Carolin Kebekus

rap.de:  Wie findest Du insgesamt die deutsche Comedy-Landschaft?

Carolin Kebekus: Wie sag ich das denn jetzt? (Schweigen)… es gibt viele Leute, die einfach nur etwas bedienen, was gerade läuft. Es gibt jede Menge junger Typen mit Gitarre und lustiger Brille. Die kann man schon nicht mehr auseinander halten. Die Entwicklung ist so, dass jemand, der fünf Minuten lustig ist, direkt ein Comedyprogramm geschrieben bekommt und durch die Hallen gejagt wird.
Ich treff Leute bei einem Talentwettbewerb und drei Monate später treff ich die wieder, nur diesmal mit Homepage, Logo, einer Agentur, einem Soloprogramm, einem Plakat und ich denke mir: "Krass! Das KANN doch gar nicht so schnell gehen!". Ich hätte Schiss, dass es danach genauso schnell wieder vorbei ist.
Es gibt auch wunderbare Kollegen, die aber niemand beachtet. Die auch irgendwie schräger sind, die keine große Bühne haben und nicht zu Fernsehsendungen eingeladen werden, weil sie eben vielleicht etwas daneben sind. Gerade auf so kleinen Bühnen sieht man immer wieder Leute, bei denen man sich denkt: mutig! Aber allgemein finde ich es in Deutschland sehr bunt und schrill. Die Comedians bei RTL, wenn die da ihre Show spielen, dann haben die immer so Bühnenbilder, wo ich so epileptische Anfälle bekomme. Ich mag das lieber so amerikanisch: Rauskommen, Mikrofon, quatschen.

rap.de:  Es gibt ja oft das Vorurteil, die Deutschen hätten keinen Humor. Kannst Du das nachvollziehen?

Carolin Kebekus: Nein, überhaupt nicht. Ich war letztens in Kanada, in einem Comedyclub, dann fragen die natürlich: Woher kommst du? Und wenn Du dann "Germany" antwortest, dann werden sofort Witze gemacht hat, dass man da keinen Humor hat. Find ich aber gar nicht. In Amerika ist die Frauenqoute höher im Comedybereich, aber jede Frau, die rauskommt, macht erst einmal Abtreibungs- und Geschlechterwitze. Da hat man so das Gefühl, dass es nur so ums Ficken geht. Weiß nicht, ob das wiederum so erstrebenswert ist.

rap.de: Jetzt gibt’s ja in so Kontaktanzeigen so Sachen wie: "Mein zukünftiger Mann sollte schlank, Nichtraucher und humorvoll sein." Humorvoll ist ja oft ein Kriterium, dass man sich gut versteht. Bei so einer großen Menge im Publikum weiß man aber oft  nicht, warum die Leute jetzt lachen und dann könnte es ja sein, dass sie aus den falschen Gründen lachen.

Carolin Kebekus: Ja, das passiert. Bei der Sache von wegen: "Das sind ja alles Ausländer", da lachen schon ein paar, und da merkt man schon, dass da etwas falsch ankommt. Dann macht man Witze über die Kirche und die Reaktion ist: "Ooooooh!".

rap.de: Ist das so, dass man über Religion keine Witze machen darf?

Carolin Kebekus: Ich habe in meinem Programm so eine Passage über Jesus drin und mir hat auch schon mal ein Veranstalter gesagt, dass er das nicht gut findet, weil er Christ sei. Ich hab halt nur diese Schuldgeschichte der Kirche aufgegriffen, ich bin ja selber katholisch. Als Kind hast du schon das Gefühl, dass du Schuld bist, dass Jesus gestorben ist. Du verstehst das ja nicht.
Ich erzähl dann, wie meine Oma mich beim Masturbieren erwischt. Das löst halt auch diese große Schuldgeschichte aus. Die Schuldgeschichte der Katholiken find ich ganz schlimm. Ich hab als Kind immer gedacht, Jesus sitzt irgendwo in der Ecke und kuckt, was ich mache.

rap.de: Das Tolle am Katholizismus ist ja, dass man trotzdem sündigen darf. An Karneval, zum Beispiel.

Carolin Kebekus: Dazu gibt’s ein schönes Lied von Jürgen Becker: "Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin, die haben ja nichts anderes als Arbeiten im Sinn. Als Katholik, da hastes jut, dat eine ist gewiss, am Sonntag gehste beichten, fort ist der ganze Driss".

rap.de: Aber eigentlich mögen die Kölnerinnen und Kölner den Karneval doch gar nicht, oder?

Carolin Kebekus: Welche Kölner kennst du denn?

rap.de: Die, die geflohen sind. (Gelächter)

Carolin Kebekus: Naja, die wollen wir ja auch gar nicht haben. Ne, also bei mir in der Familie ist es Tradition. Wo andere ihre Familie an Weihnachten treffen, treffe ich die an Karneval. Da gibt’s feste Termine, an denen Freunde und Familie getroffen werden, und die abzusagen, muss man sich erstmal trauen.

rap.de: Geht’s da wirklich nur um Sex, beim Karneval?

Carolin Kebekus: Bei mir nicht. Bei vielen ja, aber das ist auch eher eine nette Nebengeschichte. Für manche gibt es da halt eine Art Freifahrtschein. Aber ich fand’s schon immer ekelig, sich in so einer schwitzigen Kneipe die Schminke vom Gesicht zu lecken. Das hab ich auch noch nie verstanden. Ich war immer diejenige, die zu ihren Freunden gesagt hat: "Den Marienkäfer, den du da grade knutscht, der ist total ekelhaft. Das ist eine fette Sau! Lass das jetzt!"

rap.de: Stört Dich eigentlich der Sexismus im Rap?

Carolin Kebekus: Du meinst diese Frauenverachtung, die da betrieben wird? Das finde ich natürlich nicht gut. Das lebt aber halt auch etwas davon, dass man eben der coole Macker ist, der alle kriegt, aber das ist auch genau das, was ich da mache im Programm. Ich mime halt den Typen und sag Sachen wie: "Das ist ne Schäbige! Ich kann die nicht ficken, die hat eine Scheiß-Fresse!"
Ist klar, das ist übelster Sexismus. Man müsste eigentlich hingehen und den Spieß ganz umdrehen. Das Problem ist, wenn ich sage: "Ich fick euch alle!", dann funktioniert das ja nicht wirklich. (lacht)

rap.de: Aber Du könntest es versuchen! Vielen Dank für das Gespräch.