Deutschrap hätte Xavier Naidoo längst den Rücken kehren müssen!

Ein deutscher Mann, er ist um die 50, bezeichnet sich selbst als Rassisten. „Aber ohne Ansehen der Hautfarbe“, wie er schon in den 90ern großspurig verkündet. Er chillt mit Rechtsextremen und antisemitischen Verschwörungstheoretikern auf einschlägigen Veranstaltungen, reproduziert immer wieder deren Weltbild und Rhetorik, auch über diesen Rahmen hinaus. Er spricht sogar auf der Bühne vor und für die rechten Demonstranten.

Dass er ein „Rassist ohne Ansehen der Hautfarbe“, also ein Kulturrassist, ist, beweisen seine Äußerungen immer wieder. Er bedient stets das Narrativ von „uns“ und „denen“, ruft regelmäßig zu Gewalt auf, wenn auch in poetisch anmutender Bibelsprache, die die Drastik seiner Zeilen verblümt. Wäre dieser Mann nicht indisch-südafrikanischer Abstammung und hätte ein Auftreten, das sanftmütiger kaum wirken könnte, wäre er wohl nicht seit über 20 Jahren in der A-Riege der deutschen Prominenz unterwegs – denn die Rede ist nicht von einem AfD-Abgeordneten oder einem berüchtigten Neonazi-Funktionär, sondern vom Söhne-Mannheims-Goldkehlchen Xavier Naidoo.

Rapper lieben Xavier

Deutschrappers liebste Gasthook macht wieder Moves: Der-kann-kein-Nazi-sein-der-ist-schwarz-Reichsbürger Xavier Naidoo äußert mal wieder unverhohlen seine zweifelhafte politische Gesinnung, diesmal allerdings so unverblümt und direkt, dass spätestens jetzt wirklich keiner mehr wegschauen kann und darf. Ich weiß, viele Leute wollen den Kerl einfach unbedingt mögen und toll finden – besonders Rapper. Aber egal wie schön der Xavier singt oder wie nett er im Studio war – jetzt gilt es, Haltung zu zeigen!

Dass Naidoo seit gut und gerne 20 Jahren mit rechtem Gedankengut kokettiert, ist ja allgemein bekannt. Das passiert zwar meist so grenzwandlerisch, dass viele noch ruhigen Gewissens seine offensichtliche Gesinnung abstreiten, doch in einem nun aufgetauchten Acapella von 2018 äußert der Sänger sich folgendermaßen zur Situation rund um die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland:

„Weit und breit ist hier kein Mann, der dieses Land noch retten kann. Doch Hauptsache es ist politisch korrekt, auch wenn ihr daran verreckt. Und noch mal: Ich hab fast alle Menschen lieb. Aber was, wenn fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt.“

In einem anderen Video singt er:

„Wieder will die Klasse nur schweigen, Plakate zeigen, drauf steht ‚Wir sind mehr‘. Doch in Wahrheit seid ihr einfach nur peinlich und deutschlandfeindlich, denn ihr seid leer. Yeah.“

Solche Texte bleiben nicht folgenlos

Eigentlich könnte man den Artikel an dieser Stelle beenden. Xaviers Haltung wird mehr als deutlich: Deutschland ist dem Untergang geweiht, denn Migration und Aufnahme von Geflüchteten töten Deutsche, außerdem sind Antifaschisten peinlich und deutschlandfeindlich. Und leer. Yeah.

Die Zeilen stammen zwar aus dem Jahr 2018, somit entstanden vor der explosionsartigen Eskalation des rechten Terrorismus in Deutschland, ein Faschoproblem hatten wir aber damals auch schon – und Naidoo ist Teil davon, stößt er doch seit Jahren ins selbe Horn wie stramme Nazis, die Deutschland am liebsten in einem Bürgerkrieg versinken sehen würden. Es darf nicht erst ein weiteres Hanau, Halle, Christchurch, geschehen, damit auch der Letzte versteht, dass die Konsequenz solcher Zeilen, solcher Narrative, eine blutige ist. Eine, bei der der Gastgeber dem Gast ein Leben stiehlt. Der Gastgeber, der in Naidoos wirrer Welt nur der wütende Bauer mit der Mistgabel ist, der das Recht in die eigene Hand nimmt.

