Ahzumjot

rap.de: Da stimme ich dir zu. Aber zurück zu dir: Wann hast du zum erstenmal zum Mic gegriffen?

Ahzumjot: 2000 oder 2001. Das war, nachdem mein Eminemhype seinen Höhepunkt erreicht hatte. Da hab ich gedacht, ich rappe jetzt auch mal auf Englisch. Und stell dir mal vor, wie ein Elfjähriger auf Englisch rappt. Vor allem über Schlampen, Knarren und so. Da gab’s den legendären Song "L.A. Bitches“ von mir. Überkrasser Hit, ich kenn sogar noch die Hook, pass auf: „L.A. bitches fuck all night/ L.A. bitches niggas don't fight/ L.A. bitches one to blow/ L.A. Bitches thats all we know“ Überkrass (lacht). Und dann das erste Mal, dass ich richtig ein Mic in die Hand genommen habe, ich will das eigentlich gar nicht erzählen, weil es eine richtige Nicht- Rap- Story ist. Damit hab ich auf jeden Fall alles verspielt. Aber okay, das ist es mir wert (lacht). Also: ich war beim Final-Fantasy-Forum. Da war ich sogar Moderator und da gabs irgendwann mal aus heiterem Himmel einen Thread, der "Rap Battles" hieß. Da haben sich Leute halt mit Texten gebattelt. Wie RBA sozusagen, aber halt nur mit Texten. Da habe ich mitgemacht. Ich hatte damals so ein Headset, von 'nem Videospiel. Und das habe ich dann über USB an meinen Computer angeschlossen und die ersten Songs mit diesem Standard-Windowsprogramm aufgenommen. Den Beat im Hintergrund laufen gelassen, ganz laut, und dann einfach eingerappt. Ganz furchtbar. In der Folge habe ich sehr viele Alben und EPs aufgenommen, eines davon sogar in einem Jugendzentrum.

rap.de: Wie war denn der Sound auf diesen ganzen Werken?

Ahzumjot: Am Anfang hab ich nur Battlerap gemacht. Alles nur so Wortwitz-Battlerap-Scheiße, was ich ja nicht hate, so vom Ding her. Aber es ist definitiv nicht mehr das, was ich jetzt mache. Ich würde mich nicht als dumm bezeichnen, ich habe auch kein gänzlich unbewegtes Leben, ich verarbeite auch nicht krass mein Leben in meiner Musik, mein vergangenes Leben, aber Leute, die "STDTKDS" gehört haben, meinten zu mir, du erzählst doch nur. Das ist ja gar kein Rap. Ich meine, ich kann auch gerne in allen Songs erzählen, dass mein Vater unsere Familie geschlagen hat. Aber das muss ja auch nicht sein. Jedenfalls, ich war voll der Battlerapper, habe sehr viel in diese Savas-Richtung gemacht, eher die spätere, die auf "John Bello“ zu hören war, nicht der Dipset-Einfluss á la Snaga & Pillath, mit "Dschia“ und "Yeah“. Dann bin ich aber auf PRZ getroffen, der mir das Savas-Ding ausgeredet hat. Er meinte, Savas gibt's schon. Das musst du jetzt nicht auch machen. Irgendwann habe ich angefangen, krass wie Kollegah zu rappen, da kam er gerade aus der RBA und war ein bisschen bekannt, da dachte ich mir, boah, ich mache jetzt auch 420.000 Kombolines, Triple-, Diple-, Fiple-Dinger. Aber ich gebe zu, ich bin einfach nicht der Doubletime-Rapper. Darin bin ich echt scheiße. Als ich 16 war, kam dann Rockstah und meinte, du bist voll talentiert, aber lass mal diese Kollegah-Scheiße. Nachdem mir zwei Leute gesagt haben, ich soll nicht rappen wie irgendjemand, wusste ich, ich muss mich selbst finden. Ich bin immer noch dabei, mich selbst zu finden, ich habe aber wenigstens schon mal den Weg gefunden. Oder die Tür. Jetzt gerade bin ich dabei, durch diese Tür zu gehen.

                                      

rap.de: Alles andere wäre ja auch langweilig, Stillstand ist der Tod. Was will jemand, der komplett bei sich angekommen ist, denn für Musik machen?

Ahzumjot: Stagnation ist das Schlimmste. Stagnation und Durchschnitt. Polarisierung ist super, ich liebe es, entweder verrissen oder in den Himmel gelobt zu werden. Mir wäre es auch lieber, wenn alle mein Album so richtig zum kotzen finden, so richtig scheiße. Das ist besser als wenn es heißt, ist ganz nett. Denn dann bist du gar kein Thema. Meine Mutter sagt immer, Hass und Liebe sind sich sowieso ähnlicher als man glaubt. Es sind ja die stärksten Gefühle, die ein Mensch verspüren kann.

                                        

rap.de: Wie bist du dieses Album angegangen? Wohin wolltest du damit?

Ahzumjot: Das Album ist für mich der Startschuss zu Ahzumjot. Das ist das erste Projekt, das ich jemals gemacht habe, wo ich auch immer noch, nachdem ich es 4.000 Mal gehört habe und weiß, dass man immer noch hundert Sachen anders machen könnte. Aber es ist das, was ich in diesem Moment machen wollte, da stehe ich zu hundert Prozent dahinter.
Das Album handelt eigentlich nur von einem Jahr in meinem Leben. Es gibt keine Songs über meine Kindheit, keine Songs über die Zukunft, eher von Jetzt und der Angst vor der Zukunft.