Staiger: Ich habe mal gelesen: Jeder Erfolg aus einer Subkultur wird gleichgesetzt mit Verrat. Irgendwas muss der anders gemacht haben als wir alle, sonst wären wir ja alle erfolgreich. Sprich: Gewisse Ideale muss er verraten haben.
Marquart: Damit wären wir ja auch schon bei einem anderen Thema, nämlich wie die HipHop-Szene auf deinen Erfolg reagiert.
Casper: Das seltsame ist, dass das in der Außenwahrnehmung oder von anderen Medien so dargestellt wird, als wäre ich in meiner Karriere durchgehend beleidigt worden. Und hätte mich jetzt als einsamer Kämpfer mit Lanze und Speer nach oben gefastet und trainiert – das stimmt ja so nicht ! Ich komme ja mit vielen Leuten klar.
Staiger: Außer mit Kaisa.
Casper: Nee, sogar Kaisa hat letztens was ganz Nettes getwittert. Er hat geschrieben, Casper ist realer als alle Gangsterrapper. Das einzige, was man jetzt schon merkt, ist, dass viele Leute nicht verstehen oder zumindest ganz anders drauf reagieren als ich selbst. Wenn ich zum Abhängen irgendwohin komme, wird meistens von anderen thematisiert, dass die Platte jetzt Platz 1 gegangen ist. Nicht ich mache das zum Thema, ich finde auch nicht, dass es jetzt so ein lebensverändernder Einschnitt war. Aber wenn ich jetzt mit befreundeten Rappern abhänge, dann kommt man hin zum chillen, gibt sich einen Check, sagt hallo und dann so: „Ohhh, die Nummer Eins kommt“. Und ich fühl mich dann sofort schlecht deswegen.
Marquart: Schwingt da auch ein bisschen Neid mit?
Casper: Nee, ich hatte nicht das Gefühl, dass Neid mitschwingt, aber es wird allerorts thematisiert.
Staiger: Ich glaube, in Gegenwart von berühmten Leuten verhält man sich immer komisch.
Casper: Aber doch nicht, wenn man sich ewig lang kennt.
Maquart: Vielleicht sogar gerade dann, weil es so ungewohnt ist.
Casper: Vor Ewigkeiten habe ich gerappt: „Rap ändert nicht mich, es ändert bloß alle um mich herum“ (aus: „Kein Held“ – Anm. d. Verf.) Das stimmt jetzt mehr denn je. Ich halte meinen Freundeskreis ja bewusst klein. Ich will keine neuen Leute kennenlernen, ich hänge eigentlich nur mit meiner Band rum und mit meiner Freundin, das reicht. Aber dann geht man raus. trifft Leute und sagt zum Beispiel: „Ich geh jetzt grad Bier holen, wollt ihr auch was?“ Und wenn sie einem Geld mitgeben wollen, meint man: „Nee, ich zahl.“ Dann sagen alle gleich: „Ooohhh, der große Gönner möchte mir also ein Bier ausgeben!“ – Hä, das hab ich doch vor zwei Jahren auch schon gemacht.
Marquart: Du meintest, dass sich dein leben nicht groß verändert habe, aber das ist doch jetzt schon was anderes, jetzt plötzlich in der Sächsischen Zeitung erwähnt zu werden?
Casper: Nee, also ich find eigentlich nicht das sich irgendwas geändert hat. Es passiert ja alles immer in Knalleffekten. Du spielst das erste Mal Splash! und flippst vollkommen aus. Dann spielst du das erste Mal, wenn es fast dunkel ist, das ist dann wieder ein Knaller. Du stehst das erste Mal im Feuilleton und denkst: „Wow, wie krass“. Man flippt dann ja nicht bei jedem Mal total aus, dann würd man ja nen Herzinfarkt kriegen. Das Einzige, was ich sich für mich wirklich merkbar verändert hat, ist, dass ich den ganzen Tag Leuten die gleiche Scheiße erzähle. „Warum Casper?“ – Frage Nummer Eins! „Wieso heißt das Album XOXO“ – Zweite Frage! – Dritte: „Wieso ist ein Wolf auf dem Cover?“ – Viertens: „Na, wie fühlt man sich denn jetzt so?“
Staiger: Okay, das haben wir ja auch gefragt.
Casper: Aber anders, wir haben auch gegen schlechten Journalismus gehetzt. (Gelächter)