„Teile eures Volks nennen euch schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter. Alles wird vergeben, wenn ihr einsichtig seid, sonst sorgt der wütende Bauer mit der Forke dafür, dass ihr einsichtig seid“
Xavier Naidoo in: Söhne Mannheims – Marionetten

Xavier Naidoos Gesinnung ist keine Neuigkeit

Doch auch vor 2018 war die Gesinnung des unter Rappern beliebten Featuregastes kein Geheimnis: Seit über 20 Jahren haftet Naidoo der Ruf an, rechtes Gedankengut, antisemitische Verschwörungstheorien und Gewaltfantasien zu hegen. Spätestens nachdem der er sich allerdings auf den sogenannten Montagsdemos die Ehre gab und auf Kuschelkurs mit rechtsextremen Reichsbürgern ging, hätte der Fall eigentlich klar sein müssen.

War er aber nicht: Unzählige Personen stellten sich schützend vor Naidoo, in der TAZ gab es sogar eine Art Unterschriftensammlung unter Prominenten, die sich mit dem Sänger solidarisierten – darunter zahlreiche Rapper. Klar, die lieben schließlich seine Hooks und er geizt damit auch nicht gerade. Dabei war die schiere Anzahl seiner Ausfälle bereits vor den besagte Acapellas schon kaum noch zählbar. Eine gründliche Zusammenfassung seiner „Ausrutscher“ gibt es hier.


Selbst die, die es nicht wahrhaben wollten, können die Augen jetzt nicht mehr verschließen. Egal wie eng die Verbandelung. Trotz des gemeinsamen Albums, das auch fragwürdige Inhalte transportierte, muss Kool Savas, der sich zurzeit antifaschistisch in den sozialen Medien engagiert, klare Kante zeigen. Cr7z bezeichnet Xavier Naidoo als privaten Freund – doch das kann auch er nicht mehr ausblenden, auch wenn es nach Absztrakkt schon sein zweiter Freund ist, bei dem es ein böses Erwachen gibt. Vielleicht sollte er sein privates Umfeld mal etwas gründlicher unter die Lupe nehmen. Natürlich geht es nicht nur um diese beiden: Die Liste der Rap-Features in Naidoos Portfolio ist ellenlang – nicht selten kamen dabei Songs mit fragwürdigen Inhalten rum.

Viele Rapper reagieren sofort

Allerdings haben viele Rapper auch nicht gezögert und sofort Konsequenzen gezogen: Credibil reagierte mit einem kleinen Part, beinahe schon einem Disstrack gegen Xavier, auf Instagram und kündigte an, den wenige Wochen alten gemeinsamen Song schnellstmöglich offline zu nehmen (die Mühlen der Streamingdienste mahlen bei solchen Vorgängen recht langsam). Wir haben den Song übrigens nicht gepostet, denn noch mal: Naidoos Gesinnung war kein Geheimnis und lange bekannt. Klar, wenn man wollte, konnte man es sich irgendwie schönreden: Der hat doch selbst einen Migrationshintergrund, außerdem hat er die Hook von „Adriano“ gesungen und arbeitet auch mit Rappern mit Migrationshintergrund zusammen.

Alles wahr. Trotzdem verbreitet der Typ regelmäßig brutalste Faschogrütze – Er ist ein Kulturrassist, der ein klares Feindbild vor Augen hat und gegen dieses mobil macht. Seine Äußerungen sind Wasser auf den Mühlen der Hetzer, die große Mitschuld an Taten wie dem schrecklichen Terroranschlag Hanau – denn er schürt genau dasselbe kulturrassistische Feindbild, befeuert und verbreitet genau die wirren Theorien, die den Täter angetrieben haben. Da kann er noch so viele leere Worte über ein friedliches Miteinander in die Welt scheißen. Ich kann auch Pazifismus predigen und dann grundlos jemanden auf offener Straße verprügeln. Dann bin ich aber kein Pazifist.

