Hirntot

Hausdurchsuchungen, Anklagen und Verurteilungen. Deutscher Rap am Pranger. Auch wenn die Rapper von Hirntot Records nicht jeden Geschmack treffen, so mutet der Kampf der Berliner Staatsanwaltschaft gegen einschlägig bekannte Künstler doch manchmal wie eine Privatfehde oder ein heiliger Kreuzzug der Bürgerlichkeit gegen das Böse an.
Wir sprachen mit Schwartz und Blokkmonsta über künstlerische Freiheit und die Beweggründe, warum man auf einer Party steht und all den Plastikfressen am liebsten in die Fresse schlagen würde. Eine Reise in die Abgründe des menschlichen Geistes.     

 

rap.de: So, jede Menge Aktenordner. Das steht drauf "Paragraph 131“ und "BPjM“. Beides in einem Ordner. Wobei "BPjM“ ja nicht unbedingt dasselbe ist wie "Paragraph 131".

Schwartz: Nee, aber das ist ja in einem fließenden Übergang. Weil in dem Augenblick, in dem etwas von der Bundesprüfstelle auf Liste B gesetzt wird, geht es ja an die Polizei weiter.

rap.de: Was heißt Liste B?  

Blokkmonsta: Ab da wird etwas bundesweit beschlagnahmt. Wenn etwas auf Liste B gesetzt wird, ist es strafrechtlich relevant. Das wird an die Polizei weiter geleitet und die ermitteln dann. Nach eigenem Ermessen können die dann auch noch eine Hausdurchsuchung machen.

rap.de: Was heißt "strafrechtlich relevant“ in eurem Fall? Was wird euch vorgeworfen?

Blokkmonsta: Gewaltdarstellung und noch schlimmer: Volksverhetzung.

Schwartz: In "Fick Die BPjM haben die uns ja vorgeworfen, wir hätten zu "geistiger Brandstiftung“ aufgerufen.

rap.de: Habt ihr auch Anwälte oder leistet ihr euch das nicht?

Schwartz: Nee, wir müssen ja, das geht nicht anders. Blokkmonsta hat einen festen Anwalt und ich muss mir noch einen für diesen "Friss Oder Stirb“-Fall holen. Ich habe ja vorher noch in Düsseldorf gewohnt.

rap.de: Und Dein fester Anwalt, freut der sich eigentlich? "Ah, Herr Blokkmonsta, schön sie zu sehen!“? 

Blokkmonsta: Ja, der ist voll der Atze. Der will die CDs haben und will dann immer noch ein paar mehr CDs, weil er die mit seinen Freunden beim Grillen gehört hat. Natürlich nur die legalen. Der ist der Über-Atze!

Schwartz: Aber das ist ja dann auch die Frage: Ab wann ist etwas illegal? Wenn wir ein Album machen, dann sagen wir ja nicht, okay, das verstößt jetzt gegen den und den Paragraphen und darauf legen wir es an. Wir machen ein Album und das wird nachher entschieden, ob das jetzt illegal ist oder nicht.

Bei "Friss Oder Stirb“ haben wir uns ja auch richtig Gedanken darüber gemacht, was wir sagen dürfen oder nicht. Und es ist im Dezember trotzdem eingesackt worden.
Wir sagen ja selbst, dass die ersten "Hirntot-Sachen übertrieben waren, auch das mit der Monika Griefahn, das war nicht in Ordnung, aber wenn dann die neueren Sachen eingesackt werden, fragen wir uns schon, ob das nicht einfach Willkür ist?

rap.de: Glaubst Du, dass es mittlerweile so ist, egal was ihr macht, generell wird trotzdem gegen euch vorgegangen?

Schwartz: Auf jeden Fall haben die uns im Visier.

Blokkmonsta: Das hat Herr Staatsanwalt Schulz-Spirohn ja auch während einer Verhandlungspause zu mir gesagt. Der kam zu mir und meinte, "Ich habe gehört, Sie haben da ein neues Album rausgebracht, ich werde mir das mal genauer angucken, ich werde mir jedes Album, dass sie neu rausbringen mal genauer angucken. Bei Ihren alten Sachen kann ich nichts machen, aber wenn wir jetzt was finden, dann wird ihre Bewährung auch ganz schnell aufgehoben sein!“

rap.de: Wegen was bist Du jetzt ganz konkret zu welcher Strafe verurteilt worden?

Blokkmonsta: Jetzt nur im Bezug auf Musik?

rap.de: Erstmal schon, ja, obwohl dass da ja auch immer ein bisschen mit reinspielt. Beim Frauenarzt Prozess hat sich das ja auch günstig ausgewirkt, dass der vorher noch nicht anderweitig Ärger mit dem Gesetz hatte. Deshalb war das Gericht ja auch nachsichtig.

Blokkmonsta: Nachsichtig? 8.000 Euro? Wegen ein paar Porno-Raps? Auf YouPorn kannst du dir den ganzen Tag irgendwelche komische Pornos angucken.

Schwartz: Es ist nur Musik. Niemand wird dadurch verletzt!

Blokkmonsta: Es gibt ja keine Studie, die belegt, dass jemand durch Musik zu Schaden gekommen ist. Die sollen mir mal eine Studie vorlegen, die das beweist und dann können wir darüber reden. Dieser Schulz-Spirohn, der davon redet, dass Leute in Brennpunkt-Bezirken wie Neukölln diese Texte ernstnehmen. Was will der denn damit sagen? Dass die keine Bildung haben und nicht auf die Texte klar kommen?
Im Endeffekt macht er doch damit genau das gleiche, was er uns vorwirft! Das ist Volksverhetzung gegen die Neuköllner. Der will doch jetzt nicht damit sagen, dass die Zehlendorfer schlauer sind als die Neuköllner!