Vasee über seine Pilgerreise

Von Reutlingen bis Venedig zu Fuß – was bringt einen Mann dazu, diese beschwerliche Reise auf sich zu nehmen? Sänger Vasee, bekannt durch seine Aktivitäten im Zusammenhang mit den Orsons, besonders Tua, mit dem er Ende 2010 das famose gemeinsame Album "Evigila" veröffentlichte, von dem soeben ein Remix-Album zum kostenlosen Download erschienen ist – Vasee jedenfalls hat es getan. Er hat zu Fuß die Alpen überquert. Warum er das getan hat, was er dabei erlebt und erfahren hat und wie ihn diese Reise zu sich selbst verändert hat, erzählt er im rap.de-Interview.

rap.de: Wann hast du die Idee zu der Reise gehabt?

Vasee: Also, der ausschlaggebende Punkt war, dass ich drei Jahre lang unterwegs war und die ganzen Touren gemacht habe. Ich war mit Tua und den Orsons unterwegs. Dann haben wir unser "Evigila"-Album herausgebracht, das war auch ziemlich anstrengend. Zu guter letzt habe ich mich sowas von ausgebrannt gefühlt, innerlich total lustlos. Also habe ich gesagt, okay, ich brauche eine kreative Pause, um mich wiederzufinden. Aus dem Gedanken heraus ist mir die Idee gekommen, eine kleine Pilgerreise zu machen. Im Fernsehen habe ich einen Typen gesehen, der so etwas ähnliches gemacht hat. Das hat mir den Impuls gegeben. Letzten Endes hatte ich aber gar keine Ahnung, was mich da erwarten würde. Ich habe früher zwar auch schon so ähnliche Sachen gemacht, aber nicht in diesem Ausmaß.

rap.de: Was heißt ähnliche Sachen?

Vasee: Ich war schon 2001 für drei Monate in Italien, ohne Geld. Ein Selbstexperiment. Und 2005 bin ich drei Monate nach Portugal, auch ohne Geld. Selbstexperiment-mäßig. Was passiert, wenn ich einfach losfahre? Damals habe ich Sokrates gelesen, die Geschichte seines Lebens, und da ging es genau darum, Ursache und Wirkung. Er meinte da, normalerweise müsste immer zum richtigen Zeitpunkt das Richtige passieren. Das war für mich der ausschlaggebende Punkt. Okay, wenn das so ist – in der Bibel steht ja etwas ähnliches. Dass der Herr sich um uns kümmert. Sich einfach mal austesten, weisch.

rap.de: Bist du sehr religiös?

Vasee: Ich bin schon gläubig, ich glaube schon an Gott. Aber ich versuche das ganze nicht so märchenhaft zu sehen. Deswegen mache ich diese Selbstversuche, um mir selbst ein Bild zu schaffen von dem, was wir Gott nennen. Und um mich selbst zu verlieren. Im Februar hatte ich einfach das Gefühl, ich bin ausgebrannt, ich kann nicht mehr. Was mache ich jetzt? Ich hatte keinen Bock mehr, Musik zu machen oder Konzerte zu spielen, ich habe eine neue Herausforderung gesucht. So bin ich dazu gekommen, Schritt für Schritt, mit Vorbereitungen. Bis ich gesagt habe, okay, ich laufe los. Am 17. Juni habe ich den ersten Schritt aus der Tür gemacht.

rap.de: Das heißt, du hast dich schon ausgiebig und gründlich vorbereitet?

Vasee: Ich habe mich drei Monate intensiv darauf vorbereitet, ja. Jeder, der mich in dieser Zeit gesehen hat, wusste, auf was für einem Film ich bin. Ich war nur im Internet, habe alles studiert, Ausrüstung gekauft, alles drum und dran. Das war schon eine extreme Sache. Ich bin ja kalt da rein, stell dir einfach einen Stadtmenschen im Wald vor. So ungefähr war ich. Ich hatte schon ein paar Erfahrungen, aber im Großen und Ganzen war es doch eher spontan. Oder unüberlegt. In der Vorbereitung sind auch ganz geile Dinge passiert. Zum Beispiel habe ich die Ausrüstung für ein Viertel des Preises bekommen. Das waren alles Dinge, die es im Endeffekt erst überhaupt möglich gemacht haben, dass ich loslaufe.

rap.de: Du hattest also das Gefühl, alles passt zusammen?

Vasee: Genau, das war so was von reibungslos in der Vorbereitungsphase, ich habe nie ein besseres Gefühl gehabt. Auch mein Umfeld – jeder hat positiv darauf reagiert. Jeder hat gesagt, klar, Vasi, auf jeden Fall, das ist voll dein Ding. Das hat mich natürlich auch weiter angetrieben und mir die Stärke gegeben, das durchzuziehen.