Tua – Raus aus allen Schubladen

rap.de: Das klingt ja fast, als ob du die Orsons machst, um Tua zu finanzieren, der dann seine Schwarz-Weiß-Scheiße macht.

Tua: Genau (lacht). Nee, so ist es natürlich nicht. Ich verdiene auch als Tua Geld, so ist das nicht. Aber natürlich ist mit den Orsons der große Erfolg sehr viel näher als mit Tua. Das ist sicher ein Argument, bei den Orsons zu sein. Aber wenn es nur das wäre, würde ich es nicht machen. Es geht schon darüber hinaus. Ich bin keine Nutte, dann würde ich lieber arbeiten gehen. Ich bin auch froh, mich einfach mal locker machen zu können. Einfach eine andere Art von Mucke zu machen. Eine andere Art von Mucke zu machen, ohne mich als Tua krass zu verbiegen. Um das zu verdeutlichen, könnte ich mir bei den Orsons auch einen anderen Künstlernamen geben. Ist natürlich Blödsinn, weil jeder weiß, dass ich das bin, da brauche ich mich bei den Orsons nicht Aut zu nennen oder irgendeinen Scheiß, Rolf One oder Otto One. Aber in meinem Kopf exisitiert das nebeneinander, als wären es zwei komplett verschiedene Welten. Ich habe echt schon überlegt, ob ich in einem der beiden Projekte den Namen Tua sterben lasse. Aber ich fände das auch albern, es weiß ja jeder, wer es ist. Es sind jedenfalls zwei komplett unterschiedliche Sachen, die mir beide Spaß machen.

rap.de: Und von Universal habt ihr jetzt ein megafettes Millionenbudget bekommen und schließt euch zwei Monate ein, um euer Hitalbum aufzunehmen?

Tua: Nee, wir schließen uns zwei Monate ein und nehmen nur Kokain zu uns und machen keinen einzigen Song (grinst). Nee. Wir haben schon ein bisschen Kohle, aber wir arbeiten auch schon hundert Jahre an dem Album. Wir kommen immer wieder zusammen, in diversen Städten Europas…

rap.de: Das klingt gut.

Tua: Ja, tatsächlich. Wir waren schon in Prag. Das ist eine geile Stadt, Alter, Wahnsinn.

rap.de: In deinen Produktionen stecken sehr viel Details. Viele hören das wahrscheinlich gar nicht raus, die wissen nicht, dass du achtzig verschiedene Samples für eine kurze Stelle zusammengeschnitten hast. Du bist schon voll der Frickler, oder?

Tua: Guck mal, das ist wieder so ein Punkt, der eine HipHop-Krankheit ist: Dass man unterscheidet zwischen dem Beat und dem Text. Das ist so typisch HipHop, dass man sagt, das sind zwei verschiedene Bereiche. Aber für mich ist es das nicht. Diese ganzen Frequenz-Geschichten, wenn ich die Bassdrum so mache, das genug Raum für den Bass bleibt – das spielt alles für mich genauso eine Rolle wie für einen Rapper, wo er den Einstieg setzt.  Ich möchte, dass man Tua einfach als diesen fertigen Song versteht. Ich bin nicht jemand, der einen Teil des Songs gemacht hat, sondern dieser Song bin ich. Mit der Produktion, mit dem Textinhalt und wie immer der auch rübergebracht wird, gesungen, gerappt oder gefurzt. Deswegen ist für mich die Produktion und das technische Knowledge genau so wichtig wie textliche Skills sind. Und daher kann man mich vielleicht Frickler nennen, aber letztendlich nennt auch niemand Kool Savas Frickler, nur weil der richtig viel auf seinen Flow, seine Inhalte und seinen Text achtet. Meine Skills als Musiker, mich da voranzuarbeiten, um zu wachsen und besser zu werden, bis man versteht, dass bei mir der Gesamtsong zählt – darum geht es mir.

rap.de: Arbeitest du schon an neuen Sachen? Auf "Raus" sind ja einige ältere Stücke dabei, hast du vor dem Interview gesagt.

Tua: Aber die sind nicht älter, das darf man nicht falsch verstehen. Die sind schon sehr aktuell. Die Ideen dazu sind einfach älter. Die Idee zu dem "Babylon"-Ding etwa, die Vocals, die da drauf sind, habe ich schon vor ein paar Jahren zusammengeschnitten. Und dann habe ich den Song etwa sechshundertmal geremixt, bis er da war, wo ich ihn haben wollte. Deswegen sind die schon aktuell, aber nicht alle Ideen sind in den letzten drei Monaten entstanden. An neuen Sachen arbeite ich jetzt erstmal nicht, wenn das "Raus"-Ding vorbei ist, ist auch Tua erstmal eine Runde vorbei. Und dann mache ich mich ganz locker und mache die Orsons. Ich werde sicher auch nebenher auf Tour arbeiten, aber dieses Jahr ist eine andere Priorität und das will ich auch so nehmen. Dann wird einfach megaviel auf Tour gegangen, megaviel gemacht und dann schaue ich mal, wie wir am Ende des Jahres dastehen.

rap.de: Das heißt, einen Ausblick auf weitere Tua-Werke gibt es noch nicht?

Tua: Nee, ich will auch aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Denn ich will nie wieder, dass es so einen "Graue Musik"-Arbeitstitel gibt, der drei Jahre lang durch die Medien schwirrt. Dann lieber nichts sagen und irgendwann um die Ecke kommen und sagen, Jungs, in zwei Wochen kommt es. Irgendwann habe ich mal gesagt, ich hätte voll Bock, mal einen Roman zu schreiben. Bamm, auf einmal fragen mich immer wieder Leute, was geht mit deinem Roman, was geht mit deinem Roman? Fuck, Alter, warum habe ich das gesagt?

rap.de: Und wie weit bist du mit deinem Roman?

Tua: (lacht) Achthundert Seiten. Nee, ich schreibe wirklich nicht an einem Roman. Das kann man hier mal dementieren. Das war kurzzeitig ein Flash. Vielleicht mache ich es auch irgendwann mal. Aber Vielleicht"-Projekte gibt es einige. Zum Beispiel, relativ greifbar, ein Pianoding, ich habe ja immer ein Pianostück auf jedem Album, so was vielleicht mal als EP zu machen. Dann irgendwas zu schreiben, etwas in Amführungszeichen literarisches, ich habe seit "Grau" auch immer Prosazeug in den Booklets der CDs drin, ich mache so was nebenher. Aber diese ganzen Sachen sind so unkonkret, ich könnte nicht sagen, das mache ich dann und dann.

rap.de: Sind Filme auch ein "Vielleicht"-Projekt von dir?

Tua: Aber ich bin der schlechteste Schauspieler der Welt.

rap.de: Es muss ja nicht vor der Kamera sein, du könntest ja auch Regie führen.

Tua: Nee, habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht – zumindest nichts, was ich jetzt hier auf Band sage.