Jahresrückblick 2009

Kanye West – der Hofnarr

Für seine Höhenflüge und unbeugsame Selbstüberschätzung ist Kanye West seit jeher bekannt. Es ist jedoch ein sehr schmaler Grat zwischen coolem, erfolgsverwöhntem Star und absolut lächerlicher Witzfigur und zumindest in diesem Jahr tendierte Herr West eher in Richtung letzterem. Künstlerisch hat er seinem gigantischen Ego keine überragenden Gründe geliefert, alle erdenklich möglichen Rahmen zu sprengen.

Skurrile Meldungen bestimmten das Erscheinungsbild des Kanye West im Jahr 2009 und alles begann mit einer Meldung im Januar dass er sich selbst, aufgrund eines für Louis Vuitton kreierten roten Turnschuhs, den Namen “Martin Louis The King“ gegeben hat. Danach gab diverse Gerüchte um Zusammenbrüche, Drogen, Alkohol und darum, dass er nach Michael Jacksons Tod als nächster, den Thron des King of Pop besteigen könne. Geglaubt hat er es vermutlich selbst.

Doch mit seiner mittlerweile Ex- oder nicht Ex-Freundin, Amber Rose, einer ehemaligen Stripperin, hat er bei Fans nicht nur punkten können. Zwar beeindruckte die Dame durch diverse körperlichen Argumente und hübsche Strandfotos, aber Kanyes Eskapaden am Flughafen von Los Angeles, als er  nicht nur die Kamera eines Fotografen zerschmetterte sondern gegen diesen auch noch selbst handgreiflich wurde, konnten ihm dem Weg zum König nicht ebnen. Zum Glück für ihn, musste er nicht, wie angedroht, eine zweijährige Haftstrafe verbüßen. Stattdessen brachte er Mitte des Jahres sein unglaubliche 52 Seiten starkes Buch „Thank You And You’re Welcome“, heraus, in dem er seine Gefühlswelt (oder worüber er sonst noch gerne so spricht) offen legte. Anscheinend müssen die dort gesammelten Sinnsprüche teilweise so gewichtig sein, dass pro Seite nur Platz für einen Satz ist. Leider liegt uns das Buch bis heute nicht vor. Wir hätten es gerne gelesen.

Höhepunkt der wundersamen Reise des Kanye West durchs Showgeschäft der Vereinigten Staaten von Amerika war dann allerdings die Verleihung der MTV Video Music Awards, als er auf die Bühne stürmte und der Country Sängerin Taylor Swift ihren allerersten Award madig machte. Das fand dann selbst der Präsident der Vereinigten Staaten, Barack Obama, so peinlich, dass er den Rapper einen “Jackass“ nannte und so ist es nur allzu verständlich, wenn er bei einer Umfrage von popeater.de zum “Truthahn des Jahres“ gewählt wurde.

Zum Jahresende hin stabilisierte sich die Situation allerdings und Kanye West wurde für das ausgezeichnet, was er immer noch am besten kann: Produzieren. Bei der BET Hip-Hop Preisverleihung, wurde er zum “Producer of the Year“ ernannt. Immerhin war er an 12 Single Auskopplungen beteiligt und hat mit Kid Cudi, Drake, Jay-Z und Eminem erfolgreich zusammen gearbeitet, was ihm auch noch sechs Grammy-Nominierungen einbrachte. Da kann man sich dann vielleicht doch mal entspannt zurück lehnen und dem eigenen Tod auf Twitter folgen. Dieser wurde per Gerüchteküche im Oktober 2009 verbreitet, von Kanye West allerdings nicht als lustig empfunden und von der damaligen Lebenspartnerin Amber Rose schon gar nicht. Diese twitterete erbost zurück: „This ‚RIP Kanye West‚ topic is not funny and its NOT TRUE.“ Worüber wir sehr dankbar sind, denn das lässt auf weitere gute Musik und unterhaltsame Newsmeldungen hoffen. (Jasminka)

Ich mach kein Hip Hop – ich mach Jay-Z Musik

Neulich geisterte ein Witz durch die Chefetage unseres Hause, der das Dilemma der aktuellen Situation innerhalb der Rap Welt ganz gut auf den Punkt bringt. „Hey. Ich mache Jay-Z Musik“.

