Carolin Kebekus

rap.de: Wenn Du diese Charaktere auf die Bühne bringst und die Leute lachen dann darüber, peilen die das dann, dass Du Dich nicht einfach über die lustig machen willst?

Carolin Kebekus: Ja, die peilen das, weil ich ihnen das erkläre. Ich mach nicht nur die Asis einfach nach, sondern ich sag danach auch: "Na schööööööööööön, sich über die Asis lustig zu machen. Schöööööööööön. Ist ja auch einfach, sich drüber zu stellen.“ Da rede ich auch über Sarrazin und wie erschreckend das ist, dass jemand so was sagt und dann ganz viele Leute sagen: "Endlich sagt das mal einer!
Wenn mir jemand sagt, Multikulti ist gescheitert, dann fühle ich mich tatsächlich beleidigt.  Ich bin so aufgewachsen. Das ist ein Schlag in die Fresse für die Hälfte der Türkinnen, die mit mir Abi gemacht haben und die weitaus erfolgreicher in ihrem Job sind, als ich jemals war. Das ist also nicht so, dass ich mich nur darüber lustig mache.

rap.de: Glaubst Du, dass die Kluft zwischen diesen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten immer größer wird?

Carolin Kebekus: Ich hoffe nicht, weil es gibt ganz viele grandiose Ideen, die man fördern muss, wie zum Beispiel in Hannover. Die haben so ein Portal gemacht, Rock Your Life heißt das, wo Studenten Hauptschüler coachen. Das funktioniert.

rap.de: Findest Du, dass Du auch so eine Vermittlerrolle hast, wenn Du den eher bürgerlichen Leuten, die in Dein Programm kommen, die Asis erklärst?

Carolin Kebekus: Wenn das so ist, dann ist das nett, aber ich habe mir das nicht so vorgenommen. Ich habe schon eher nach einer Erklärung gesucht, warum man sich so lustig macht darüber.
Es gibt ja auch jede Menge Fernsehsendungen, in denen die ja auch so vorgeführt werden. Diese ganzen Vorabendserien, wo wirklich Familien am Rande der Existenz abgefilmt werden, wie sie da in ihrem Müll leben. Das guckt man sich ja an und denkt: Ja, wie eklig die sind, wie dick und wie hässlich und wie blöd.
Ich find das so heftig, weil dahinter ja ein Redakteur steht, der die auch aussucht, nach dem Motto: "Boah, die ist aber richtig eklig. Aaaah, da muss man richtig kotzen.“ Da gab’s einmal so ne richtig Dicke, die durch ne Tür gegangen ist und da haben sie noch so ein Quietschgeräusch drunter gelegt. Das ist schon eine Entwicklung, die echt hart ist. Aber dieser Teil, wo ich die Asis spiele, der Teil, in dem ich erzähle, wo ich herkomme, der ist ja nur ein ganz kleiner Teil meines Programms. Da locke ich die Leute ja auf 'ne falsche Fährte.
 

rap.de: Worum geht es in Deinem Programm ansonsten?

Carolin Kebekus: Mein Programm heißt "Pussyterror" und eigentlich geht’s mir darum, meine Rolle als Frau da zu finden. Also auf der Platte ja auch. Dass da ein Mädchen so harte Sachen rappt, ist ja doppelt bescheuert. Normalerweise sagen das ja nur Jungs: "Lutsch meinen Schwanz, Du Hure!“ Und wenn das ein Mädchen sagt, dann können ja viele nichts mehr damit anfangen.
Das versuche ich auch, in meinem Programm zu machen. Da bin ich so sexistisch, dass ich den Männern ganz viel wegnehme und ich gehe in eine Männerrolle und bin so ekelhaft sexistisch und bin so herablassend zu der Frau, die ich da gerade spiele, dass es echt weh tut.
Mit ganz vielen Sachen, die für Frauen normal sind und die für Frauen toll sind, kann ich nichts anfangen. Ich will nicht in so eine Schublade passen. Solche Sprüche wie: "Jaja typisch Frau, da quatschste immer viel, so etwas hat mich schon immer wahnsinnig gemacht.
Ich hab mal mit meinem Vater ein Auto gekauft, da sagt der Autohändler so herablassend: "Und? Kauft der Papa Dir ein neues Auto?“ Ich bin ausgerastet. Es war mein Geld!
Ich hab dann versucht, herauszufinden: Bin ich überhaupt 'ne Frau, wenn ich da nicht reinpasse? Und über diese Gedanken, das ist ja beim Stand-Up so, dann überlege ich halt, in eine Schönheitsklinik zu gehen, wo sich alle anderen Frauen Botox ins Gesicht machen lassen, dort lasse ich mir dann halt nen Schwanz machen. In der Rolle bin ich dann ein Typ und schlepp dann 'ne Frau ab und sag dann aber zu meinen Kumpels: "Die ist schäbig, die knall ich und danach schmeiß ich die weg. Darüber lachen dann die Typen im Publikum und das dreht dann so ein bisschen den Spieß um.