Haftbefehl

Haft: Ja, das sind Parallelgesellschaften. Da siehst du Bänker, Junkies, Zombies. Da siehst du Crackzombies, die sind hektisch. Hero-Junkies gibt es auch am Bahnhof, die wollen ihre Ruhe haben. Aber die Crackies, wenn du an denen vorbei läufst, dann musst du immer gucken, was die machen. Da weiß man nie, was die vorhaben. Aber es gibt auch Bänker und ich sage ja in dem Lied: “Erste Richter kommen nach Feierabend für einen Fick her“, weißt du was ich meine? Frankfurt ist ne sehr komische Stadt.

Haft: Nee, gar nicht. Die haben doch Angst vor Kanaken. Die legen alle ihr Geld zusammen und schicken dann einen los über fünf Ecken.
Natürlich verkaufen Leute an Ärzte oder Richter, aber eher unbewusst. Die sagen ja nicht: “Ich bin Richter, ich brauche Koks“. Ist ja klar, dass man dann irgendwann sagen würde: “Ich ficke dich du Bastard“.
Ist ne miese Stadt, Alter. Du kannst in Deutschland keine Stadt mit Frankfurt vergleichen. Ich war vor vier, fünf Tagen mal in Hamburg. Ich war noch nie in Hamburg und wollte mal die Reeperbahn sehen. Ich geh Reeperbahn: Touristenattraktion, Kinderverarschung.
Da laufen ja Familien rum. Geh mal hier am Bahnhof um 12:00 Uhr Nachts entlang. Da siehst du keine Mutter vorbeilaufen, nur agbefuckte Leute. Diese Stadt ist einfach Vorhof der Hölle, wie es Azad sagt. Guck Dir mal ne Doku auf youtube an, die heißt BabylonTV. Dieser Typ erklärt dir den Frankfurter Bahnhofsbezirk, da ist Feierabend. Leider ist der Sound scheiße. “In Frankfurt lebt es sich schnell…“, so fängt es an.

rap.de: Du wirkst jetzt nicht so, als würdest du jeden Tag aufstehen und sofort ins Studio gehen. Wie läuft so eine Albumproduktion bei Dir ab, wie schreibst Du Deine Texte?

Haft: Meine Texte schreibe ich Nachts. So ab eins, zwei. Entweder kommt was, oder es kommt nicht. Wenn nichts kommt, höre ich sofort auf. Ich schreibe auf Beats. Einfach so schreiben und dann erst auf den Beat rappen ist scheiße, Alter. Du musst den Beat 100% fühlen, Taktgefühl. Auch die Drums und die Melodie. Ich bin  ein richtiger Taktfanatiker.

rap.de: Jetzt hast Du auf Deinem Album deutsche Rapper drauf, die ja immer mit diesem Fakerimage konfrontiert werden. Du hast aber kein Realnessproblem?

Haft: Nee, gar nicht. Ich weiß nicht von wem du redest, Alter. So lange die rappen können und ihr Geld damit verdienen ist das okay. Solange die ihre Fresse nicht aufreißen und korrekt zu mir sind, ist das okay. Da habe ich kein Problem mit.
Wenn sone Leute aufmucken und frech sind, dann rast ich aus. Aber solange die nett zu mir rüber kommen und sagen “Na, wie geht’s...“ ist das okay.

rap.de: Warum kannst Du darüber hinweg sehen und viele andere regen sich darüber auf?

Haft: Weil die nichts besseres zu tun haben. Scheiß auf die Realness. Wer ist denn real noch heutzutage? In den 90igern waren die vielleicht noch real. In Amerika auch, alles Blender. Bestes Beispiel: Rick Ross. Kommt auf einmal heraus, dass er ein Bulle ist und er verkauft immer noch Platten. Vielleicht sogar noch mehr, als er vorher verkauft hat. Da kann doch irgendetwas nicht stimmen.
Also bei mir ist auf jeden Fall viel Realness dabei. Manchmal übertreibe ich auch. Das gehört dazu. Wer ist denn 100% real, von A bis Zett? Das geht doch gar nicht!