Neukölln Unlimited

rap.de: Müsste man die Jugendlichen auch viel mehr ermutigen, deutsch zu sein beziehungsweise deutsche Errungenschaften anzuerkennen?

Agostino: Nicht nur Jugendliche. Ich glaube alle, auch die Eltern. Man redet immer von Integration, Integration, aber ich glaube, es gibt noch andere wichtige Schritte, die zur besseren Integration führen würden, auch auf politischer Ebene zum Beispiel.
Wenn man Leute, die hier schon seit 30 Jahren leben, mit ins politische Leben mit einbeziehen würde. Dass sie zum Beispiel bei Kommunalwahlen auch ein Wahlrecht bekommen.

Also, ich meine, wenn du auf Bundesebene wählen gehst, dann brauchst du einen deutschen Pass, aber wenn du auf kommunaler Ebene seit 30 Jahren hier lebst, hier Steuern zahlst und dich zugehörig fühlst, dann ist es auch ein wichtiges politisches Zeichen, wenn man diesen Leuten dieses Wahlrecht auf kommunaler Ebene gibt. Das würde auch etwas in den Köpfen der Leute bewegen, da die Leute sich hier dann mehr anerkannt fühlen, weil sie sich ernst genommen fühlen.

rap.de: Das wäre ja ein interessantes Wahlergebnis in Neukölln, oder? (lacht)

Agostino: Das passiert ja nicht! Die Parteien, die dagegen sind, sind deshalb dagegen, weil sie wissen, dass sie niemand wählen würde.

rap.de: Es wäre interessant zu wissen, ob es dann so Hamas-Ableger gäbe.

Agostino: Ich glaube nicht, dass es da dann so Hamas-Ableger gibt. Es gibt vier Millionen Leute mit Migrationshintergrund in ganz Deutschland und nicht alle sind Muslime.

rap.de: Nein, ich glaube das sind mehr. 16 Millionen oder so.

Agostino: Ja, das stimmt. Vier Millionen waren nur Muslime, sorry.

Dietmar: Aber es sind ja auch nicht alle von denen kriminell. Es gibt diese Vorurteile, sogar bei manchen Politikern in Neukölln selber. Das sind Vorurteile, die man abbauen muss, und in dem Film geht es auch darum, die zu widerlegen und insgesamt in der Presse auch mal ein anderes Bild zu zeigen. Es gibt eine Kritik zum Film von unserem Herrn Buschkowsky, der über den Film schreibt, dass ihn die Message nicht erreicht, weil da mal ein positives Beispiel gezeigt wird. Er sieht Neukölln nämlich gänzlich anders, eher wie in "Knallhart“.

Agostino: Wer Buschkowsky kennt, weiß aber auch, dass der nur Negatives zu sagen hat und nur Negatives sieht. Deshalb ist es klar, dass es ihm nicht gefallen wird, wenn man mit etwas Positivem kommt.

Dietmar: "Knallhart“ ist ja ein unterhaltsamer Film, aber ob jetzt nicht gerade der Klischees widerspiegelt, ist eine andere Sache. Wir selbst haben das nicht so erlebt. Agostino wohnt ja selber in Neukölln und wir haben da viel Zeit verbracht, aber solche Situationen haben wir selber nicht erlebt. Nur ansatzweise mit Maradonnas Gang, aber wenn man dann hinter die Kulissen blickt, ist es doch wieder harmloser. Dass dann doch wieder diese Poker-Überfall-Leute aus Neukölln kamen und man die dann über Freunde von Freunden kennt – ok, ist halt so. Aber so was gibt es in allen Schichten, auch in deutschen.