Hip Hop Never Dies!

Festivals

Festivals im Jahr 2010… was sollen wir sagen? Auf dem Frauenfeld waren wir nicht und auf dem Hip Hop Kemp genauso wenig. Bleiben also nur zwei Großveranstaltungen, die wir ansatzweise bewerten können und die… nun ja. Lest selbst.

Das splash! Festival… unser Lieblingsfestival, dem wir nun seit Jahren die Treue halten, doch nur noch 15.000 Backpacker an drei Tagen machten dem Spektakel ihre Aufwartung.
Schwund auf Deutschlands bekanntestem und schönstem und traditionsreichsten Hip Hop Festival. So fängt man also an, sich die Rückentwicklung schön zu reden. Die einen sprechen von einem “natürlichen Gesundschrumpfen“, für andere ist klar, dass eben nur noch wahre Hip Hop Fans den Weg ins Wittenbergische Gräfenhainichen auf sich nehmen, um mit Harris im großen Zelt zu feiern, oder zum x-ten mal zu "L.M.S.“ von Dauerbrenner Kool Savas abzugehen.

Ganz im Ernst: Irgendetwas kann da doch nicht stimmen, wenn “Fans“ im gemütlichen Schlendergang und ohne Gedränge noch in der ersten Reihe ihren Platz für sich in Anspruch nehmen können, wenn der Star schon längst auf der Bühne ist. Das war früher definitiv anders, aber da war sowieso alles besser und deshalb sind wir auch im nächsten Jahr wieder mit dabei. Hoffentlich!

Noch ein bisschen desaströser war dann aber der sogenannte Help Music Award in Berlin, der laut Veranstalter die größte Charity-Veranstaltung Deutschlands werden sollte. Doch statt Größe und guter Laune sorgte ein leerer Flugzeughangar, in dem die Konzerte stattgefunden haben, lediglich für den größten Flop des Jahres.
Unter dem Motto “Musik schafft Brücken“ war der Help Music Award dazu gedacht, soziales Engagement mit Musik unter einen Hut zu bringen. Vom 22. bis 24. Oktober sollten Künstler aus unterschiedlichen Musik-Bereichen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof auftreten und für ihre sozialen Projekte ausgezeichnet werden.

Geplant waren auch Auftritte von Rappern, wie Harris, Hammer&Zirkel, Olli Banjo und She-Raw, doch statt einer gefüllten Konzerthalle und mitreißender Stimmung verkehrte sich die Veranstaltung in ihr komplettes Gegenteil. Schlägereien im Backstagebereich,  Programmänderungen und Veranstalter, die unter Polizeischutz aus der Halle geleitet werden mussten, führten zum vorzeitigen Abbruch des Festivals und zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust ungeahnter Größe. Wer hat jetzt noch Lust auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung aufzutreten? Danke Help e.V., da habt ihr ganze Arbeit geleistet.

Zurück blieben verärgerte Künstler, enttäuschte Fans und ein verzweifelter Falafel-Verkäufer, der mit kostenlosen Häppchen versuchte, seine Leckerbissen noch irgendwie an den Mann zu bringen.

Das Melt Festival ist der neue splash!

Wer im Sommer das Melt-Festival besucht hat, konnte Zeuge werden wie 10.000e begeisterte Festivalbesucher zu der Reibeisenstimme von Dendemann abgegangen sind und man könnte den Verdacht bekommen haben, dass das erst der Anfang einer ganz eigenen Entwicklung gewesen sein könnte.
Ist es nicht vielleicht tatsächlich so, dass die Hip Hop Acts, die zur Zeit künstlerisch am experimentierfreudigsten und am spannendsten sind, nicht tatsächlich allesamt auf dem Melt spielen könnten, ohne von einer wütenden Horde Emos mit Bechern beschmissen zu werden? Würde es ernsthaft jemanden verwundern, wenn die Orsens oder Casper im nächsten Jahr eine Woche früher in Ferropolis spielen würden und das splash! Festival all jenen überlassen, die sich in ihrer Hip Hop-Burg verschanzt haben. Gegen K.I.Z. dürfte die drogennehmende Feiermeute vom Melt wahrscheinlich auch nichts einzuwenden haben, lediglich auf Haftbefehl oder so würden sie vielleicht nicht ganz so klar kommen.
Aber ehrlich gesagt könnte der dort das Geschäft seines Lebens machen, wenn er noch als Händler bewusstseinserweiternder Substanzen tätig wäre. Insofern kann man mit Sicherheit auch da noch irgendwie einen Link herstellen.

Mixtapes – da war auch schon mal mehr

Vorbei ist die “schöne“ Zeit (ach ja früher), in der das Veröffentlichen von mindestens drei Mixtapes vor dem eigentlichen Album noch zum “Guten Ton“ gehörte.
Das Phänomen, dass immer weniger Alben veröffentlicht werden, ist bekannt und so wundert es nicht wirklich, dass es 2010 auch dementsprechend weniger Mixtapes gab.

Einer der wenigen, der diesem Trend entgegen zu wirken versuchte, war der Kölner Eko Fresh, der mit seinen Mixtapes “Freezy Bumaye 1.0 und 2.0“ mehr oder minder großes Aufsehen erregte.

Auf der anderen Seite des großen Teichs ist ein ähnliches Bild zu beobachten. Zwar wurde in den Staaten kräftige rausgehauen, darüber gesprochen allerdings kaum. Die meist halbherzig hingerotzen Mixtapes verkamen in diesem Jahr zu einer fixen Freedownload-Geschichte – wir meinen zu Recht! 

Dürftige Puchlinedichte…

2010 war gewiss nicht das spannendste Jahr für Deutschrap und so überrascht es auch nicht, dass coole Sprüche, deftige Punchlines und lustige Wortspiele der bekannten Sprechgesangsartisten eher dünn gesät waren.
Dies hing sicherlich auch mit dem geringeren Output der Künstler zusammen, in diesem so releaseschwachen Jahr. Darüber konnte dann auch kein "60 Terrorbars till Infinity“ hinwegtäuschen, ein Song der sich auf Fards Album "Alter Ego“ wiederfand und mit Punchlinegrößen wie Summer Cem, Farid Bang, Kollegah und Snaga aufwartete.

Also meine Herren und Damen Rapper, für 2011 wünschen wir uns dann doch wieder ein wenig mehr Eigeninitiative und kontinuierlichere Veröffentlichungen, um das bislang noch aktuelle trostlose Jahr schnellstmöglich zu vergessen. Natürlich aber auch deshalb, um dem Battle-Rap begeisterten Hip Hop – Fan im neuen Jahrzehnt wieder ein Lächeln auf die eingestaubten Mundwinkel zaubern zu können.