Hirntot

rap.de: Okay, aber du hattest den Hass ja schon vorher, bevor die Hausdurchsungen bei Dir gemacht haben.

Schwartz: Ja sicher hatt ich den Hass schon vorher. Aber ja gut: Was treibt einen an? Es macht Spaß. Es ist lustig. es ist lustig, sich auszudenken…

Blokkmonsta: Es ist ja nicht so, dass wir dasitzen und Hass haben und sagen: Wir müssen jemanden umbringen. Das ist Entertainment. Warum gibt’s denn diese Filme?

Schwartz: Man weiß ja auch: Sex und Gewalt, darauf fahren alle Leute ab. Jede Werbung ist mit einer nackten Frau versehen und wenn die "Bild"-Zeitung mal einen richtig coolen Aufmacher will, zeigt sie die Leichen von den Söhnen von Saddam Hussein im Großformat.
Wenn irgendwo Blut spritzt und Knochen fliegen, das finden alle geil, da gucken alle hin. Bei jedem Unfall auf der Straße fahren die Leute langsamer, weil die sehen wollen, ob da irgendjemand zerteilt worden ist.

Blokkmonsta: Für viele ist das ja auch so ein Ersatz. Die können das hören, was sie selbst nicht machen können. Die denken sich "Hey, ich bin auf der Schule, ich muss so ein braver Junge sein, muss meine Ausbildung machen, muss dies und dies machen. Ich darf gar keine Scheiße bauen!“ Aber in der Musik kann mir fiktiv vorstellen: "Ich geh jetzt mit den Jungs rum, Leute abziehen“ oder sonst irgendwas. Die stellen sich das einfach vor und das ist für diese Zeit, die sie das hören ihr eigener Film im Kopf. Danach machen die aus und lernen ihre Hausaufgaben und machen ihren Abschluss.

rap.de: Lebst Du Dein Leben auch so, dass Du Dein normales Leben lebst und dann gehst du für zwei Stunden in die Kammer machst da Deine Texte und lebst in dieser fiktiven Welt?

Schwartz: Wir machen das gleiche, was ein Schauspieler auch macht. Wenn der in seine Rolle reingeht, dann geht der auch mit seinem ganzen Gefühl da rein. Wenn jemand einen Psychopathen spielen will, dann ist er das auch in seinem Film, für die Zeit, in der gedreht wird.
Wenn wir einen Track machen, in dem wir übelst den Hass schieben, dann brüllt man eben wie blöd in der Kabine rum. Man spielt ja selbst auch eine Rolle.
Warum macht man solche Musik? Warum macht man Volksmusik? Warum macht man Musik, keine Ahnung was, wo man darüber singt wie toll es ist, mit seiner Frau händchenhaltend übern Strand zu latschen?

Blokkmonsta: Ich hör diese Musik ja selber. Horrorcore aus Amerika.

rap.de: Was gibt Dir das persönlich?

Blokkmonsta: Das ist einfach interessanter als irgendsone Standard-Clubmucke. Was interessiert mich "Hey hey ich geh heute feiern!“ Das interessiert mich nicht. Ich geh nicht in Club oder so was. Ich chill nur zu Hause. Ich arbeite nur.

rap.de: Bei Dir Schwartz finde ich es auch sehr interessant als ehemaliger Germanistik-Student, was hat Dich zu dieser Musik verschlagen?

Schwartz: Wenn ich mich für Literatur interessiert habe, dann meistens für die abgründigen Sachen. Dostojewski zum Beispiel. So was hat mich auch als Kind fasziniert und ich hab sowohl solche Bücher gerne gelesen als auch gerne Horrorfilme geguckt. Ich sammel auch diese ganzen alten italienischen Splatterfilme, auch irgendwelche Kannibalen-Dinger. Das ist schon sone gewisse Faszination und aus künstlerischer Sicht ist da auch der Gedanke zu sagen: Ey, irgendwie ist in unserer Gesellschaft alles so getrimmt auf: "Alles ist toll! Alles ist schön! Alles ist wunderbar!“ und Leute tanzen und so was.

Ich hab dann mal ein Lied gemacht, das heißt: "Ich Trete Euer Lächeln Ein“ und da geht es darum, wie ich auf ne Party gehe, Hass schiebe und dann anfange, den Leuten den Schädel einzutreten.
Wenn ich früher auf Parties war, und man sich das Partiegeschehen anguckt, dann denk ich mir oft: Was seid ihr alles für hässliche Hackfressen? Diese ganzen aufgedonnerten Schlampen und die Typen, die auf Player getrimmt sind. Unter der Fassade sind es auch nur Drüsen und vertrocknetes Fleisch.

Ich hab früher unheimlich gerne auch diese Gedichte von Gottfried Benn gelesen, diese expressionistische Lyrik und so was und da kommt diese Sichtweise auch auf jeden Fall her. Dass eben nicht alles schön ist.
Wenn ich so ein Lied mache und sage: "Es ist nicht alles schön“, dann sagen die Leute: "Joa, stimmt!“ Aber wenn ich sage: "Es ist so hässlich das man am liebsten da drauf kotzen und den Leuten die Kiefer ausrenken und noch mal reinspucken möchte!“, dann heißt es: "Ohohoh, das ist aber böse!“ Aber dann hören sie zu auf einmal.