Vasee über seine Pilgerreise

rap.de: Und dann bist du eines Morgens einfach losgelaufen?

Vasee: Ich habe gewartet, bis alle Sachen gekommen sind, ich habe auch aus dem Internet Sachen bestellt. Und als alles vollständig war, bin ich einfach losgelaufen.

rap.de: Wie sah dein Tagesablauf aus?

Vasee: Ich wollte so 20 Kilometer am Tag laufen. Mein Rucksack hat am Anfang 30 Kilo gewogen. Ich dachte, ich werde mich an dieses Gewicht schon gewöhnen, aber nach fünf, sechs Tagen war es immer noch nicht der Fall. Das war mein erstes Problem, mein Rucksack war viel zu schwer. Mein Tagesablauf war also, diesen Rucksack zu tragen (lacht). Das war eine Riesenaufgabe. Stell dir einfach zweieinhalb Zementsäcke auf dem Rücken vor. Das war nicht einfach. Der Rucksack war richtig geil, eigentlich hatte ich sogar eine Ultraleicht-Ausrüstung, ich hatte wirklich nur das nötigste dabei. Einen Schlafsack, ein Zelt, einen Sturmkocher, Nahrung, viel Wasser natürlich, öfter so fünf bis sieben Liter, wenn es dann in die Berge hochging. Eine Isomatte hatte ich auch dabei und mehr eigentlich nicht. Ganz wenig Kleidung, nur zwei T-Shirts, zwei Unterhosen, die ich immer abwechselnd gewaschen habe. Und ein Solarsystem für mein GPS hatte ich noch dabei. Das war mein einziger Luxus. Ich hatte ja sonst keinen Strom. Das hat mir oft das Leben gerettet, so einen Mega-Akku dabei zu haben.

rap.de: Hast du dich von einigen Sachen getrennt, als du gemerkt hast, der Rucksack ist zu schwer?

Vasee: Ich habe dann ein Paket zusammengeschnürt in Innsbruck und 5 Kilo rausgenommen. Das Päckchen habe ich mir immer vorgeschickt. Ich wusste, okay, die nächste Station ist in Bozen, da laufe ich auf jeden Fall vorbei, dann schicke ich es jetzt dort in die Jugendherberge. Allerdings habe ich das Paket irgendwann verloren. Da war mein Laptop drin und alles drum und dran. Das wurde tausend Mal hin und hergeschickt, aus Italien nach Griechenland, das hat eine Jenseitsreise hinter sich. Es existiert noch, ist irgendwo in Griechenland bei jemand, aber der schickt es mir nicht und ich erreiche ihn gerade nicht. Aber im Endeffekt war mir das dann auch egal. Ich habe nichts davon gebraucht während der Reise.

rap.de: Wie hast du das mit dem Essen gemacht?

Vasee: Ich habe immer so für zwei, drei Tage Essen dabei gehabt. Immer geguckt, wo kommen die Städte? Manchmal gab es keine Supermärkte und dann musste ich halt für zwei, drei Tage einkaufen. Ich habe immer Suppe gegessen, einfache Sachen. Manchmal habe ich mir eine Kartoffel geschnorrt oder ein bisschen Gemüse. So habe ich mich durchgekämpft.

rap.de: Hattest du Geld dabei?

Vasee: Ganz wenig. In den drei Monaten habe ich 700 Euro ausgegeben. Das war auch das Ding, dass ich auf jeglichen Luxus verzichten wollte. Für mich war es dann Luxus, abends eine Dusche zu haben. Das war die größte Sache (lacht).

rap.de: Lernt man auf so einer Reise viele Leute kennen?

Vasee: Ja, ich wurde extrem gefeiert, egal, wo ich hinkam. Anfangs war mir das peinlich, denn deswegen habe ich es ja nicht gemacht. Irgendwie musste ich aber kommunizieren, musste den Leuten sagen, ich sehe so aus, wie ich aussehe, weil ich gerade dieses Projekt mache – du wäschst dich ja nicht, weisch. Dann haben sie mich immer gefeiert, egal, wo ich hingekommen bin, von Anfang an. Egal, an welcher Tür ich geklingelt habe, es waren immer die coolsten Menschen, immer sofort hilfsbereit. Du fragst nach einer Kartoffel und bekommst zehn. Das war unfassbar, was mir da an Nächstenliebe entgegengebracht wurde. In Italien bin ich durch Dörfer gekommen, wo noch nie so jemand wie ich vorbeigelaufen ist, die haben da null Tourismus, die haben sich total gefreut. Die einfachsten Menschen haben sich am meisten gefreut, dass ich da bin. Das war alles so schön einfach und natürlich. Das hat mich schon geprägt in der Zeit. Egal, wo, auch in Österreich – nur nette Menschen kennengelernt. Nur hilfsbereite Menschen.