Gab es während oder nach den Kämpfen Ehrenkodizes an die man sich hielt? Wie äußerten sie sich?
Regeln direkt gab es nicht. Das war unausgesprochen – zum großen Teil war Schluss, wenn der Gegner am Boden lag. Und zu 80% wurde ohne Waffen gekämpft. Wir wurden da alle durch den Osten geprägt – sind da groß geworden. In der DDR stand immer Sport im Fokus – mit diesem Anteil an Fairness, dem Gegner gegenüber. Das wurde zum Teil übertragen. Was auch sehr, sehr gut ist, wenn dein Feind Stahlstiefel anhat. (lacht)
Lass uns nochmal einen Blick zurückwerfen. Wie bist du zu HipHop gekommen?
Der spätere Anführer unserer Gang, J.G. (Name gekürzt), der leider verstorben ist, ist damals mit einem Kassettenrecorder auf dem Schulhof erschienen.
Du musst dir das so vorstellen: Der kam an mit seinem Ghettoblaster auf der Schulter, ist cool über den Schulhof geschlendert, wir haben alle hingeschaut und hatte keine Ahnung, was das für ’ne Mucke ist. Das war 2 Live Crew – fand ich sofort richtig geil.
Es lief „Me so horny“ – das hat er volle Pulle aufgedreht. Das war für mich der erste Kontakt mit Rapmusik. Danach hat sich dieses HipHop-Ding bei mir und meinen Freunden wie ein Lauffeuer verbreitet.
Danach kam der Film „Colors – Farben der Gewalt“ von 1988 mit Sean Penn. Ein Freund von mir hatte den. Der handelt von dem Konflikt zwischen den Crips und Bloods in Amerika. Wir haben uns den angeschaut und uns gesagt – „Ok, wir sind jetzt die Crips. Wir binden uns die blauen Tücher um – das soll jetzt unser Name sein.“ (lacht)
Also wurdet ihr durch den Film inspiriert.
Absolut. Da hatten wir einige Sprüche draus. So spanische. Ehrlich gesagt wussten wir damals gar nicht, was die Sprüche bedeuten, aber wir haben sie damals gebracht: „Espre Mero Man! – sieh dir diese Wumme an!“ (lacht) Jeder meiner Jungs kannte den. Daraus kam das. Da kam das Interesse her.
Public Enemy haben wir auch geliebt. Die haben sich für die Rechte der schwarzen Bevölkerung eingesetzt. Das war damals der Staatsfeind Nummer Eins – die haben in den Staaten eine Revolte angeführt. Das hat uns fasziniert.
Wart ihr euch damals schon über das, was in den Staaten vor sich geht, bewusst?
Ja, man muss sich vorstellen – bei uns gab es ein paar, die das Thema sehr ernst nahmen. Ein Freund von mir, S.K. (Name gekürzt), der hat sich intensiv mit der Musik und den Umständen beschäftigt und uns das dann erzählt. Der Großteil hat sich aber für die Musik und dieses Gang-Ding mit seinem dazugehörenden Lifestyle interessiert.