Phlatline Russia

Flashback ’96: Eine kleine Gruppe passionierter HipHop-Junkies entschließt sich, ein Festival zu organisieren, welches die deutsche HipHop-Szene entscheidend prägt und wenige Jahre später zu Europas HipHop-Festival Nummer Eins werden soll. Der Name: splash!  

Das Jahr ’05: Eine kleine Gruppe passionierter HipHop-Junkies entschließt sich, ein Festival zu organisieren, welches die russische HipHop-Szene endlich vereint und schon nach dem ersten Jahr Russlands HipHop-Festival Nummer Eins ist. Der Name: splash! In Russia.  

Würde man heute die sympathischen Jungs aus Chemnitz fragen, ob sie sich in ihren wildesten Träumen eine solche Expansion vorgestellt haben, dürfte man wohl mit einem klaren „Nein“ rechnen. Und auch die drei Russland-Repräsentanten, Michi, Valera und Dima sind noch immer ein wenig überrascht, was genau sie in Russland losgetreten haben. Hatern und Zweiflern zum Trotz bewiesen sie allen, dass das splash! auch in der früheren Sowjetunion nichts an Gültigkeit verliert und sind bereit für den nächsten Schritt. In diesem Interview geben die drei uns einen Einblick in die russische HipHop Szene und offenbaren uns, was in den folgenden Jahren ansteht.  You can call it next level shit!

rap.de: Stellt euch bitte kurz vor: Was macht ihr? Wo kommt ihr her? Was habt ihr für einen Hintergrund?  

Valera: Ich bin Valera, 24 Jahre, komme aus Moskau. Wir repräsentieren hier seit einem Jahr Phlatline.  

Michi: Ich bin Michi, stamme aus Chemnitz, wo auch das Label Phaltline und das Splash Festival her kommt. Durch Valera habe ich mit Breakdance angefangen, kam dann auch in Kontakt mit HipHop. 2002 traten Tefla und Jaleel in Moskau auf. Nach ihrem Auftritt haben wir uns mit ihnen bekannt gemacht. Eines kam dann zum Anderen und nun repräsentieren wir Phaltline in Russland.  

Dima: Ich bin Dima. Ich bin eigentlich schon ein alter Mann, denn ich bin 30. Ich hatte früher gebreakt, als das hier alles noch im Anfang war. Letztes Jahr habe ich Valera und Michi kennen gelernt, bei der Club-Eröffnung des R’n’B-Klubs „B-Club“ Nach einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Jungs und Phaltline kam ich zu der Überlegung, mit ihnen gemeinsam etwas aufzubauen, da eine Menge erfolgreiche Projekte realisiert wurden. Vor allem wurden die Dinge auch beendet, was Russland-untypisch ist, weil hier meist auf halben Weg gesehen wird, dass diverse Dinge doch nicht funktionieren. Man überlegte also, einen Schritt weiter zu gehen und durch diese erfolgreichen Projekte „zwangen“ sie mich praktisch dazu, unsere Kräfte zu vereinen. Der Plan ist also, nach dem „Splash!“ weiter zu machen und weitere Projekte im HipHop-Bereich zu organisieren.  

rap.de: Michi und Valera, wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?  

Michi: Wir kennen uns schon eine Weile und sind sehr gut befreundet. Es kam so, dass Valera eine Breakdance-AG in der Deutschen Schule Moskau leitete. Ich dolmetsche die ganze Sache. Dadurch wurde mein Interesse zu Breakdance geweckt. Es entwickelte sich eine Freundschaft und nach mehreren gemeinsamen Auftritten merkten wir irgendwann, dass man auch einen Schritt weiter gehen kann, sprich: Auch zusammen arbeiten.   

rap.de: Wie genau kam der Kontakt zu Phaltline und Splash Ent. zustande? 

Michi: 2002 traten Tefla und Jaleel in Moskau und Petersburg auf. Eine Woche nach ihrem Auftritt in Moskau, entschlossen Valera und ich uns dazu, den Jungs eine Mail zu schicken. Wir schrieben ihnen, dass ich auch aus Chemnitz bin und wir gerne Mal dort tanzen würden. Generell einfach mal mit den Jungs reden, sich austauschen. Damals dachten wir nicht im Traum daran, dass sich das hier alles daraus entwickeln würde. Nachdem wir uns also mit den Jungs bekannt gemacht hatten, kam uns der Gedanke, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Die Idee war, dem russischen HipHop europäischen HipHop näher zu bringen und zu zeigen, auf was für einem Niveau sich Europa bewegt.  

Valera: So organisierten wir also mehrere kleine Partys, auf denen auch DJ Tactics spielte, ein DJ von der Flameable Family, die sehr angesehen in Moskau sind. Damals waren sie noch nicht so bekannt, wie sie es heute sind. Wir haben sie also ein wenig gepusht. Die ersten Projekte waren nur mit russischen DJs. Irgendwann merkten wir dann, dass das ganz gut läuft und brachten über das Goethe-Institut  DJ Jaleel nach Moskau.  

