Blumentopf

Blumentopf, die Münchener Urgesteine, releasen nach längerer Schaffenspause, in der sich die einzelnen Mitglieder Soloprojekten zuwandten und höchstens vereinzelt in den Medien präsent waren, nun am  vierten Juni ihr neues gemeinsames Album. "Wir" soll es heißen, von der Attitüde her mehr punkig denn hip hoppig angehaucht sein und auch Touren und massenhaft Festivalauftritte sind geplant. Grund genug für uns, zumindest zwei Mitglieder der fünfköpfigen Crew, nämlich Roger und Sepalot, im sonnigen und ergrünenden Potsdam vor ihrem Auftritt an zu treffen. Unterhalten haben wir uns mit den beiden unter anderem über ihre fremdauferlegte Außenseiterrolle im Rapzirkus, Reisen im Auftrag des Goethe Instituts und warum es so wichtig ist, als Münchner Rapper freestylen zu können.

rap.de: "Wir" heißt Euer neues Album und ich habe gelesen, dass das mit Punkattitüde wäre. Wie ist das zu verstehen?

Roger: Das kannst du so verstehen, dass das ein bisschen mehr "Scheiß drauf" ist und "in die Fresse" eigentlich. Das ist die Punkattitüde dabei.

Sepalot: Mehr verschwitzes Shirt als Fresh out the box Sneakers.

Roger: Die Konzerte sind schon länger so, wir haben die Musik ein bisschen den Konzerten angepasst eigentlich.

rap.de: Euer neuer Song heißt "Taschen Voller Sonnenschein". Muss man Eurer Meinung nach die Taschen voller Sonnenschein haben in unserer heutigen Zeit?

Roger: Na, eigentlich ist das so ein Ding. Natürlich sollte man immer die Taschen voller Sonnenschein haben. Das wäre natürlich toll, wenn man das hätte, aber eigentlich basiert es viel mehr darauf, dass man sich denkt: "Oh Gott, ich hab einen Schatten, aber mir geht’s gut“. Dass man genau weiß, bisschen Haken oder bisschen Macken hat man, aber man ist langsam stolz auf manche Sachen. Wir haben zwar für manche einen Schatten, aber die Taschen voller Sonnenschein.

Sepalot: Da spielt auch ein gewisser Optimismus mit rein, den man einfach im Leben haben sollte. Dass man, auch wenn man weiß es ist nicht alles perfekt, einfach den Sonnenschein sieht. Und das ist gut.

rap.de: Das ist ja sowieso bei Euch so, dass ihr ein bisschen einen Gegenpol bildet zu dem, was sonst im Mainstream Hip Hop lange Zeit stattfand.

Roger: Eigentlich haben eher andere versucht, zu uns einen Gegenpol zu bilden. Wir sind ja eigentlich die, die die Vorlage geliefert haben, wo sich andere gedacht haben: "Wie ziehe ich denn an denen vorbei?“. Die sind auch an uns vorbeigezogen, aber dann haben wir sie halt wieder überholt. Wir wollen also überhaupt keinen Gegenpol oder irgend so was bilden. Wir machen halt was wir machen und die Anderen machen halt etwas Anderes.

Sepalot: Es gibt sehr viele, die sich über uns, über unseren Standpunkt in der Szene selbst definieren und uns war das selbst nie so wichtig. Wir hatten, als wir angefangen haben, ja auch so einen Ansatz. Wir wollten es anders machen als die relativ etablierten Acts zu der Zeit, aber generell war eigentlich von vornherein so eine "Scheißegal"-Attitüde mit dabei. Wir kamen vom Skaten, das war halt das Allergrößte und Musik war irgendwie nur so: "Ach geil, da kann man ja auch irgendwie Rappen und Freestylen.
Wir sind eher darüber zur Musik gekommen und somit war uns irgendwie das Andere alles total wurscht. Wir waren sehr lange so in unserem eigenen Mikrokosmos, bis wir uns dann glücklicherweise musikalisch gefunden haben und klar war, was wir machen wollen. Diese Außenseiterrolle, die haben wir uns nicht ausgesucht, sondern die ist einfach sozusagen so passiert und das ist eigentlich eine ganz glückliche Situation. Weil, wie schon gesagt: Viele definieren sich über uns. Positiv wie negativ, aber da merkt man immer, dass die Leute halt doch nicht an uns vorbei kommen.

rap.de: Erfüllt einen das dann auch so ein bisschen mit Stolz? Wenn man jetzt so sieht, dass die, die sich anfangs gegen einen positioniert haben, doch keinen Erfolg haben und von der Bildfläche  verschwinden, man selbst aber immer noch da ist?

Sepalot: Also ich weiß, ich habe mit sehr großem Lachen sido seinen Song zu Frauentausch gesehen. Der endet mit: "Ist doch alles nur Spaß". Da habe ich mir nur gedacht: Ey, als du uns scheiße fandest, fand ich dich aber besser. Oder zum Beispiel Eko Fresh, der irgendwie "6 Meter 90“ covert, auf seinem letzten oder vorletzten Streettape, keine Ahnung ich verfolge das nicht so genau. Aber das ist schon interessant zu sehen, dass wir dann doch Einfluss gehabt haben.

Roger: Ja, es ist witzig, wie die ganzen, die so die Hardcore Rapper waren eigentlich, jetzt totalen Popsound oder irgendwas anderes machen, weil sie versuchen, noch mal nach oben zu krabbeln. Wir haben die coole Position, dass wir nie von irgend so einer Welle abhängig waren oder irgendeiner Stadt oder von drei Kumpels, die uns immer gegenseitig gefeatured haben. Das ging immer über uns. Wir standen immer für uns selber und für nichts anderes. Das Coole daran: Das kannst du halt ewig machen, weißt du, da musst du nie irgendwie denken: "Wie mache ich denn das weiter? Was mache ich nächstes Mal?“, sondern du weißt wer du bist und du weißt, was dir zu dem Zeitpunkt gefällt und das machst du und wir haben Glück, dass es genug andere Leute gibt, die sagen: "Das will ich hören!"

rap.de: Jetzt steht ja auch die WM bald wieder an. Werdet Ihr da wieder diese Fußball-Raps machen?

Roger: Ja, wir machen wieder die Raportagen. Wir fahren auch nächsten Monat nach Afrika, aber wir sind nicht während der WM da, weil wir gleichzeitig eigentlich unser Album releasen und sehr viele Festivals spielen diesen Sommer. Ich glaube 30 sind bis jetzt schon zugesagt oder so, also bisschen wahnsinnig. Deshalb können wir nicht fünf Wochen lang in Afrika rumhängen. Wenn es gut läuft, würden wir fünf Wochen da rumhängen, dann wäre es auch ein Traum.

Sepalot: Aber so sind wir halt da unten, drehen paar Bilder dann schon für die ARD und machen aber auch zusammen mit Red Bull so eine Skateboard Aktion dort unten. Es ist noch nicht ganz klar was genau entstehen wird, aber entweder irgendwie so einen Skatepark mit Aufbauen oder dort auch Musikworkshops geben. Das ist auf jeden Fall immer ganz spannend, wenn man so in andere Länder fährt, mit der Musik in der Tasche und einfach guckt, was passiert.