Unser Freund 50 Cent
Es gibt eine Sache, um die wir 50 Cent wahnsinnig beneiden. Nicht die Villen, nicht den Erfolg, nicht das unfassbar viele Geld und auch nicht all die willigen Bitches.
Nein, wir beneiden ihn darum, neben all dem auch noch unfassbar viel Zeit übrig zu haben. Zumindest drängt sich einem dieser Eindruck auf, wenn man mal betrachtet, mit wem sich Curtis Jackson 2009 so alles in der Wolle hatte.
Neben Jay-Z, Game und Kanye West, gegen die der New Yorker eher beiläufig in Interviews und Tracks schoß, lief er im Streit mit zwei Rap-Schwergewichten zu absoluter Höchstform auf. Egal ob er sich ins Krankenhaus einliefern ließ, weil ihn beim Hören von Fat Joes neuem Album unerträgliche Schmerzen befielen, oder er eine von Rick Ross‚ Baby Mamas Pornos drehen ließ – wir haben gestaunt und gelacht. In Zukunft bitte mehr davon, musikalisch reißt der mehrfach angeschossene Überlebenskünstler aktuell ja nicht mehr all zu viel ab. (Lisa)
Das Ende vom Straßenrap – na klar
2009 wurde mehrfach das Ende von Straßenrap verkündet und schaut man sich die sinkenden Verkaufszahlen der Sparte innerhalb der Sparte an, dann muss man den Beobachtern vielleicht sogar Recht geben. Doch auf der anderen Seite: Welche Sparte verkauft mehr? Welche Sparte überhaupt noch?
Ich glaube nicht, dass Straßenrap tot ist. Tot sind auf jeden Fall die ewig gleichen Geschichten und ewig gleichen Baukasten Videos von schwarzweiß abgefilmten, ernst schauenden jungen Männern mit Migrationshintergrund. Das haben wir alle schon mal gesehen und vielleicht wäre es sinnvoll, da mal eine Datenbank anzulegen, wo man sich entsprechende Hochhausschluchten, dramatische Himmel und gefährliche Posseshots herunterladen kann. Am Ende sieht es ja doch alles gleich aus.
Wut, Trauer, Blut, Hass, Beton und Frust sind Worte, die durch Bilder mit Leben gefüllt werden MÜSSEN, ansonsten sind sie innen hohl und sagen gar nichts.
Rap ist die große Kunst, in Bildern zu sprechen und im Kopf der Hörer einen kleinen Kurzfilm in Gang zu setzen, dadurch dass man das Kleine mit dem Großen in Verbindung bringt, Situationen und Gefühle beschreibt, die man nachvollziehen kann, obwohl man selbst vielleicht niemals in einer ähnlichen Situation gesteckt hat oder dieses Gefühl gefühlt hat. Doch dazu gehört Talent.
Dass es einigen Straßenrappern in Deutschland schlicht und ergreifend an diesem Talent mangelt, bedeutet nicht das Ende von Straßenrap. Dass sich vielleicht in den letzten Jahren zu viele Menschen ohne Talent genau auf dieses Segment gestürzt haben, schon eher. Aber wie schon des Öfteren gesagt – es ist und bleibt wie beim Schweinezyklus: „Bei hohen Marktpreisen kommt es zu verstärkten Investitionen, die sich wegen der Aufzuchtzeit erst verzögert auf das Angebot auswirken, dann aber zu einem Überangebot und Preisverfall führen. Infolgedessen kommt es zur Reduzierung der Produktion, die sich ebenfalls erst zeitverzögert auswirkt – und dann wiederum zu einem relativen Überschuss der Nachfrage (Angebotslücke) und dadurch steigenden Preisen führt.“ (siehe wikipedia: Schweinezyklus)
Insofern werden wir zeitversetzt in eineinhalb Jahren wieder vom Boom des Straßenrap reden und können uns auch heute noch oder schon an bilderstarken Talenten wie Xatar, Nate 57, Haftbefehl oder Farid Bang erfreuen.
(staiger)
Rap goes Politics – das Wahljahr 2009
2009, das war neben Label-Sterben reloaded und heiteren Streitereien auch das Jahr der Wahl. Und nicht nur das Wahljahr, es war auch das Jahr der erschreckenden Polit-Geständnisse paranoider Rapper, wie zum Beispiel vom guten, alten Afrob. Neben einem eher wenig erfolgreichen Comeback, pries der Rapper aus Stuttgart mit Wohnsitz Berlin in mehreren Statements eine schwarz-gelbe Koalition an.
War die CDU lange Zeit das Feindbild, eben weil reaktionär, bürgerlich und konservativ, nannte Afrob die angehende Kanzlerin eine „schlagfertige, freche Göre.“ Zur schwarz-gelben Koalition äußerte sich das alternde Reimemonster wie folgt: “Schwarz-Gelb. Das sind die einzigen, die uns noch retten können. SPD und Rot-Grün ist mir zu viel Ideologie.“
Überraschend war dann allerdings, dass die viel gescholtenen Straßen- und Gangsta-Rapper eher Parteien wie Die Grünen oder Die Linke wählten. Massiv ließ sich von Cem Özdemir zu einem Kreuz bei den Grünen bewegen und Petra Pau von der Linken becircte sido mit viel ostigem Charme, dem sich der geborene, seit neuestem bekennende, Ost-Berliner anscheinend nicht entziehen konnte.
Samy Deluxe, dessen politisches Bewusstsein mit seinem Deutschtümelei-Liedchen „Dis Is Wo Ich Herkomm“ neu geweckt wurde, gab sich hingeben eher nebulös. Der Mann, der mit seinem Track „Musik Um Durch Den Tag Zu Komm’“ tausende von genervten McDonalds-Mitarbeitern verhöhnte, ließ sich vor so ziemlich jeden Karren spannen und machte Werbung für die hessische IG Metall und Kondome, für die GEZ und die Bundesagentur für Arbeit. Auf ein klares politisches Statement verzichtete er allerdings, wäre bestimmt eh’ irgendwas mit Kiffen gewesen. (Moritz)