Dass ein Rap Rentner derart die gesamte Hip Hop Welt beherrscht, wäre ungefähr so, wie wenn Michael Jordan immer noch die NBA regieren würde oder Helmut Kohl back im Game wäre.

Das XXL Magazine fragte in seiner Oktoberausgabe 2009 demnach folgerichtig auf seiner Titelseite, ob Jay-Z größer als Hip Hop sei.

Nun, diese Frage kann letztendlich nicht beantwortet werden, wohl aber die Tatsache, dass der gute Mann im Dezember 40 geworden ist und keine Probleme damit hat, ein einigermaßen fortschrittliches und gleichzeitig wertkonservatives Album zu machen.

Auf der anderen Seite zeigt er auch, dass man mit 40 eben immer noch genug Hip Hop sein kann, weil man an die Kultur an sich und seine eigene Kunst glaubt. Weil man mit kreativen Menschen zusammen arbeitet und weil man eben immer noch genug Talent hat, das man verschleudern kann. Ganz abgesehen davon, dass Jay-Z der lebende Beweis dafür ist, dass Hip Hop immer noch der coolste Lifestyle der Welt ist. Wenn auch ein bisschen materialistisch, aber das ist ein andere Thema. (staiger)

No Country for Old Man? – Die Rückkehr der alten Herren

Das, was man gemein hin gerne als das Game bezeichnet, wurde dieses Jahr mal wieder von ein paar Spielern dominiert, die eigentlich schon längst bei den alten Herren mitspielen müssten. Und dennoch ist man vom viel diskutierten “Erwachsenenrap“ meilenweit entfernt. Das Gegenteil ist der Fall, getreu dem Motto 40 ist das neue 20, wurden wieder einmal die alten Werte beschworen und das größtenteils mit Erfolg.

So holte Raekwon das Crack- Kochgeschirr wieder aus dem Schrank und nahm uns abermals mit an die imaginäre Straßenecke, auch wenn die Bleispritze in der Realität längst Büro und Schreibtisch weichen musste.

Jay-Z fand zurück zu alter Unbescheidenheit. Da landete der Beach-chair vorerst wieder auf dem Dachboden und die Trekkingsandalen wurden auch eingemottet. Chris Martin musste dieses Mal zu Hause bleiben, stattdessen galt es zum dritten Mal eine Blaupause für Rap zu zeichnen. Nebenbei wurde noch der Kollege Autotune um die Ecke gebracht, denn dafür fehlte Hova altersbedingt dann doch das Verständnis. Gut so.

Eminem ging mit uns auf Entzug und auch wenn die Kritiker wie so oft die fehlende Weiterentwicklung bemängelten, wurde es doch die erfolgreichste Platte des Jahres.

Lediglich Ghostface versuchte sich an einer altersgerechten inhaltlichen Neuorientierung. Der Ironman macht R´n`B hieß es da Mitte des Jahres. Herausgekommen ist ein souliges Rap Album mit einigen Gesangsfeatures, auf dem ausnahmsweise nicht über Crack gerappt wird.

Es gibt schlimmeres. Bleibt also abzuwarten ob und vor allen Dingen wann die jungen Wilden die Alteingesessenen dann doch noch aus der Chefetage vertreiben können. (Sebastian)

Ein weiteres Detox-Wartejahr

Es gibt Dinge, deren Existenz ist man sich nicht sicher. Zwar werden ab und an Informationen gestreut, die alle Zweifler für kurze Zeit zum Schweigen bringen, nichtsdestotrotz siedelt man das Ganze dann doch eher im Bereich der Mythen und Sagen an. So verhält es sich bei Außerirdischen und, leider Gottes muss man das jetzt mal ganz hart so sagen, auch bei „Detox„.

Das Album, das Dr. Dre schon seit gefühlten Jahrzehnten ankündigt, befand sich in diesem Jahr angeblich schon mehrere Male kurz vor der Fertigstellung, aus diversen unfassbar wichtigen Gründen, wurde der Veröffentlichungstermin allerdings wieder einmal nach hinten terminiert und das tatsächliche Releasedatum steht nach wie vor in den Sternen.

Vielleicht erscheint das epische Meisterwerk, das es mittlerweile mindestens werden muss, um die Erwartungen der Weltöffentlichkeit zu erfüllen, im kommenden Jahr. Vielleicht aber auch, und das ist, was wir manchmal glauben: Nie. (Lisa)