Crackaveli

rap.de: Was hast Du denn in der Zwischenzeit, zwischen Deinen beiden Musikkarrieren, getätigt?

Crackaveli: Mann, Alter, kann ich Dir nicht beantworten. Die Zeit ist einfach verstrechen. Du weißt doch, die Zeit vergeht einfach so. Da kommt das und dann das und dann das, da gibt es nicht viel zu erzählen. Da muss man sich dann irgendwann wieder besinnen.

rap.de: Das heißt, Du hast ne Zeit lang aber nicht so sehr auf dich Acht gegeben?

Crackaveli: Ich war, was das betrifft, total undiszipliniert. Musik war Nebensache. Ich habe auch probiert, etwas anderes zu machen und jetzt sitze ich trotzdem hier mit dir. Mann, ich liebe die Scheiße, ich liebe Musik, was soll ich Dir erzählen, Alter?

rap.de: Wie bist Du auf Hip Hop Mucke gekommen?

Crackaveli: Ich weiß es noch ganz genau. Ich hatte damals einen Fernseher in meinem Zimmer, der war ganz klein, da war ich acht, neun. Auf dem habe ich gezappt und dann gab es von Guru, Gang Starr“Step In The Arena“. ich dachte, es wär ein Film, weil die da gekämpft haben und dann kam das nächste Video, irgendwas. Dann bin ich da drauf hängen geblieben und habe angefangen zu rappen. Damals gab es noch "Yo! MTV raps" jeden Tag, ne halbe Stunde mit Ed Lover und Dr. Dre.
Ich war ja ein richtiger Fanatiker – übertrieben. Ich musste alles wissen, egal, ob es nur ein Schnipsel ist, egal.

rap.de: Haben Deine Freunde darüber gelacht?

Crackaveli: Nee, die haben sich Tipps von mir geholt, darüber was cool ist und was nicht. Smif-N-Wessum, Black Moon, Wu Tang. Das kam damals raus. “Chronic“ natürlich.

rap.de: Was glaubst du, ist mehr Parallelgesellschaft? Dein Musikerding, oder die Jungs mit denen Du damals auf der Straße abgehangen hast?

Crackaveli: Ich glaube beides war irgendwie eine Parallelgesellschaft für mich. Ich wurde damals total diskriminiert, was die Hip Hop Gesellschaft betrifft. Ich hatte ja damals keine Uniform, wie man heute sagt. Ich hatte keine weiten Hosen, oder konnte mir das nicht leisten und so dachten sie automatisch: Der Kanacke hat keine Ahnung. Die dachten damals, ich würde nicht mal Tony Touch kennen. Wenn ich gefragt habe, was die denn hören, haben die immer gesagt: “Das ist Tony Touch, kennst du nicht!“, weißt du was ich meine? Die dachten automatisch, du musst irgendwie Hip Hop Uniform anhaben, um Bescheid zu wissen.

rap.de: Hast Du dich jemals in der deutschen Hip Hop-Szene zu Hause gefühlt?

Crackaveli: Nein, nicht wirklich. Am Anfang nicht, jetzt mittlerweile schon so halb. Am Anfang, wo diese Stuttgart- und Hamburg-Zeit war…

rap.de: Ja gut, aber dann gab´s ja auch irgendwann Rap aus Berlin.
 
Crackaveli: Berlin normal. Du weißt, wir sind die Kings. Berlin ist Beste. Natürlich, wir sind die Kings. Das ist normal.

rap.de: Hat Dir das dann was gegeben? Für viele, die sich nicht so zuhause gefühlt haben im deutschen Rap, war ja das, was Aggro gemacht hat eine Erlösung.“Okay, jetzt gibt’s harten Rap. Jetzt kann ich mich zu Hause fühlen.“. Aber das hat Euch ja dann auch nicht gefallen.

Crackaveli: Ich würd da nicht “euch“ sagen. Ich seh mich als eigenständiger Mensch und ich hatte immer irgendwie ein Verständnis für so was. Früher hast du gebombt oder gebreakt oder irgendwas gemacht, erst dann warst du wirklich in der Szene. Heute bist du in deinem Kinderzimmer und sagst: “Ich werd jetzt Rapper.“, dann bist du Rapper. Das hat nicht wirklich was mit diesem Film von damals zu tun. Kinder können sich von heute auf morgen entscheiden, Rapper zu werden. Aber das ist nicht dieses Hip Hop-Ding, wie es damals war. Als Kanacke hatte ich trotzdem immer ein Verständnis: “Okay, das ist Battle-Rap. Lass sie mal.“, statt zu sagen: “Guck mal, wie der rappt. Der ist ein Opfer!“ Jeder macht das auf seine Art und Weise. Ich muss nicht alles mögen, aber ich hab Verständnis, weil ich damit aufgewachsen bin.
Trotzdem wird man als Kanacke automatisch in eine Ecke gedrängt. Die denken gleich: “Der Typ denkt sowieso, wir sind Opfer oder so.“ Nein, ist aber nicht so.
So ein Tefla und Jaleel denken, bestimmt, die könnten sich mit mir nicht über Hip Hop unterhalten oder darüber, wie es damals war, wenn die jetzt ihre Oldschool-Tracks bringen “Back in the Days“. Ich kann genau so fühlen wie die, aber das sieht man mir einfach nicht an und dadurch wirst du diskriminiert. Ganz einfach.

rap.de: Ja klar, weil viele, die so aussehen und so auftreten wie Du, tatsächlich gar keine Ahnung haben.

Crackaveli: Dafür kann ich nichts. Auch nicht Du oder er oder er.

rap.de: Warst Du mit deiner Einstellung gegenüber Hip Hop bei Shok alleine?

Crackaveli: Nein, nicht wirklich. Da waren auch viele so, Irie zum Beispiel. Der hat damals übertrieben gebreakt, gesprüht und so. Der war auch bei den Corners an der Friedrichstraße.

rap.de: Warum habt Ihr diesen Hip Hop-Vibe damals nicht so richtig ausgelebt?

Crackaveli: Ich denke, wir haben das eher ausgelebt, was die Beats betrifft. Wir haben einfach versucht, etwas eigenes zu kreieren, auch wenn es für andere zu aggressiv war.