Interview mit Casper über „XOXO“

Staiger: Das sind ja auch Plattitüden, aber trotzdem: Die Kritik, die du ja auch an dieser Generation äußerst, das alles so ein bisschen angepasst ist, spiegelt sich ja auch in dieser Vagheit, in diesem Drücken um eine konkrete Aussage wider.

Casper: Was soll ich denn sagen? Sprengt Banken und verbrennt Paläste? Das mache ich ja, in meinem großartigen Punkrock-Nebenprojekt Pommesbude Arschloch. Das ist nämlich gegen „die da oben“. „Die da oben“ wollen dem kleinen Mann nur an die Tasche. (grinst) Da DARF ich dann wieder keine professionelle Band haben. Aber nee, ich versuche, meinen Fans oder  meinen Supportern zu erklären, wo was herkommt. Wenn viele Leute meinen: „Ey bla und bla, das ist totale Scheiße, der weiß überhaupt nicht worüber er schreibt“ – ich kann dir bei jedem Song, bei jeder Zeile sagen, was dies und das bedeutet, ich habe es halt nur nicht gewollt, das auf den Punkt zu sagen.

Staiger: Andererseits bringst du die Sachen aber schon in zwei Sprüchen sehr konkret und sehr schön auf den Punkt. Gerade bei „Michael X“, wenn du sagst: Deine Mutter hält dein Zimmer so, wie du’s verlassen hast, als dich Wille und Mut verlassen hat“. Das ist ein sehr starkes Bild.

Casper: Aber komplett, ohne zu sagen, dass irgendwer tot ist. Und das ist das, was mich intressiert zu schreiben. Zum Beispiel „So perfekt„: Im Kern ist es ein Kopf-hoch-Song. Wir haben da gesessen, haben uns richtig einen reingekippt, ich die ganze Zeit „Breakfast Club“ geguckt, is ja eh der beste Film der Welt, und dann meinte ich: „Ey, eigentlich ist ja alles, was du machst, die ganze Gesellschaft, eingeteilt in Cheerleader, Quarterback, Außenseiter und so weiter. Wo du bist, gilt diese Hierarchie und ich fand einfach, das ist ein geiles Bild.

Staiger: Aber es gibt doch da auch dieses ganz konkrete Bild „Dann in der Abschlussnacht ganz allein zum Ball gegang’/Doch wenn schon scheiße Tanzen dann so/ dass die ganze Welt es sieht/ mit Armen in der Luft, beiden Beinen leicht neben dem Beat“. Perfekt. So perfekt! (lacht)

Marquart: Aber das schließt sich ja auch überhaupt nicht aus. Die Bilder sind als solche konkret, aber es sind keine konkreten Aussagen wie: Tu dies, lass das, wähl den, kauf dieses. Poetische Sprache lebt doch davon, dass die Bilder auch offen sind, und die jeder auf das beziehen kann, was er möchte.

Casper: Was auch überall steht, ist ja Pathos. Ich find die Platte eigentlich gar nicht so krass Pathos-triefend, aber scheinbar ist sie das ja wirklich.

Marquart: Ja, doch. Verglichen mit den ganzen ironischen Ansätzen zurzeit, ist es eine angenehm unironische PLatte.

Staiger: Eigentlich ist diese Platte ja eine „Geh deinen eigenen Weg“-Platte, oder?

Casper: Ja, klar.

Staiger: Ohne einmal zu sagen „Geh deinen eigenen Weg“ oder „Ich geh meinen eigenen Weg“.

Casper: Aber das ist doch das, worum es in meiner ganzen Karriere bis jetzt ging. Als es ganz am Anfang auf die Bildfläche erschien, fanden es 90 Prozent scheiße. Inzwischen habe ich mir in über vier Jahren eine Basis erkämpft. Die, die gesagt haben, dass es scheiße ist, sagen jetzt, dass es nicht ihr Ding ist, sie es aber respektieren.

Staiger: Also wurdest du doch gehatet?

Casper: Ja, aber nicht so wahnsinnig, wie es andauernd dargestellt wird. Zum Beispiel bei RTL 2: „Er wurde als Emo-Schwuchtel beschimpft“. (lacht) So krass ist es ja nicht. Nicht immer.

Staiger: Würdest du denn wieder in die Cypher zurückgehen?

Casper: Klar, jederzeit. Ich hab letztens mit Maxim (von K.I.Z. – Anm. d. Verf.) gecyphert. Der hat mich unfassbar zerstört. Ich glaube, dass er heimlich ganz viel freestyled. Der tut immer so, als würde er sich gar nicht für Rap interessieren. Und dann hab ich so ein Battle gestartet, total besoffen auf ’nem Punk-Festival, und plötzlich fing er an, abzuflexen, richtig perfekt.

Marquart: Okay, letzte Frage: Wie ist der Stand bei deinem Mixtape auf SüdstaatenbeatsIch habe ja gerade schon mal einen exklusiven Song vorab veröffentlicht?

Casper: Ich habe ja gerade schon mal einen exklusiven Song vorab veröffentlicht. Die erste Single heißt ja „Wilson Gonzales“ (grinst). Die nächsten beiden heißen dann „Conny Dachs“ und „Daniela Katzenberger„. Nee, ich hab so vier oder fünf Sachen fertig.

Staiger: Aber könntest du jetzt nicht von deinem Label verlangen, dass sie dir Gucci Mane als Feature klarmachen?

Casper: Eigentlich hätte ich ja Bock, mir einen echten Lex Luger-Beat zu holen, aber die kosten halt 60.000 Euro. Und das finde ich dann doch ein bisschen viel für drei Minuten Fruity Loops.