Laas Unltd.

rap.de: In wie weit beeinflusst Dein Job Deinen Rap. Oder inwiefern lässt Rap Dich Deinen Job aushalten?

Laas: Also es ist schon ein krasser Zwiespalt. Es ist teilweise auch schwer. Ich laufe da teilweise durch die Gänge und erledige da behinderte Alltagssachen wie Tisch decken, das total langweilig und öde ist. In deinem Hinterkopf hast du gleichzeitig irgendwelche Textpassagen, oder es kommt ein Anruf von Olli Banjo, der dir erzählt: “Wir können auf Tour gehen…“ und du denkst dir: “Ich decke hier den Tisch, ich muss sofort nach Hause, endlich Songs schreiben.“ Das nervt mich extrem.

Dann noch Songs einzurappen ist krass schwer. Weil wenn du den ganzen Tag vor 20 Kindern stehst und dich da durchsetzet musst, ist das einfach eine gewisse Lautstärke und wenn du dann Abends nach hause gehst und schon wieder so ein Kratzen im Hals hast, denn willst du eigentlich nur noch chillen. Eigentlich würdest du auch nur noch chillen, wenn du nicht den Traum hättest. So quälst du dich dann noch ins Studio, um aufzunehmen.

Du geht’s ja in so einem Job auch Beziehungen mit den Kids ein. Dann hüpfe ich zwar morgens da rein, bin aber im Kopf teilweise schon soweit, dass ich denke: “Okay, was hast du heute Nachmittag noch so für Interviews?“ Aber die Kids bringen mir ein unglaubliches vertrauen entgegen, so dass ich manchmal denke: “Ohh fuck, damit kannst du nicht so fahrlässig umgehen“. Das ist auch das, was deinen Kopf dann tatsächlich fickt. Wenn man die jeden Tag sieht, die kann man dann auch nicht einfach enttäuschen.
Ich werd mir, wenn ich mehr mit Rap zu tun habe, auch gründlich überlegen, ob ich das mit den Kids noch weiter mache, weil es einfach eine zu große Verantwortung ist.

rap.de: Da Du ja aus der Praxis kommst und die Bildungs-, und Integrationsdebatte auf vollen Touren läuft – Fünf Dinge, die man am deutschen Bildungssystem ändern sollte?

Laas: Ich würde die ganzen Schulen einreißen und komplett das ganze Ding neu machen. Für mich müssten das erst mal junge Lehrer sein, die wissen, was bei den Jugendlichen passiert. Am besten gleich Hip Hop Stars wie ich. (lacht)

Die müssten da stehen, weil die noch von den Kiddies respektiert werden. Wenn das dann auch noch so verantwortungsbewusste Menschen sind wie ich, die wirklich von diesen Beziehungen wissen und wenn die wirklich gut damit umgehen, dann kann so was auch funktionieren. Niemand von den Schülern würde irgendwas machen für nen Lehrer, bei dem  man das Gefühl hat, der ist ein Wichser, der will mich erpressen. Aber, wenn die das Gefühl haben, der ist auf jeden Fall ein richtig guter Typ, der hat auch schon mal was für mich getan, dann funktioniert das auch.

Dann das Thema Sitzenbleiben. Ich wäre fast zweimal sitzen geblieben wegen Chemie. Was ist das? Man wird komplett aus seinem sozialen Freundeskreis rausgerissen. Das sind alles Maßnahmen, die stehen in keinerlei Relation.

Dann müsste den Kids der Raum gegeben werden, dass sie diese Beziehungen eingehen können und dass sie die ganzen Sachen, die sie mitbringen auch einfach mal ausschütten können. Dafür ist überhaupt kein Platz. Es gibt immer nur Lehrplan, Lehrplan, Lehrplan und alles, was du halt mitbringst, muss erst mal draußen vor der Schultür bleiben aber das heißt, man braucht auch viel mehr Personal.

Das Personal muss auch viel besser bezahlt werden, damit das Ganze einfach angesehener ist in der Gesellschaft. Der Job, den diese Leute machen, ist für eine Gesellschaft der wichtigste Job überhaupt. Nicht die Leute, die in irgendwelchen Banken das Geld hin und herschieben. Das sind dann zwar die, die am Ende am besten dastehen und die Leute, die wirklich die Basisarbeit leisten, die nagen am Hungertuch und sind nach zehn Jahren ausgebrannt und können nicht mehr. Ich hab das in meinem Job mehrfach schon erlebt und gesehen.

rap.de: Hammer und Zirkel haben gesagt, sie würden jetzt gerne ein paar Jahre Rock’n’Roll machen, um dann gestärkt zurück zu kehren in den Erzieheralltag.

Laas: Bei mir ist dann aber eher der Traum: Rock’n’Roll und dann nie wieder. Vielleicht noch so Workshops machen, aber der Traum ist wirklich, Musik machen und versuchen, das so groß zu machen, wie es halt geht. So bekloppt, wie sich das anhört, wenn man die ganzen Voraussetzungen betrachtet. Man hört es ja jeden Tag. Jeden Tag kommen zu mir Leute und sagen, dass das nichts wird. Aber Du musst Dir vorstellen, dieser Traum ist bei mir seit 13 oder 14 Jahren in meinem Kopf verankert und geht nicht weg. Der geht einfach nicht weg und wird immer stärker. Also ich hab da wirklich die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben.

rap.de: Dann wünschen wir viel Glück und bedanken uns für das Gespräch.