Kitty Kat

rap.de: Also willst Du wirklich eine Art große Schwester sein?

Kitty Kat: Ja, das war ich schon immer. Ich war in der Grundschule schon die, an die sich alle rangehangen haben. Ich weiß nicht, was ich da ausstrahle. Ich bin froh, wenn ich für irgendjemanden Stärke ausstrahlen kann.
Was hast du denn als Mädchen? Wenn du keine Brüder oder Schwestern hast, wenn du von den Jungs verarscht wirst. Was meinste, was ich wegen meinen HipHop-Klamotten verarscht wurde? Da war eine Gruppe von Jungs, an denen musste ich jeden Tag vorbei und mich auslachen lassen. Aber ich hab die Sachen trotzdem angezogen. 

rap.de: Und für wen ist dieses Album gemacht?

Kitty Kat: Für alle Jungs, die mal kurz abchecken wollen, was bei den Mädchen abgeht, die mal kurz in ein Mädchenzimmer reinkucken wollen. Und für die Mädels gibt's halt viel Partymucke, wie zum Beispiel "Mörderpuppe", dass da Mädchen vorm Spiegel stehen und sich sexy fühlen. Hauptsächlich ist das Album für mich und meine Miezen. 

rap.de: Du hast einen Track gemacht für das Kind, das Du mit 17 abgetrieben hast. Hattest Du Bedenken, so ein Lied wie "Verzeih Mir" zu machen?

Kitty Kat: Nein. Dafür hab ich genug Selbstbewusstsein, um so was einfach zu machen. Das ist meine Geschichte. Das möchte ich machen, und ich möchte auch den Leuten mitteilen, wie hart das ist und wie sehr das einen mitnimmt. 15-jährige Mädchen, die gerade schwanger sind und nicht wissen, ob sie abtreiben sollen oder nicht – die hören auf meinem Track, wie sehr mich das belastet. Das gab's halt einfach auch noch nicht. Noch keine Frau hat über eine Abtreibung erzählt, zumindest nicht in Deutschland. 

rap.de: Wenn Du sagst, Du hast diesen Song für 15-jährige Mädchen gemacht, die in einer ähnlichen Situation sind – heißt das, Du willst sie damit auch beeinflussen? 

Kitty Kat: Nein, das halte ich offen. Da gibt's kein Resultat, und ich will auch kein Lehrer sein. Ich teile denen einfach nur mit, wie ich mich fühle. Ich kann bis heute nicht sagen, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hab. Das werde ich bis zu meinem Lebensende nicht wissen, aber ich bitte um Verzeihung. Das ist die Hauptaussage von diesem Lied. Und das soll den Mädchen zeigen, wie sehr man darunter leidet und wie sehr einen das trotzdem über die Jahre hinweg mitnimmt. 

rap.de: Hast Du irgendwas mit feministischen Positionen am Hut? 

Kitty Kat: Wenn ich so eine Alice Schwarzer sehe, verdreh ich selber die Augen. Ich will einfach nur den Mädels Kraft geben und keine Emanze sein, so von wegen: "Macht die Jungs fertig, die Jungs sind Spasten und wir wollen auch Chefpositionen".
Katja Kuhl dreht zum Beispiel mein Video, ich bin die Rapperin. Das sind schon zwei Frauen, die ihr Ding machen. Da gibts nichts zum Durchsetzen. Ich weiß auch, wie wir Frauen ticken, wir sind auch nicht für alles gemacht. Wir sind total sensibel, einmal im Monat haben wir 'nen Ausraster. Ich will auch nicht, dass die Frauen jetzt krasser werden als die Männer.
Ich bin so eine Frau, ich würde meinem Typen irgendwas zuschieben, damit er denkt, dass er krasser ist, bevor ich krasser bin. Also ich will schon, dass der Typ über allem steht, aber Frauen sollen halt einfach ihr Ding machen können. Ich will gar nicht so sehr auf diesem Frauending rumreiten. Die Jungs machen Jungs-HipHop und ich bin eine Frau, also mach ich Frauen-HipHop und Jungs können auch gerne mal reinhören, wenn sie wollen.

rap.de: In dem Song für die Kinder sagst Du: "Ballt die Faust", was sehr kämpferisch klingt. Dann sagst Du: "Haltet durch, wir sind bald da". Wo sind wir denn da, wenn wir da sind?

Kitty Kat: Du musst dir vorstellen, ich zähl mich auch zu den "Kindern dieser Welt" und ich bin bald da. Ich bin an dem Punkt angekommen, wo ich Kraft habe, genug Selbstbewusstsein und Erfahrung gesammelt habe. Und das Lied soll einfach Hoffnung geben, auch wenn jeder Mensch weiß, dass wir nirgendwo irgendwann sein werden. Das ist einfach nur dieser Hoffnungsgedanke, dass, auch wenn ein Kind weiß, dass es irgendwas nicht überleben wird, dieses Kind immer noch Hoffnung hat. Eigentlich ist es schon traurig, weil es so unrealistisch ist.
Das ist halt einfach auch ein bisschen fiktiv, aber auf der anderen Seite auch nicht, weil wenn wir uns alle an den Händen fassen würden, dann könnte man den Kindern auch helfen.
Ich fahr im Auto durch Berlin und hör, wie irgendwelche Kinder verhungern, da wünsch ich mir halt schon gerne, dass es irgendwann ein Gesetz gibt, dass Eltern alle drei Monate irgendwo vorsprechen müssen und das kontrolliert wird, ob es genug zu essen und zu trinken gibt.
Ich hör im Radio, wie ein Kind im Park in einem Koffer verbrannt wird, lebendig. Ich bin ein sensibler Mensch, ich muss da fast an den Straßenrand fahren, weil ich anfange zu weinen, weil ich mir das so schlimm vorstelle. Das ist auch eine Facette von mir. Ich hab voll viel Herz und das zeig ich halt auch – zwar nicht so viel, weil es gleich als corny ausgelegt wird, aber es ist halt trotzdem eine Seite an mir – und ich bin selbstbewusst genug, die nicht zu verstecken.