Blumentopf

rap.de: Wenn man knapp einem Anschlag entkommt, feiert man doch bestimmt zweimal Geburtstag im Jahr. Oder?

Sepalot: War schon Gänsehautfeeling, ja. War schon heftig. Unser Tontechniker hatte eine Splitterschutzweste auf der Tour dabei. Und wir haben ihn dafür von Anfang an ausgelacht. Und als wir dann aus dem Hotel evakuiert worden sind, hatte er seine Splitterschutzweste an, und am liebsten wäre jeder von uns mit unter die Weste gekrabbelt.

Roger: Ich habe jetzt für dieses Jahr eine Anfrage gekriegt für den Irak, die habe ich auch abgelehnt. Für Workshops wieder, da gibt’s natürlich auch Kids. Ich meine, das krasse ist, du kommst dort in die Städte, da sind Leute, die kommen dir mit einem 2Pac Pulli entgegen. Man denkt halt immer, dass wäre eine Welt, die abgeschnitten ist von allem. Die haben auch Internet und alles. In Beirut kannten die zum Beispiel sido und Fler über Satellit. Also nicht, dass die Fans waren, aber das hat denen schon was gesagt, das war zu der Zeit auf MTV groß.

Sepalot: Die haben sich informiert, woher wir kommen und dann halt gekuckt, was es in dem Land noch so gibt. Einfach Internet, das ist dann einfach überall alles gleich, was den Informationsstand angeht.

Roger: Also, das ist halt nicht so, dass man zu denen sagt "Hier, das ist Hip Hop. Das habt ihr noch nie gehört“.

Sepalot: 2Pac Tags und Wu-Tang Tags gibt’s auf der ganzen Welt, kann ich nur sagen.

Roger: Du kannst nach Betlehem kommen: 2Pac ist überall.

rap.de: Natürlich sind alle Musiker von den steigenden Downloadzahlen betroffen, aber wenn Ihr von Euch selbst sagt, dass Ihr Euch auf das Livegeschäft konzentriert, dann ist das ja doch relativ ertragreich, oder?

Roger: Das ist eine Spirale, natürlich bist du abhängig von den Verkäufen. Wir sind mit den letzten beiden Alben Top Ten gewesen und das ist schon cool. Ihr wisst ja, wie das Business läuft, das sind die Argumente gegenüber den Medienpartnern. Wir leben nicht von den Albenverkäufen, das könnten wir nicht. Wir leben von den Konzerten, aber die Konzerte kriegst du manchmal auch nur, wenn du sagst, dass du da und da präsent bist. Wir waren jetzt vier Jahre lang weg und haben zwei Touren ausverkauft, das ist schon geil, das ist wahrscheinlich schon eine Sonderposition. Bei dem Album spielen wir auch auf vielen Festivals und Konzerten vor Leuten, die uns vielleicht noch nicht kennen. Bei den Toten Hosen zum Beispiel.

rap.de: Das wurde ja auch schon gesagt, dass das Album heutzutage nicht mehr das Produkt ist, sondern das Produkt ist der Künstler und das Album ist nur noch die Werbung für das Produkt.

Roger: Das Produkt ist die Gruppe und egal ob du Merchandise hast, ob du Werbeverträge mit dieser Gruppe hast, egal, alles ist eigentlich ein Paket. Deswegen versuchen Plattenfirmen jetzt ja auch, an allem, wo die Gruppe drauf steht, ihre Anteile zu haben.

rap.de: Und was ist denn, wenn ich fragen darf, Eure Einnahmequelle? "Normale“ Arbeit? Ich habe gelesen, der eine ist Doktor.

Roger: Wir leben von Blumentopf, seit insgesamt zwölf Jahren schätze ich mal so.

rap.de: Da seid Ihr ja auch einige der wenigen. Muss man ja ganz ehrlich mal sagen.

Roger: Ja, vor allem für so eine große Band, wir haben immerhin 14 Leute dabei. Die leben jetzt nicht alle von Blumentopf, aber die Urband.

Sepalot: Wir fünf schon mal alleine. Also, das ist schon eine sehr glückliche Situation, aber es ist auch so, dass es zeitintensiv ist und das kaum für was anderes noch Platz ist. Auf gar keinen Fall für einen Full Time Job. Also, neben den Blumentopf Sachen kommen noch andere Sachen hinzu. Das jeder von uns eine Solo Platte gemacht hat, ich bin wahnsinnig viel am Auflegen, dann machen wir ab und zu solche Reisen und ganz ehrlich, mit der Album Produktion: Seit Mitte letzten Jahres bis eigentlich das komplette nächste Jahr sind wir komplett ausgebucht.

Roger: Das ist ja zum Beispiel auch nicht so, dass die Tour für einen erst anfängt, wenn es mit den Auftritten losgeht. Du kannst dich nicht einfach in einen Tourbus setzen und sagen "Jetzt geht’s los, bin gespannt wo die ganzen Musiker herkommen“. Man muss sich ja auch um das Merchandise zum Beispiel kümmern. Es ist ein Full Time Job, aber ein Gutbezahlter.

rap.de: Es ist ja auch der Traum vieler, allein von der Musik leben zu können.

Roger: Ist ein Traum, ohne Scheiß

Sepalot: Ein Traum, den es sich lohnt zu träumen.

rap.de: Da könnt Ihr ja richtig froh sein.

Roger: Da hast Du Taschen voller Sonnenschein.

rap.de: Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank.