Jahresrückblick 2009

Diddy – eine neue Ikone am Homeshopping Himmel

Eine weitere schillernde Persönlichkeit in diesem Jahr (und eigentlich sowieso immer) war der gute, alte Diddy. Egal ob als James Bond-Anwärter, Möchtergern-Adoptivkind von Barack Obama oder Homeshopping-Rekordverkäufer: Der Multimillionär kann einfach alles. Wer sonst kann von sich behaupten, sich für sein Parfum von seinem eigenen Atem inspirieren zu lassen? Wir applaudieren und freuen uns auf weitere abstruse Geschichten von und mit Sean Combs, dem Mann der tausend Namen.

(Lisa)

Rap, der kein Rap mehr sein will – ich mach jetzt eher so Elektro!

2009 ist definitiv auch das Jahr, in dem man öffentlich angefangen hat, Rap zu verleugnen. Was im letzten und vorletzten Jahr noch als mutiger Schritt raus aus der angestammten Szene und notwendiger Blick über den Tellerrand gegolten hat, ist in diesem Jahr zum Trend verkommen und hat mit „MAS Techno“ einen bizarren Höhepunkt erreicht.

Für den Satz „Ääähm also mit Rap hab ich jetzt nicht mehr so viel am Hut, ich mach jetzt eher so Elektro“ sollte man eigentlich aufs Maul bekommen. Gleiches gilt für die Sätze wie „Ich mach jetzt eher so Singer Songwriter Sachen“ oder ganz ekelig „Ich mach jetzt Musik für Erwachsene“. Entschuldigt bitte! Wenn Ihr Eure Kunst, die Ihr jahrelang gemacht habt, für so scheiße haltet, dass sie einem „erwachsenen“ Publikum nicht gerecht wird, dann frage ich mich wirklich, was Ihr da die ganzen Jahre für eine Scheiße produziert habt.

Weder kann ich mit dem Begriff Kunst für Erwachsene was anfangen, noch mit der Einstellung ab einem Alter von 30 Jahren muss die Wende geschafft sein. Vom einfachen Hip Hop Head zum Bankangestellten, dem die Baggies von früher zu peinlich sind. Vom einstigen Rapper zum Bigbandleader, weil man jetzt mal „richtige“ Musik machen will.

Wenn Ihr wirklich so von Eurer Kultur denkt, dann ist es auch kein Wunder, dass sich hier, künstlerisch, so gar nichts entwickelt!

Natürlich ist Hip Hop zu 90% die Lizenz zum blöd sein, aber immerhin ist es nach wie vor eine der vitalsten und reichsten Kulturen der modernen Popgeschichte und definitiv keine Kultur, für die man sich schämen muss, auch wenn ich da selbst manchmal meine Probleme damit habe. Die Versuche, sich aber seiner Vergangenheit zu entledigen und jetzt mal „was ganz anderes“ zu machen, waren allesamt grausam und schlichtweg ekelhaft.

Die Gegenreaktion ließ  dann acuh nicht lange auf sich warten. „Ich bin auf dem Rapfilm hängen geblieben“ textete Savas und auch Fler und andere Rapper der alten, mittleren und neuern Schule verteidigten die alten Werte. Leider kam das alles aber so lahm, ausgelaugt und uninspiriert, genau so wie ein abgehalfterter Wanderlei Silva in seinen letzten Kämpfen. Da war mal was. Das hatte mal was. Das war mal richtig gut. Heute wirkt das alles aber wie ein Schatten seiner selbst.

Doch wenn die Nacht am tiefsten ist, dann ist der Tag am nächsten.“, das wusste schon Rio Reiser, der sich wahrscheinlich damals auch ein bisschen für seine Szene geschämt hat. Zumindest könnte man sich das beim Anschauen des folgenden Videodokuments denken. Open Mic für alle!

(staiger)

Hipster Rap

Hipster Rap – neben TripHop das einzige mir bekannte Subgenre, dem sich partout niemand zugehörig fühlen will – hat in 2009 seinen endgültigen Durchbruch erlebt. Der traurige Kid Cudi, Mädchenschwarm Drake, ein gereifter Wale und leider auch der nervige Asher Roth haben gezeigt, wie man den Bloghype in Verkaufszahlen und gut besuchte Konzerte ummünzt. Währenddessen hat sich der Moses des Hipster Rap, Kanyeezee, auf dem Jigga-Album wieder eher klassischen Tönen zugewandt, was sicherlich (und hoffentlich) nicht sein letztes Wort in Sound- und Stilfragen war. Schade nur, dass es um die noch vor einem Jahr so heiß begehrten Cool Kids sowie um den talentierten Mr. Mickey Factz und den anscheinend unter Depressionen leidenden Charles Hamilton (das schon legendäre Video, wo der Musiker von einer Frau geschlagen wird, zeigen wir euch natürlich auch) etwas ruhiger geworden ist – 2010 könnte dafür endlich deren Jahr werden.

Und mal kucken, was von ebenso vielversprechenden Typen wie XV, Theophilus London oder auch dem eigentlich bereits etablierten Lupe Fiasco noch so alles kommt… (Oliver Marquart)