Denyo

 

rap.de: Ich meine das gar nicht negativ. Ich meine eher, dass du die Gelegenheit beim Schopfe packst und dich gibst, wie im „Normalfall“ vielleicht nicht möglich ist?

Denyo: Klar, ich bin nicht immer hundertprozentig das, was ich wirklich bin, sondern natürlich auch mal das, was ich gern sein will. Wenn ich aber z.B. über andere Musik urteile, nehme ich mir das Recht raus, auch mal etwas einfach Scheiße zu finden. Genauso, wie sich auch alle möglichen Leute das Recht rausnehmen, meine Musik Scheiße zu finden. Ganz normal. Da kann man schon mal sagen, dass es Sachen gibt, die mich echt ankotzen. Das muss man auch mal aussprechen. Aber ansonsten ist der Track „The Denyos“ eigentlich dazu da, zu sagen, dass ich eine Band bin, und letzten Endes auf dem Album auch wie eine Band gesehen werden will und nicht nur als MC. Ich werde vielleicht auch noch mal ein Album machen, auf dem ich ein MC bin und mir dann die Beats picke. Das würde mich auch reizen. Aber das habe ich auf diesem Album nicht gemacht. Dadurch habe ich die Kontrolle über und für alles übernommen. Ich mag auch diese ganzen „The“-Bands gerne. Ich finde die cool. Dann hatte ich auch noch so ein rockiges Sample und dachte ich mir, dass ich mich da mal heran mache. Ich hätte auch mal Bock, ein Album zu machen, was nur zwanzig Minuten lang ist, wie bei diesen ganzen „The“-Bands, wo dann aber auch jeder Track knallt. Aber das kannst du bei Rap einfach nicht bringen Wenn du ein Album hast, wo nur zehn Tracks drauf sind und jeder nur zwei Minuten lang ist, gucken dann die Kiddis doof: „Öh, Scheiße. Hier sind ja nur zehn Tracks drauf. Oar, zwanzig Minuten nur. Aber 50Cent: 85 Tracks, zweieinhalb Stunden. Da hol ich mir lieber 50 Cent“. Das find ich auch ein wenig schade. Bei mir ist es genau anders herum. Beim Cam’Ron-Album z.B., welches vierundzwanzig Tracks hat, werde ich erstmal skeptisch, ob jeder Track auch wirklich cool ist. Und dann skip ich da durch und merke, dass es auf zehn bis zwölf Tracks reduziert, geiler gewesen wäre. Oder das „Blueprint 2.0“-Album von Jay-Z. Das ist das einzige Album von Jay-Z, das ich nicht cool finde. Das sind alles Alben, auf denen zuviel drauf ist. Aber irgendwie ist es bei den Kiddis anders herum. Die kucken schon, dass denen etwas geboten wird, aber eben nicht qualitativ, sondern quantitativ.

rap.de: Viele Kritiken über die „Minidisco“, hatten denselben O-Ton: Nämlich, dass du allein mit deinem Flow auf Dauer zu monoton wirkst. Auf „Minidisco“ hattest du nun noch Features. Auf „The Denyos“ sind gar keine Features mehr. Dachtest du dir so etwas wie: Und jetzt erst recht? 

Denyo: (lacht) Nein, überhaupt nicht. Ich reagiere überhaupt gar nicht. Es ist eher so, wie es in der Juice steht, dass ich so tue, als ob ich noch gar kein Album gemacht habe. Das ist gar nicht deswegen, weil ich „Minidisco“ nicht cool finde, sondern weil „Minidisco“ einfach in eine andere Zeit gehört. Eine Zeit, die viel mehr mit den Beginnern zu tun hatte und auch eine Antwort auf unseren Erfolg war. Und auch die Kehrseite des Erfolges. Sagen wir einfach mal: In jeglicher Hinsicht – sowohl von den Verkaufszahlen, als auch vom Style her. Das hat also auch ganz viel damit zu tun. Mit dem, was ich jetzt mache, mein ich. Mich als Solo-Künstler zu etablieren, was ich vorher einfach nie gemacht hab. Ich war immer in einer Band – vierzehn Jahre lang -, und starte jetzt ein Solo-Ding. Daher reagiere ich in keinster Weise auf das, was damals passiert ist. Bei „Ain’t No Punchline When He’s Gone“ sag ich: „Ich bin gefloppt wie Opel und Karstadt / diesmal gibt es einen höheren Chartplatz“. Das ist aber auch das einzige mal, wo ich ein bisschen darauf eingehe. Ansonsten kommt „Minidisco“ nicht vor. Besonders nicht die Reaktionen von damals darauf, die teilweise wirklich schwachsinnig waren. Ich habe die Platte dieses Mal ohne Features gemacht, weil sich das auch einfach nicht ergeben hat. Ich habe schon soviel gemacht, mit den alten Hasen. Und die neuen kenne ich nicht gut genug, als dass ich sagen könnte, dass ich sie auf meinem Album haben will. Dann findest du sie vom Flow her vielleicht cool, aber ein Jahr später merkst du, dass die Person total scheiße ist, und du hast sie auf deinem Album. Das ist Kacke! Deswegen habe ich das nicht gemacht, sondern hab nur eine Sängerin, Ms. Marx dabei. Ich habe aber dafür gesorgt, dass der Flow sehr abwechslungsreich ist. Es ist auf jeden Fall Denyo at it’s best, in allen möglichen Variationen und Flow-Formen. Das werden die Leute, die das Album kaufen, auch zu schätzen wissen.