PA Sports & Kianush – Desperadoz II [Review]

Lassen wir den etwas unnötigen und wenig überzeugend inszenierten Promobeef für „Desperadoz II“ einfach mal beiseite. Gottseidank dauerte der sowieso nicht lang. Eine Woche später kam mit „Headbanger“ dann die erste Single vom Kollaboalbum und auf „Filterungsprozess“ sorgte das Duo dann endgültig für Klarheit.

Spätestens nach Singleauskopplungen wie „Back to the Roots“ war klar, in welche Richtung die Desperadoz-Fortsetzung gehen soll. Starke Flows und Lines, verpackt in einem Beat, der nach vorne geht – quasi ein nahtloser Übergang von „Desperadoz“ zu „Desperadoz II“. Familie, Treue, Loyalität, Ehrlichkeit und Schmerz sind dann auch wieder die signifikanten Inhalte des Albums. In den Lyrics dient, wie es der Titel bereits vorgibt, sehr oft die Inspiration des Mafialebens in Südamerika als Inspiration. Unterstellungen wie beispielsweise die, dass die Jungs in letzter Zeit zu viel „Narcos“ gesehen hätten, sind an dieser Stelle aber deplatziert, da PA und Kianush diesen Film schon seit Jahren fahren – und letztlich auch sehr schlüssig umsetzen.

Vor allem in der Kombination wird deutlich, wie viel das Duo auch in den letzten Jahren an sich gearbeitet hat. Obwohl in Sachen Flow und Reimstruktur ohnehin beide sehr stark sind, ist auf der neuen Platte eine deutliche Steigerung zu erkennen. Hört man etwas genauer auf das Reimschema von „High Defintion“ dann wird klar, dass die beiden auf einem ganz eigenen Level sind. Die Kombo ist perfekt im Takt und jede Line sitzt. Textlich gesehen sind PA und Kianush auf diesem Album sogar noch etwas mehr on point.

„Desperadoz II“ schafft eine ganz eigene Atmosphäre. Das Soundbild ist sehr druck- und kraftvoll. Auf derzeit funktionierende Trends wurde bewusst verzichtet. Die beiden thematisieren dies auch des Öfteren. „Rapper starten ’ne französisch-amerikanische Party“ sagt PA Sports auf „Headbanger“ und kritisiert damit die ständige Adaption ans Ausland. Zwar gibt es auf Songs wie „Escalade“ in der Hook auch ein wenig Autotune, aber das Tool wird in mundgerechten Stücken und nicht so inflationär wie bei anderen Künstlern serviert. Trotz einzelner Elemente aus aktuellen Soundtrends ist das Album unterm Strich straighter Rap, der sich an keinen Zeitgeist anbiedert.

Das erkennt man alleine schon daran, dass selbst emotionale Themen wie Liebe dennoch hart gerappt werden. Wie beispielsweise der Song „Mörder“. Besonders auffällig ist auch, dass sehr viele Pre-Hooks eingebaut wurden. Das verleiht dem Soundbild der Songs eine gewisse Spannung.

Auf „Desperadoz I“ zählten Tracks wie „Ratten“ und „Energie“ zu den Highlights. Daher nur konsequent, von beiden Songs jeweils einen zweiten Teil zu bringen. Vor allem auf „Ratten II“ dreht das Duo flowtechnisch komplett durch und setzt neue Maßstäbe in Sachen Technik.

Fortsetzungen sind immer schwierig, weil der Hörer eine gewisse Erwartungshaltung hat und die Messlatte in der Regel sehr weit oben liegt. Oft wird man bei der Hoffnung, dass die Fortsetzung den Vorgänger toppt enttäuscht. Nicht so bei „Desperadoz II“. Durch facettenreiche Flows, vielfältige Themen und einer starken Produktion, schaffen es PA und Kianush auf jeden Fall eine Schippe draufzulegen.

So bleibt für mich nur ein persönlicher Wermutstropfen: Ein abgedrehter Storyteller wie „Operation Americano“, in dem Drake von PA Sports und Kianush entführt wird, fehlt auf dem zweiten Teil leider. Ansonsten aber wurde hier tatsächlich alles richtig gemacht.