hat, interessante Geschichten zu erzählen und einzigartige Themen anzusprechen. 

Morlockk Dilemma: Naja, "interessant", "einzigartig", das ist dann das, was der Mensch sagt, der es hört. Letztenendes sind es, wenn ich die Grundidee von einem Song hab, einfach nur plumpe Gags. Man läuft irgendwo lang und sieht, wie die Tauben gurren und durch die Innenstadt laufen und flattern, dann denkt man sich: Lass da doch mal eine Geschichte draus machen! Und dann entstehen halt so Songs.
Von der Idee bis zur Umsetzung passiert natürlich viel, aber größtenteils ist es einfach ein Brainstorming-Ding.
Es gibt Sachen, die drauf sein müssen, auch wenn's ausgetretene Pfade sind. Das ist zum einen so ein Liebeslied, der große, bittersüße Weltschmerz. Das hab ich auf fast allen Soloalben angerissen.
Ich setz mich da also nicht hin und frag mich: "Worüber hat jemand noch nie geredet?", denn dafür fehlt mir dann auch die Kenntnis. Da müsste ich ja alle Lieder kennen.

rap.de: Du hast in einem Interview mit der JUICE gesagt, dass es Dir auf dem Album um die Suche nach großen Dingen geht. Was für große Dinge meinst du denn?

Morlockk Dilemma: Naja, das ist ein bisschen missverständlich ausgedrückt. Der Titel gibt ja schon die Marschrichtung vor, bei "Circus Maximus" denkt man ja an ein riesiges Kolosseum, an Brot und Spiele. Und ich hab mir gedacht "Was beschäftigt mich?"
Ich glaube, in dem Moment, wo ich dann beispielsweise durch die Innenstadt laufe und ich hab so Situationen wie mit der Taube, dann ist das ein Moment meines Lebens, der vielleicht nicht so besonders ist, weil's halt was Alltägliches ist, aber wenn man sich den aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, könnte es was Großartiges darstellen. Du kannst auch aus einem kleinen Thema etwas Großes machen.
Die Suche nach großen Themen ist die Suche, die ich auf dem Album vollzogen hab. Ob das so rüberkommt und die Leute das als großes Thema aufnehmen, wenn ich über einen Galgenberg schreibe, das ist wieder eine andere Sache. Aber die Suche in der Lethargie des Alltags war das, was ich als roten Faden für mich festgelegt hab, bei diesem Album.
Zum Beispiel spielt Liebe in jedem Menschenleben eine große Rolle. Kann toll sein, kann schmerzhaft sein. Oder die Ankunft des Messias. Ich glaube, dass es, wenn man sich das jetzt mal real vorstellt, keinen Moment gibt, der größer sein könnte, als wenn der Erlöser kommt, der uns von was auch immer erlöst.

rap.de: Wie würdest Du eigentlich Deine eigene Entwicklung beschreiben, oder die von der Kunstfigur Morlockk Dilemma bis heute?

Morlockk Dilemma: Das ist schwierig, sich selbst von außen zu betrachten. Ich bin ja auch keiner, der sich sagt: So, ich muss mich jetzt neu erfinden. Ich kann von mir aus dasselbe Thema immer und immer wieder besprechen, das ist für mich so lange nicht langweilig, wie ich immer wieder eine neue Perspektive auf das Thema bekomme.
Bei den alten Alben ist wohl der größte Unterschied, dass ich einfach jünger war und anders geschrieben hab, auch stilistisch. Technisch ist das nun mal jetzt der State of the Art, den ich repräsentiere.
Entwicklungsmäßig sind es einfach Erkenntnisse und Bilder. Man versucht Dinge mit neuen Bildern zu beschreiben, man versucht neue Thematiken zu finden. Sowas wie "Galgenberg" hatte ich vorher noch nicht besprochen. Man hat halt immer neue Einfälle. Das Rad wird aber nicht neu erfunden und das ist auch nicht der Anspruch.
Ich versuche, einen gewissen Kosmos aufzubauen, der 'nen gewissen Trademark hat. Einfach dass man weiß: Ah, das ist ein Morlockk-Dilemma-Song. Das ist das, worauf ich auch Wert lege, das ist nichts, wozu ich mich zwingen muss, das geschieht einfach.
Wenn der Typ sich die CD kauft, der im besten Fall schon weiß, auf was er sich da einlässt, ist es mir wichtig, dass er sich in so einen weichen, weichen Sessel fallen kann und er weiß, was passiert. Aber er weiß auch, dass er trotzdem überrascht wird mit dem, was vor seinem geistigen Auge passiert.

rap.de: Passieren diese stilistischen Veränderungen bewusst?

Morlockk Dilemma: Es hat sich einfach weiterentwickelt, ich kann mich auch ehrlich gesagt nicht mehr so gut erinnern, wie ich das früher gemacht habe. Ich lege jetzt viel mehr Wert auf die Ästhetik der Wörter, das ist auf jeden Fall eine Sache, an der ich viel mehr rumschraube als noch vor drei Jahren.
Früher hab ich eher Punchline-orientiert geschrieben, dass ich auch abseits von Battle-Themen versucht habe, ständig eine Pointe zu bringen, ständig flache Gags und so. Jetzt wird das eben kombiniert mit der Ästhetik der Sprache und das ist auch eine Sache, die mit dem Alter kommt, dass man dann einfach den Anspruch hat, dass wenn es einer abschreiben würde, es sich dennoch gut liest.