Aber immerhin wird sich nun distanziert. Besser spät als nie. Ein Mensch wie Xavier Naidoo darf in der HipHop-Szene nicht mehr stattfinden, nicht mir ihr in Verbindung gebracht werden. Eigentlich darf er nirgendwo mehr stattfinden, außer vielleicht in seinen rechten Kreisen. Auf dem Weg dahin ist er: RTL warf Naidoo nach Entfaltung des Shitstorms umgehend aus der DSDS-Jury, in die man ihn niemals hätte aufnehmen dürfen. Selbst Naidoos eigene (ebenfalls durchaus fragwürdig gesinnte) Band, die Söhne Mannheims, distanzieren sich mittlerweile deutlich von ihrem abtrünnigen Frontmann. Dieser Fall ist keine Frage der Loyalität mehr.

 

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Alles hat Konsequenzen und ich trage meine wie ein Mann. 1. Ich werde den Song mit dir auf allen Plattformen offline nehmen und Solo veröffentlichen. Da ich das komplette Lied alleine geschrieben habe, dürfte mir niemand daraus einen Strick drehen. 2. Meine Einstellung und Message in meiner Kunst ist echt und ich verzichte auf die Reichweite und einen unfassbar schönen Song, weil ich keine Marionette bin. 3. Werde ich nicht mehr über dich und deine Musik sprechen weil deine halbherzigen „Klarstellungen“ in deinen Postings aus dem Jahr 2017 und von heute, sich nicht mit deiner Musik decken. Du hast recht, wir müssen alle verantwortlich und wachsam gegenüber Angriffen auf ein friedliches Miteinander sein. Ich hab noch nie mein Wort gegen einen anderen Künstler erhoben, du bist der erste. Lg aus Frankfurt Credibil

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Andere stellen sich hinter Xavier – warum?

Allerdings gibt es noch zahlreiche Rapper, die dem Mann, von dem folgendes Zitat stammt, noch immer die Stange halten: „Und bevor ich irgendwelchen Tieren oder Ausländern Gutes tue, agiere ich lieber für Mannheim“. Denn nicht nur über solche Äußerungen und Schulterschlüsse mit Neonazis können einige Rapper hinwegsehen, auch über die oben zitierten Zeilen aus seinem Anti-Flüchtlings-Freestlye. Wenn der liebe Xavier sich entschuldigt ist alles gut: Sein fadenscheiniges Statement, für das er plötzlich nicht vor die Kamera treten wollte, liest sich wenig versöhnlich. Naidoo untermauert seine Meinung, aber betont, dass natürlich ein Verfechter von Liebe und Frieden sei. Klar, das denken wahrscheinlich auch die irren Nazis, die gerade ungestraft in Facebookgruppen ankündigen, mit Maschinengewehren an der türkisch-griechischen Grenze auf Geflüchtete schießen zu wollen, über sich selbst. Alles für den Frieden.

Ein kurzes „Ich setze mich seit Jahren aus tiefster Überzeugung gegen Ausgrenzung und Rassenhass ein.“ dann geht’s weiter: Zu einem friedlichen Miteinander gehöre es, aufeinander aufzupassen und dazu gehöre es, aufzupassen, dass sich die Gäste an die Regeln des Gastgebers halten. Klar, Hanau wird in einem Strudel aus Hufeisen-Geblubber über Gewalt aus allen Richtungen auch kurz erwähnt, aber eigentlich bekräftigt Naidoo den Inhalt seiner Videos damit nur. Das Statement gefällt unter anderem Azad, Afrob, Kay One, Chima Ede und Massiv. Fler kommentiert mit einem Herz-Emoji.

Wie kann man das noch entschuldigen? Ich habe keine Ahnung.