Michi: Der war dann auch recht begeistert. Im selben Sommer machten wir beide ein Prakikum bei Splash Entertainment. Im Oktober 2004 luden wir das Phlatline Club Movement“ ein, welches dann bei mehreren Veranstaltungen spielte. So entstand auch die Idee, eine kleine Version des Splash zu organisieren. Tefla und Jaleel unterstützten diese Idee, da auch sie davon überzeugt waren, dass man das realisieren könne. Die beiden haben den Jungs in Deutschland von der Idee, den Splash in Russland zu organisieren erzählt. Tefla und Jaleel standen von Anfang an hinter uns, denn sie sahen in uns etwas, was auch sie ’96 gefühlt hatten, als sie anfingen. Den Traum Vieles und Gutes zu erreichen.  

rap.de: Wie hat denn das Splash Ent. reagiert, als sie von euren Plänen erfuhren? Ist ja nicht unbedingt alltäglich, dass jemand das Splash in Russland organisieren will.  

Valera: Es begann alles folgendermaßen: Anfangs wurde hier der „Write 4 Gold“ Contest veranstaltet. Die Jungs, die hier gewonnen hatten konnten aber nicht nach Deutschland fahren, weil es Probleme seitens der russischen Organisation gab. Schließlich haben Michi und ich ihnen geholfen, nach Deutschland zu kommen, denn Michi war zu diesem Zeitpunkt gerade in Chemnitz und ich eben in Moskau. Wir nahmen all unsere Kontakte zusammen, wodurch die Jungs zum Splash konnten und dort dann auch den dritten Platz machten. Danach kamen die deutschen Organisatoren des „Write 4 Gold“ auf uns zu und fragten uns, ob wir nicht selbst den „Write 4 Gold“ Contest in Russland organisieren wollen, da wir so erfolgreich gearbeitet hatten. Wir waren auf jeden Fall positiv überrascht und nahmen an, denn wir dachten uns, dass es nicht so schwer sein kann, einen Contest zu organisieren und die Gewinner dann auch nach Deutschland zu schicken. Wir wollten auch Tefla und Jaleel holen, um eben eine kleinen Event daraus zu machen. Also fingen wir an, uns nach einem geeigneten Ort umzuschauen und fanden den Skatepark „Adrenalin“. Als wir so davor standen und diese riesige Fläche sahen, war uns bewusst, dass ein Graffiti Contest allein völlig untergehen würde. Wir überlegten uns, dass wenn es da schon einen Skatepark gibt, man  auch einen Skatecontest einbinden könnte. Die Möglichkeit zu breaken bestand auch, somit wurden uns dann klar, in welcher Größenordnung das verlaufen sollte. Anfangs wollten wir die ganze Sache auch nicht „Splash!“ nennen, sondern waren generell am Überlegen, wie man das hier gut vermarkten könnte. Als wir uns dann an das Konzept machten, merkten wir, dass wir das Rad nicht neu erfinden müssen. Wenn wir schon das „Write 4 Gold“ veranstalten, wäre es ja optimal, auch unsere russichen Breaker und Skater zu präsentieren. An Rap dachten wir auch, nur glaubten wir, dass es dafür noch ein wenig zu früh sein würde. Letztlich hat ja dann auch alles geklappt.  

 

 

Michi:Splash!“-Entertainment in Deutschland haben dieses Projekt auch unterstütz. Sie gaben uns ja immerhin den Namen, halfen uns beim Booking, eigentlich bei allem. Und sie halfen uns, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.  

rap.de: Mussten sie lange überredet werden?  

Michi: Nee, eigentlich nicht. Tefla war der Erste, der in Deutschland unsere Idee präsentierte und als ich dort anrief, war das schon alles geklärt. Wir suchten eigentlich nur noch nach einem Namen. „Splashmeets Russia“, „Spalsh! Goes Russia“…wir überlegten eigentlich nur, welches das Bindewort zwischen „Splash!“ und Russia sein wird.    

Valera: Die Idee hinter dem „Splash!“ hier war, dass das Festival ein Weg nach Europa ist, denn der russische Rap, egal ob es Breakdance, Graffiti, oder das Rappen ist, unterscheidet sich komplett von dem, was in Europa passiert. Hier ist auch alles irgendwie zerschlagen. Es gibt keine einheitliche Szene, sondern  sind die Breaker unter sich, die Maler unter sich und die Rapper unter sich. Wir haben versucht, das hier alles zu verbinden. Es hat funktioniert und dafür sind wir dem „Splash!“ in Deutschland auch dankbar, denn dieses Konzept braucht man hier in Russland. Davor war es jahrelang unmöglich etwas in dieser Größenordnung zu realisieren. Aber Deutschland hat uns als Beispiel gedient und gezeigt, dass man es genau so machen muss und es anders auch nicht geht.