Review: Animus – Beastmode 3

Nachdem die ersten beiden Singleauskopplungen in Form von „Intro“ und „Borderland“ die Promophase eingeläutet haben, brachte Animus den Stein durch sein Exlcusive bei JamFM endgültig ins Rollen. Der vierminütige Liveauftritt des Heidelbergers machte im Netz schnell die Runde. Warum? Flowversiertes und facettenreiches Auftreten waren hier der Schlüssel zum Erfolg. Der gelungene Mix aus pointierten Punchlines und scharfsinniger Gesellschafts- und Konsumkritik hob die Erwartungen an „Beatmode 3“ allerdings in schwindelerregende Höhen.

Dieses Erfolgsrezept zieht sich auch als roter Faden durch das gesamte Album. Der Golden Era Klassiker „Quiet Storm“ von Mobb Deep weicht allerdings einem deutlich modernen Sound. Gorex, der für die Produktion des gesamtes Albums zuständig war, verleiht den narrativen Lyrics von Animus eine zeitgemäße und kraftvolle Ästhetik. Dabei kommt „Beastmode 3“ zwar überaus zeitgemäß daher, verzichtet aber weitgehend auf obligatorische Trends wie Autotune-Gesänge oder Low-Fi-Spielereien. Stattdessen ergeben die rollenden 808s und glasklaren Synthies ein bedrohliches Hochglanz-Soundbild.

Nach den beiden Vorgängern wird beim aktuellen Teil der Trilogie sofort hör- und spürbar, dass sich Animus in Sachen Stilsicherheit enorm gesteigert hat. Das Timing der Lines, die Rhythmik und das Tempo sind ohnehin allesamt tadellos, an technischen Unzulänglichkeiten litt der Heidelberger nie. Die Songs selbst sind allerdings deutlich kompakter aufgebaut, die Zusammenhänge klarer ersichtlich.

„Beastmode 3“ definiert mit einer ordentlichen Portion Aggressivität und geballter Straßenattitüde die wahren Attritube eines Biests. Während großgewachsene Biester einer stets fleisch- und proteinhaltigen Nahrungszufuhr nachgehen, läuft das bei Animus im echten Leben auch nicht anders. So glaubhaft zornig, energiegeladen und unbändig, wie Animus hier auftritt, ist der Vergleich zu einem „Beast“ vielleicht etwas abstrakt, aber keineswegs vermessen.  Dieses Beast hat eine Menge Wut im Bauch.

Die Moderatorin Sophia Thomalla bekommt auf dem Track „Harambe“ diese Wut und Empörung zu spüren. „Fick Sophia Thomalla mit sechzig Cousins aus dem Flüchtlingsheim und nenn‘ es Experiment“. Diese Zeile ist der Tatsache geschuldet, dass sich die Moderatorin in der Vergangenheit taktlos, deplatziert und unbedacht in einen Post auf Instragram gegenüber Flüchtlingen geäußert hat. Sophia Thomalla postete ein Foto, auf dem sie ihre Brüste anfasst, flankiert von der Überschrift „kleine Titten sind wie Flüchtlinge. Sie sind nun mal da, aber eigentlich will man sie nicht“. Somit gab sie den Startschuss für einen Shitstorm im Netz und revidierte ihre Aussage eine Stunde später damit, dass alles lediglich ein „Experiment“ gewesen sei.

Ansonsten verzichtet Animus weitgehend auf Namedropping. Stattdessen wird representet: Lines wie „Lauf‘ durch den Dschungel und erwürg‘ Elefanten“ aus dem Track „Mit welchem Gesicht“ wahnwitzige Hyperbeln dar, gleichzeitig untermauern sie aber genau das, was Animus auf dem dritten Teil seiner Trilogie darstellt. Daher auch nur konsequent, dass er sich für den Song „Eisen & Fleisch“ einen Gastpart vom Berliner Shadow030 gesichert hat, der ihm an brachialer Delivery um nichts nachsteht.

Animus brettert mit seiner lebendigen, energiegeladenen Stimme geschickt und zielstrebig über die kraftvollen Beats und lässt sich nicht von der Wucht des Sounds dominieren. Stattdessen zeigt er, wer das Biest im Ring ist. „Borderland“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein versierter Künstler seine Stimme auf solch mächtigen, schnellen Instrumentals einzusetzen vermag. Geradlinig, unbeirrt und stets präsent.

Aus handwerklicher Sicht weist das Album keine Schwächen auf. Auch Abnutzungserscheinungen beugen ruhigere, emotionalere Tracks wie „Der stärkste Mensch“ vor. Zwei Parts von Animus, die glaubhafte Gefühle offenbaren und eine hervorragende Hook von MoTrip, die eine stimmige Mischung aus Rap und Gesang bildet, runden den Track ab. Neben den zornigen Ansagen sind auch diese Songs ein Aushängeschild für „Beastmode 3“.

Das Album endet mit dem Song „Flüchtling auf Lebenszeit“ und lässt den Longplayer trotz des sensiblen Themas angenehm ausklingen. Es geht nämlich darum, dass Animus wohl nie wieder in seine Heimat zurückkehren kann, weil der Ort, an dem der Iraner seine Wurzeln hat, von Krieg und Leid überschattet ist. Auf dem melancholischen Beat schießt Animus auch gegen die rechtspopulistische AfD.

Inhaltlich und vom Klangbild bietet „Beastmode 3“ eine enorme Bandbreite und kann sowohl mit einer hohen Dichte an punktgenauen Punchlines überzeugen als auch mit durchdachten, weitsichtigen Aussagen glänzen. Animus setzt seine unbestrittenen Skills auf diesem Album gekonnter denn je ein und scheint endlich einen Sound gefunden zu haben, mit dem er sich wirklich wohl fühlt.

Animus – JamFM Exclusive [Video]