Carolin Kebekus

Carolin Kebekus macht etwas, das viele Kollegen auf den Bühnen dieser Welt, aber auch viele selbsternannte Witzbolde in den tiefen Weiten der Internet-Videoportale tun: Sie parodiert HipHop. Der Unterschied? Die 30-Jährige macht das in ihrer Rolle als übertriebene Ghetto-Braut tatsächlich gut – und hat Respekt vor der Kunstform, die sie auf die Schippe nimmt. Für ihr Programm "Pussy Terror" erhält die Stand-Up-Comedienne sogar Respekt aus der sonst so humorlosen deutschen HipHop-Szene, wie zum Beispiel Promo-Videos an der Seite von Selfmade-Rapper Favorite beweisen. rap.de sprach mit Carolin über ihr am 06. Mai erscheinendes Rap-Album "Ghetto Kabarett", ihre Jugend im sozialen Brennpunkt von Köln und ihren Selbstfindungsprozess als Frau.
 
rap.de: Also, ich habe Dein Album angehört und bin ein bisschen ratlos. Ich weiß nicht genau, was das sein soll. Auf der einen Seite ist es Comedy, aber auf der anderen Seite will es auch irgendwie tatsächlich Rap sein.

Carolin Kebekus: Ja. ich weiß jetzt auch nicht, wie man das bezeichnen soll. Wahrscheinlich ist es schon ein Comedy-Album. Ich habe in meinem Programm ja ganz viele "Deine Mutter“-Sprüche und da habe ich gedacht, es wäre doch mal total lustig, wenn man da ein Gangster-Rap-Ding mit macht. Ich kannte bei YouTube immer diese selbstgemachten ganz schlechten Videos, wo sich irgendwelche Leute dann so Hunde nehmen, dicke Autos hinstellen und auf Gangster machen und so wollten wir das auch machen, um das ganze ein bisschen hochzunehmen.
Bei der Arbeit daran habe ich dann aber gemerkt, dass wenn man jetzt HipHop machen oder nachmachen will, dann ist das doch schon ganz schön schwer.

rap.de: Ach echt?

Carolin Kebekus: Ja. Ich hab mich ja dann auch viel damit beschäftigt und hab ja auch vorher schon HipHop gehört, aber da hab ich dann wirklich verstanden, was es bedeutet, wenn einer gesagt hat: Sido hat nen guten Flow oder so. Früher, ich so, jaja, wat meint der? Frisur? Keine Ahnung! Und jetzt weiß ich halt, was das ist.
Wir haben das versucht, schon gut zu machen und wir haben versucht, 'nen echten Kern da reinzubringen. Das Lied "Asozial“ ist oberflächlich betrachtet ein total lustiger Song, aber da ist eigentlich übelste Gesellschaftskritik drin.

rap.de: Auf diesem Track beschreibst Du ja relativ bittere Wahrheiten wie Gangbangs mit 13 und das, was sozial schwache Teenager teilweise durchleben. Das alles auch ziemlich witzig, aber darf man das, sich auf Kosten von sozial Schwachen lustig machen?

Carolin Kebekus: Ja klar. Satire ist es ja, wenn du das überspitzt darstellst. Natürlich ist die Frau nicht echt, die ich da spiele, aber die spiegelt schon die Welt wider, in der wir ja leben. Ob man das darf oder nicht, diese Frage habe ich mir gar nicht gestellt.

rap.de: Welchen Bezug hast Du zu diesen Leuten, die Du da parodierst?

Carolin Kebekus: Ich bin selber so gewesen früher. Ich bin aufgewachsen in 'nem Stadtteil in Köln, wo das schick war, so zu sprechen und wo es eher cool war, auf der Hauptschule zu sein und nicht auf dem Gymnasium. Also ich kenn die, auswendig.
 

rap.de: Wie kommt man da raus, aus dieser Welt?

Carolin Kebekus: Indem man einfach rafft, dass das Scheiße ist, nur rumzulabern und rumzuhängen, ich bin ja auch nicht aus 'nem schlechten Haus. Also, meine Eltern haben mich ja sehr behütet erzogen, aber ich komm halt schon aus 'nem sozialen Brennpunkt, aus Ostheim und es war schon so, dass es da viel Reibung gab… aber da kommt jeder raus.
Da leben über 130 verschiedene Nationen auf einem Fleck und dafür, dass wir so viele sind, sogar mehr oder weniger friedlich.
Es gibt natürlich Sachen, die passieren, die schlimm sind, aber das wird dann oft von der Presse so hochgejubelt, dass das keine Relation mehr hat. Wenn dann zwei Ausländer einen Deutschen verprügeln, dann ist das DIE Story, aber dass irgendwie 130 verschiedene Nationen da friedlich zusammenleben, da sind wir echt auf nem guten Weg, das wird nicht beachtet. 
Wir haben dann so ein Fest organisiert namens "Wir sind Ostheim“, weil es da diese rechte Partei "Pro Köln“ gab, die haben dann dort Flugblätter verteilt mit der Aufschrift "Die deutsche Minderheit fühlt sich unterdrückt. Das war halt totaler Fuck und deshalb haben wir dieses Fest gemacht und die ganzen Jungens von früher, die habe ich da jetzt wieder getroffen und dann habe ich gefragt, was macht ihr, was macht ihr? – Die haben alle Abitur gemacht. Das ist eine positive Entwicklung. Bei uns zumindest.