Fler, Jalil und die Sklaven-Zeile: Wenn dein Chef dich rassistisch beleidigt

Fler beleidigt sein Ex-Signing Jalil rassistisch. Als der noch bei Maskulin unter Vertrag stand, hatte er Fler in einem ähnlichen Fall noch den Rücken gestärkt. Klar, schließlich war Fler sein Chef und hatte durch laufende Verträge große Macht über ihn.

Ja, Fler schon wieder. Auf seinem neuen Album rappt er einen ganzen Part gegen Jalil. Der stand bis vor kurzem noch bei Flers Label Maskulin unter Vertrag und schien laut Insta-Storys nicht mit den Zeilen gerechnet zu haben, war man doch vermeintlich im Guten auseinander gegangen.

Besonders eine Line hebt Jalil in seiner Stellungname hervor: „Im Apple Store warst du ein Slave / Bei mir dann Django Unchained“ rappt Fler, als hätte er nicht erst letztes Jahr Ärger gehabt, weil er eine Insta-Story hochgeladen hatte, in der ein Kumpel rassistische Imitationen zum Besten gab. Warum diese Zeile rassistisch ist und das wohl düsterste Kapitel der Black History verharmlost, muss an dieser Stelle wohl wirklich nicht mehr erklärt werden – wer das nicht peilt, will es einfach nicht verstehen und muss dazu definitiv eine gehörige Portion Sturheit und Willenskraft aufbringen.

Ich glaub‘ Jalil, er sieht das ähnlich: „Als die ganze schwarze Rap-Community gegen dich war, habe ich neben dir gestanden als Freund und dich verteidigt. Dir Rückendeckung gegeben und viel negatives Feedack dafür gekriegt. Und der Dank ist, dass du mich auf deinem Album als Slave betitelst und Vergleiche wie ‚Django Unchained“ zitierst. Hättest gleich N***a sagen können. Wäre der gleiche Effekt gewesen.“

Fler hat Jalil kalt erwischt.

Weiterhin geht Jalil darauf ein, dass es mehrere Treffen gegeben hätte, in denen Fler die Gelegenheit gehabt hätte, ihn auf das Kommende vorzubereiten oder die Zeilen zu streichen.

Laut Jalils Version hat Fler also gute Miene zum bösen Spiel gemacht, nur um auf einem Albumtrack, der nicht einmal als Single ausgekoppelt wurde, plötzlich gegen Jalil zu schießen. Soweit so Rap. Jalil als Sklave zu bezeichnen und sich als Retter des geknechteten schwarzen Mannes darzustellen, ist aber nicht mehr Rap, sondern verdammt ekelhaft, rassistisch und Flers nächste klare Grenzüberschreitung binnen weniger Wochen.

Dabei wiegt besonders der Aspekt schwer, dass Jalil Flers rassistische Insta-Story anfang 2019 bis zuletzt noch verteidigt hatte – als Freund, der in einem Loyalitätskonflikt steckt sicherlich auch, aber vor allem eines: Als sein Arbeitnehmer.

Jalil stand zu diesem Zeitpunkt bei Flers Label Maskulin unter Vertrag. Seiner Arbeit im Apple Store schien er laut Flers Zeile nicht mehr nachzugehen – Fler spielt sich als großer Befreier auf, dabei hat er Jalil in eine finanzielle Abhängigkeit gebracht, in der es wohl mit extremen Problemen für ihn einhergegangen wäre, sich gegen seinen eigenen Labelboss zu positionieren – nicht nur wegen finanzieller Druckmittel, mit einem laufenden Künstlervertrag hat Fler überlicherweise auch die Kontrolle darüber, ob und wie Jalil seine Musik veröffentlichen darf. Davon können andere Ex-Maskuliner ja ein Liedchen singen.

Die Aussagen über Jalils finanzielle Abhängigkeit sind natürlich rein spekulativ – wir kennen weder Jalils finanzielle Situation, noch die genauen Verträge zwischen den beiden. Allerdings geben standardmäßige Künstlerverträge dem Label meistens die komplette Gewalt über Veröffentlichungen. Meistens legt eine Klausel fest, dass der Vertrag nach einem bestimmten Zeitraum ohne VÖ-Bestrebungen des Labels erlischt, aber das kann sehr lange dauern oder sogar gar nicht erst im Vertrag festgehalten sein. In so eine Situation willst man als Künstler nicht geraten – aktuell befindet sich beispielsweise Eunique in einer vergleichbaren Situation. Auch zwischen Fler und Sentino gab es vor nicht allzu langer Zeit eine Streitigkeit wegen genau dieser Vertragsangelegenheiten.

Edit: Laut Fler bestand im Januar 2019 kein schriftliches Vertragsverhältnis zwischen ihm und Jalil, sondern lediglich eine mündliche Vereinbarung. Diese kann unter Umständen dennoch rechtlich bindend sein. 

Ohne laufende Verträge kann Jalil sich äußern.

Jetzt, wo kein direktes Machtgefälle mehr besteht, kann Jalil sich endlich äußern, ohne um seinen Lebensunterhalt fürchten zu müssen. Was sind das für Arbeitsbedinungen, in denen du, als Betroffener, die rassistischen Eskapaden deines Chefs, mit dem laut eigener Aussage ohnehin schon keiner klar kommt, decken musst?

Auf Jalils berechtigte Vorwürfe reagiert Fler gewohnt unreflektiert: Er wirft Jalil vor, ihm Rocker auf den Hals geschickt zu haben, erklärt, ihn lediglich so als Sklaven zu sehen wie Bushido und bezeichnet den Vorwurf als „Rassismus-Karte“. Schließlich stilisiert er sich als großen Retter des armen Jalil. „Der weisse Junge aus dem Heim hat dir mehr geholfen als jeder Andere Mensch es jemals machen wird [sic!]“ poltert er und wähnt er sich offenbar im Recht, sein Ex-Signing rassistisch zu beleidigen. Doch Nichts und niemand kann ihm dieses Recht geben.