Woche Nummer Zwei und schon habe ich eine Erkenntnis zu dieser Kolumne gewonnen: Spätestens im März werden mir die Einleitungen ausgehen. Ich sollte mir also irgendein generisches Intro überlegen. Naja, im Gegensatz zur ersten Woche dieses Jahres brachte Numero Duos auf jeden Fall ordentlich Zündstoff mit sich.
Um die H&M-Rassismus-Debatte gab es natürlich kein Herumkommen – und das ist gut so. Rap-Bezug hin oder her, die Diskussion ist wichtig und deutlich berechtigter als das letztjährige DCVDNS-Gebashe. Ob H&M bei der Kampagne nun Hintergedanken hatte oder nicht – die Initialzündung war gegeben, jeder Höhlentroll kroch ans Tageslicht und schwang seine morsche Meinungskeule.
Die Trottel-Parade brachte Perlen der Empathielosigkeit von „Die echten Rassisten sind die, die behaupten, das wäre rassistisch – weil die machen nämlich einen Unterschied zwischen den Kindern“ bis hin zu Jens Maier‚esken „Die sollen sich mal nicht so haben, brauchen wohl Aufmerksamkeit“-Statements zu Tage.
Um das mal abzukürzen: Affe wurde seit jeher als rassistisches Schimpfwort verwendet. Wenn du so tust, als wäre es nicht so, bist du ein Arschloch. Wenn du das nicht weißt, hast du die Fresse zu dem Thema zu halten. Wenn du findest, dass das trotzdem halb so wild ist und die Betroffenen doch einfach chillen sollten, bist du ein Arschloch, das zu dem Thema die Fresse halten sollte.
Um hier mal ein bisschen mehr Rap-Bezug reinzubringen: Die wohl qualifiziertesten Beiträge zu diesem Thema kamen von Megaloh. Gibt es hier nachzulesen.
Ich weiß, ihr habt wieder alle keinen Bock, irgendwas mit Politik oder Gehalt zu lesen, aber das wollte ich noch loswerden. Kommen wir zu etwas Erfreulicherem: Der Kryptowährungs-Hymne von Kool Savas, Sido, Frauenarzt, Manny Marc, Basti DNP, Yassin, Felix Krull und Sera Finale. Nicht nur, dass die Zusammensetzung dieser One-Hit-Wonder-Supercrew überrascht und Sera Finale erfreulicherweise wieder ausgegraben wurde – der Song ist geil!
Ich habe noch nie einen Cent in Kryptos investiert und auf dem Gebiet wenn überhaupt ein gefährliches Halbwissen, trotzdem gefiel mir das Teil echt gut. Mit so viel ungezwungenem Spaß an der Sache hat man viele der Beteiligten lange nicht mehr gehört. „Hodln“ transportiert genau dieses Zettel, Stift, Thema und Beat-Gefühl, das es im Deutschrap leider kaum noch gibt. Einfach mal den Stock aus dem Arsch ziehen und losrappen. Dazu richtig fiese Ohrwurm-Hook von Savas.
Auch sehr geil: Olexesh mit „Pisdapüt“. Der Song ist sowieso solide, was bei mir aber Eindruck hinterlassen hat: Statt aufwendiger Videopremiere gibt es das erste wirklich relevante HDF seit langem. Das Video wurde in derselben Passage gedreht, wie Olexeshs HDF zu „Deja Vu“, das 2012 den Kickstart für OLs Karriere darstellte und auch bei mir rauf und runter lief. Irgendwie ein „Deja Vu“-Deja Vu. Klar, ist jetzt keine wirklich große Sache, aber doch irgendwie ein netter Einfall, der gut zum „Jetzt ist die Rolex echt“-Thema passt.
Was eine große Sache ist: Fler und Farid Bang haben nach jahrelanger Fehde einen gemeinsamen Song gemacht. Das ist natürlich mindestens so promoträchtig wie die Schlammschlacht selbst, aber auch musikalisch relativ interessant. Am Thema Farid Bang kann ich mir natürlich nur das Maul verbrennen. Wenn mir etwas nicht gefällt, bin ich wieder der Hater, wenn es mir gefallen würde, wäre ich plötzlich der Schleimer.
Naja, kurz gesagt – Farids Part gefällt mir nicht. Man könnte jetzt wieder eine politische Debatte über bestimmte Zeilen starten, wobei ich „Ficke Alice Schwarzer mit ner Horde schwarzer Alis“ verdammt witzig fand. Ansonsten flowt und betont Farid gewohnt hölzern, nur eben mit ein paar 08/15 Trap-Ansätzen. In der Hook finde ich ihn aber ziemlich stabil.
Flers Part hingegen kommt ziemlich cool, vor allem „Du hast Rap erfunden? Hier hast du wieder“ hinterlässt Eindruck. Der Beat ist sowieso überkrass, diese verwaschenen Hochglanz-Produktionen von Iad Aslan funktionieren einfach immer noch hervorragend, solange dieser chopped & screwed-Ansatz nicht zu sehr ausgeschlachtet wurde und ein passendes Sample zur Hand ist.
Eigentlich war diese Woche noch einiges erwähnenswertes. Animus‘ virale Radio-Performance bei Jam FM etwa, die zwar etwas wirr strukturiert war, aber ansonsten viele positiv überraschte. Auf Mobb Deeps „Quiet Storm“ klingt der Heidelberger deutlich hungriger als auf jedem seiner letzten Alben, stellt sein technisches Talent unter Beweis und schießt mit gehaltvollen Punchlines gegen den Szene-Status Quo. Animus hat in den letzten Jahren viel Scheiße verzapft, ich war aber seit ich ihn vor zehn Jahren auf Caspers „Exclusive Mixtape“ hörte davon überzeugt, dass der Kerl einiges auf dem Kasten hat. Hat er in der Zwischenzeit ja auch schon oft gezeigt, aber eben auch oft mit Mist überschattet. Diese bemerkenswerte Performance überstrahlt glücklicherweise nun die bisherigen Fehltritte.
Fassen wir den Rest der Woche zusammen: RIN versucht sich mit der Ballade „Data Love“ an ein bisschen Inhalt, Kalim verpasst dem „Thronfolger“-Brecher „Kodex“ ein passendes Video im klassischen 20er-Jahre Gangster-Style und Azet hat mich mit seinem neuen Song „9 Milly“ enttäuscht. Asche hat mit „CLS“ leider richtig reingeschissen – ich wusste den Kerl trotz fragwürdigem Mindstate immer sehr für seinen harten, düsteren Straßenrap zu schätzen. Das hätte echt Zukunft haben können, dieser generische Müll lockt aber garantiert niemanden hinter dem Ofen vor. Hoffentlich klingt das Album anders. Dann hat Bushido den Label-Sampler noch „erstmal abgesagt“, was ich ein bisschen schade und ein bisschen witzig finde.
Das war’s auch schon mit der etwas ausufernden zweiten Woche. Ich habe Spaß an dieser Kolumne, ich hoffe ihr auch. Adieu!