S-Rok: Ach, als ich jünger war, habe ich auch unfassbar viel Gangsta Rap gehört, das war halt unfassbar weit weg, Getto Boys, NWA und Ice-T habe ich gern gehört, aber eben auch Freestyle Fellowship, Public Enemy oder BDP. Jeder ist selbst verantwortlich für das, was er hört und sich aus der Musik rauszieht. Wenn man Gangsta Rap hört, kann man das entweder als Film sehen oder total ernst nehmen. Je nachdem. Und wenn man sich unsere Mucke anhört…
Amewu: …muss man alles ernstnehmen.
Furious: Ich habe auch das Gefühl, dass die Künstler nicht in einer Phase sind, in der sie darauf hinarbeiten, den krassen Charthit zu landen. Weswegen eine kalkulierte Denkweise á la "Jetzt ist wieder Raum für unseren Rap" gar nicht der Fall ist, die meisten denken gar nicht so. Sondern mehr so morgens zur Arbeit gehen und wenn abends nach Hause kommen…
Phase: … und ein gutes Album machen.
rap.de: Wenn man also nach Gemeinsamkeiten sucht, die alle, die hier sitzen, verbinden, wäre das, dass ihr alle Musik aus Liebe zur Musik macht?
Kenji451: Das merkt man auch an den Beats, denke ich. Vor etwa zehn Jahren fing es an mit den ganzen technoiden Sounds an. Und jetzt geht man wieder zurück zu Samples und zu oldschooligen Geschichten. Wir machen uns da ein bisschen frei von diesem Ding. Wenn ich mir die Raps von den Leuten hier anhöre, das ist weder Straßenrap noch Studentenrap, sondern was wir sind, machen wir auch. Was in uns steckt, was wir fühlen und denken, wird in die Musik gesteckt.
Wakka: Aber viele Straßenrapper machen das ja auch nicht nur aus Kalkulation, sondern weil es ihrem Geschmack entspricht. Vielleicht machen sie insgesamt Musik aus Kalkül, das kann sein. Aber es entspricht ja auch ihrem Geschmack. Wenn jemand Straßen- oder Gangsta-Rap macht, glaube ich nicht, dass der zuhause sitzt und sich wahnsinnig auf die neue Tribe Called Quest freut. Die machen das ja nicht nur profitorientiert, sondern weil sie glauben, sie wären Gangster. Oder sie finden es einfach Hammer. Ob sich das ändern wird, dass die Kids auf sowas abfahren? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Amewu: Ich arbeite ja viel mit Kindern und da merke ich schon was. Als ich angefangen habe, sind die auf jeden Fall voll drauf abgefahren und haben auch voll viele Sachen geglaubt. Inzwischen hat sich das schon entwickelt, dass sie schon sehr respektlos über viele Rapper reden, die davor krasse Stars für sie waren, die sie ernst genommen haben, die ihnen vielleicht sogar ein bisschen Angst gemacht haben. Was ich immer wieder sehe bei vielen Kindern und Jugendlichen, die gerade anfangen mit Rap: Die denken halt immer noch, dass das Rap ist und dazugehört. Wenn ich mich mit denen über bestimmte Sachen unterhalte, vertreten die eigentlich recht vernünftige Meinungen, sobald sie anfangen Texte zu schreiben, ist es halt irgendein Schwachsinn, der nichts mit der Realität zu tun hat. So haben sie es eben kennengelernt, deswegen denken sie, dass das Rap wäre. Es gibt aber eben sehr viel Rap und wenn die mehr mitbekommen würde, würde sich das auch ändern. Und wahrscheinlich ändert es sich auch schon.
Furious: Ich habe auch ein bisschen das Gefühl, dass der Eindruck, dass alle nur Straßenrap hören, auch daher kommt, dass die ganzen Medien immer schreiben, dass alle nur Straßenrap hören. Ich kenne auch ganz viele, die ganz andere Sachen hören.
rap.de: Manch einer wirft den Medien zur Zeit ja eher vor, dass sie nur noch über anderen Rap als Gangsta-Rap schreiben würden.
Amewu: Ja, na gut, die Medien schreiben das halt, aber deswegen sagt sich doch niemand, wir müssen jetzt persönlicher rappen. Mich persönlich interessiert es halt nicht wirklich, denn es ändert gar nichts daran, wie ich Musik mache.
Stella: Es ist aber cool, dass mehr Wert darauf gelegt wird und der Wert mehr erkannt wird. Dass man dem Inhalt mehr Aufmerksamkeit schenkt. Das ist super.
Wakka: Das ändert für unsere Art von Musikmachen nichts, aber wenn es dadurch mehr hören, ist es ja gut. Aber darauf kann man sich nicht verlassen, braucht man auch nicht.
Phase: Haben wir auch nie gemacht.
Shiranu: Es ist ja auch schade, dass immer irgendetwas als out deklariert wird. Wäre ja auch schön, wenn alles nebeneinander existieren könnte.
Wakka: Auf Augenhöhe, ja. Aber ob wir unseren Platz neben den Caspers auf Augenhöhe einnehmen können…
Amewu: Gibt's davon jetzt mehrere, ja?
Estess: Also ich finde es komisch, vor ein paar Jahren war Untergrund positiv besetzt, das war für mich und mein Umfeld war es so, das ist nicht Mainstream, das macht Spaß zu hören, das ist toll. Mittlerweile ist es ja fast so, alles, was nicht Mainstream ist, für die Leute nicht infrage kommt. Es gibt ja mittlerweile auch gute Mainstream-Sachen, das war früher nicht so. Jetzt gibt es die, aber auch gute unbekannte Sachen. Wir sind irgendwo dazwischen, würde ich denken. Wir sind uns treu geblieben seit Tag eins und freuen uns über jeden, der uns hört, ohne besondere Anstrengungen außer gutem Output zu unternehmen, um daran etwas zu ändern. Keiner verbiegt sich. Der eine ist aktiver, der andere weniger (leise🙂 ich (Gelächter). Heute kannst du als Sechzehnjähriger nicht mehr sagen, ich bin anders als die anderen, ich höre Rap. Jetzt sagst du, ich bin anders als die anderen, ich höre…
Gris: …Roland Kaiser. (Gelächter)
Estess: Es hat sich insofern verschoben, dass Rap nichts mehr mit Subkultur zu tun hat. Und Rap, der Untergrund ist, wird oftmals belächelt, von den Konsumenten oder den Leuten, die damit Geld verdienen. Das ist schade, ändert aber nichts an dem, was ich mache. Vielleicht kommen manche auch mal drauf, dass es auch noch andere Sachen gibt.