DJ Vadim

rap.de:  Ok. Machen die Leute aber nicht, weil 90% der Leute einfach nur das herunterladen, was sowieso gerade angesagt ist.

DJ Vadim: Das ist richtig. Weil die Leute keine Zeit haben. Wir haben zwar die Möglichkeit, immer mehr und mehr Musik kennen zu lernen, aber wir haben immer weniger Zeit, sie auch zu hören. Die Leute sind einfach overloaded. Das ist schon komisch. Wir haben alle möglichen Geräte, die uns das Leben vereinfachen. Wir haben Mikrowellenherde. Wir haben Geschirrspüler, Waschmaschinen, E-Mails. All diese Sachen sollten doch Zeitersparnis einbringen und wir haben trotzdem immer weniger Zeit. Wo geht die ganze Zeit hin?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir jetzt, im Jahr 2011 tatsächlich noch mehr zum Schaf geworden sind, das von den Medien kontrolliert wird, wenn es um Musik geht.

rap.de: Das liegt aber daran, dass die Medien heutzutage die Funktion eines A&R Managers übernommen haben. Früher war das Studio so teuer, da durfte nicht jeder ein Album produzieren. Da musste man vorher am A&R Manager vorbei. Heute kann jeder bei sich zu Hause Musik aufnehmen und danach veröffentlichen, da müssen dann die Medien rausfiltern, was gut ist und was nicht.

DJ Vadim: Du hast recht. Funkhaus Europa, das sind meine A&R Manager. (lacht)

rap.de: Das ist sehr gut, aber wo sammelst Du neue Musik. Im Internet oder auf Reisen?

DJ Vadim: Im Endeffekt ist es so, dass ich neue Musik kennen lerne, wenn ich etwas darüber gelesen habe oder mir jemand davon erzählt hat.

rap.de: Aber das heißt, dass Du Deine Tipps auch über die Medien bekommst oder über Social Networks.

DJ Vadim: Ja, aber da kommen schon noch ein paar Sachen dazu. Vorhin war ein Typ vom Juice Magazin hier und er erzählte mir etwas von einem Künstler, den ich nicht kannte. Dann hat er mir das auf den Stick hier gezogen. Auf diese Art und Weise komme ich an neue Musik.
Die Ironie daran ist, dass ich auf diese Art außerhalb von Großbritannien sehr oft britische Musik kennen lerne, weil die Musik in UK gar nicht veröffentlicht ist oder die Leute es dort gar nicht kennen. Also muss ich Großbritannien verlassen, um solche Sachen hören zu können.
Manchmal muss man eben seine Homezone verlassen. Wenn ich zu Hause bin, habe ich auch oft gar nicht die Zeit, Musik zu hören, weil dann mache ich mehr Musik. Aber wenn ich auf Reisen bin, dann kann ich eben nicht so einfach Mucke machen und deshalb rede ich mit Leuten auch mehr über Musik und habe mehr Zeit, Dinge einzusammeln.
Trotz allem, kann man nie alles besitzen. Man wird sich immer nur mit Bruchstücken zufrieden geben müssen.

rap.de: Das ist das Problem der menschlichen Existenz. Aber warum hast Du eigentlich zum jetzigen Zeitpunkt ein Rap-Album aufgenommen? 

DJ Vadim: Ich denke, alle meine Alben sind Rap-Alben, aber es war tatsächlich keine bewusste Entscheidung, dass ich jetzt gesagt hätte, ich muss ein richtiges Rap-Album machen. Das ist einfach so passiert, als Nebenprodukt einer Tournee, die ich 2009 gemacht habe. Ich habe damals Pugs Atomz und Sabira Jade eingeladen und gleich am ersten Tag, an dem wir auf Tour waren, haben wir angefangen aufzunehmen und das haben wir auch bis zum Schluss der Tournee durchgezogen. Das hat alles einfach gepasst und es ist wirklich schwierig zu erklären, warum es so eine Einheit zwischen uns gab. Ich war wirklich schon mit vielen Leuten auf Tour und ich habe auch schon mit vielen Leuten aufgenommen, aber das hieß nicht unbedingt, dass ich gleich ein ganzes Album mit denen mache.

rap.de: Ist es Dir eigentlich wichtig, dass die MCs Texte machen, die Du magst oder hast Du jemals in die Texte der MCs eingegriffen?

DJ Vadim: Es ist schon wichtig, dass ich mit den Texten einigermaßen einverstanden bin. Es gibt definitiv ein paar MCs, mit denen ich nicht zusammen arbeiten könnte, weil die Texte rassistisch oder extrem gewalttätig oder extrem sexistisch gegenüber Frauen sind. Da gibt es auf jeden Fall Leute, mit denen ich nicht zusammen arbeiten würde, egal wie viel Geld sie mir bezahlen würden. Obwohl, das stimmt nicht. Jeder hat seinen Preis und deshalb sollte man so etwas nicht sagen.
Aber im Endeffekt ist es tatsächlich eher so, dass ich gar nicht auf die Texte höre. Ich habe wirklich viele Songs produziert von Rappern, wo ich nicht weiß, wie der Text geht. Manchmal kann ich mich noch nicht mal an den Refrain erinnern. Ich bin so in den Song vertieft, dass ich mich nicht an die Worte erinnern kann.