Ronny Trettmann und Ranking Smo

rap.de: Ihr sagt “Dancehall muss nach Hause geholt werden“. Was heißt das?

Ronny: Dancehall wird oft falsch verstanden. Dancehall ist auch schon seit ein paar Jahren unterwegs und sucht ein Zuhause. Auf jeden Fall ist auch Obergräfenhain Eins eine Unterkunft von Dancehall. (lacht)

Smo: Es steckt in jedem selbst drin. Da gibt es keinen universellen Platz, wo sich Dancehall befindet.
Es gibt ja in jeder Musik Leute, die sagen: “Bestimmte Leute dürfen diese Musik nicht nehmen, denn das ist unsere Musik.“ Das sind diese Realkeeper, die man überall findet. Aber ansonsten ist jede Musik frei, genauso Dancehall. Wenn man sich den Dancehall auf Jamaika anguckt, dann sind das Jungs, die vom amerikanischen R’n’B beeinflusst werden und vom Reggae der sie umgibt.

Ronny: Techno ist ganz groß.

Kid Gringo: Es gibt sogar Gruftis in Kingston. (lacht)

Smo: Die nehmen die ganzen Einflüsse und verarbeiten daraus ihren neuen Stuff. Das hört sich auch nicht mehr nach dem 90er "Bum-Bum-Tschak-Dancehall" an, sondern sehr amerikanisch. Die sehen halt was um die rum passiert, sehen Leichen auf den Straßen und rappen halt darüber. Am Ende ist es halt das Produkt von alldem.
Und genauso ist unser Album jetzt nicht Dancehall, weil es halt nach jamaikanischem Dancehall klingt, sondern weil wir auch unsere Einflüsse nehmen und daraus Musik machen. Es hört sich natürlich anders an, weil die Einflüsse, die uns hier umgeben, andere sind als auf Jamaika. Aber die Herangehensweise ist dennoch ähnlich.

rap.de: Wie schwer ist es für euch gewesen, diesen ideologischen Ballast "Ich darf diese Musik eigentlich gar nicht machen“ abzuwerfen?

Smo: Das ist eigentlich gar nicht so wirklich schwer, denn ich habe den gar nicht so mit mir rumgetragen. Man sieht halt zwangsläufig, wenn man in der Reggaeszene groß wird, wo das Loch ist. Die Protagonisten haben halt an den Leuten vorbeigespielt, finde ich. Wir sind ja immer auch Konsumenten und da ist eine Diskrepanz zwischen den Leuten, die da stehen und sagen: “Was will der von mir?“ und den Artist, die halt denken:“Warum flippen die nicht auf meine Musik?
Wenn man das zur Hälfte auch als Konsument betrachtet, dann ist das mit ein bisschen Kombinationsfähigkeit offensichtlich, was fehlt. Das Publikum will halt auch Leute, die davon singen, was die Leute erleben und halt merken, dass wir genauso dastehen und nicht wissen, was wir damit anfangen sollen, mit dem ganze Zeug, was es bisher so gib. Dafür bekommen wir viel Zuspruch.

rap.de: Und auch viel Hate wahrscheinlich.

Smo: Und auch Hate, was aber cool ist, find ich, weil am schlimmsten wär's ja, wenn wir ein Album machen und keinen interessiert es.

rap.de: Wünscht Ihr euch mehr Lebendigkeit in dieser Dancehall-Szene?

Smo: Inzwischen scheißen wir eigentlich auf die Dancehall-Szene.

Kid Gringo: Smo hat gerade diesen Song, der jetzt die Tage ins Netz kommen wird, wo wir auch noch mal gezielt alles kaputt machen und mit diesen Rastadingern aufrollen.

Smo: Also quasi Zerstörung, um es danach neu aufzubauen.

rap.de: Also ihr seid Bushido, wie Bushido fürs deutsche Rapgame. (Gelächter)

Smo: Wir rappen nur besser, obwohl wir keine Rapper sind.

 rap.de: Abschließende Frage, weil mich das immer beschäftigt hat. Wie authentisch war der Song "Glover“?

Ronny: Schon ziemlich authentisch. Selbst wenn es Comedy-mäßig angelegt ist und irgendwie lustig ist, spielt halt Autobiografie immer ne Rolle. Sie heißt jetzt zwar nicht Glover, aber das ist ne wahre Geschichte.

rap.de: Die war auch tatsächlich mit dir in Deutschland?

Ronny: Ja.

rap.de: Und dann war sie weg?

Ronny: Und dann war sie weg, ja. (Gelächter) Das lustige ist, dass ein DJ wie Barney Miller halt ankommt und sagt: “Ey Alter, Du hast die Story von all den anderen Leuten, die drüben waren, sich verliebt haben und ne Frau mitgebracht haben, eins zu eins wiedergegeben.

rap.de: Ist auch das eine Illusion, die Liebe hierher zu bringen?

Ronny: Nicht wirklich. Das kann funktionieren, nur in vielen Fällen klappt es halt nicht. Das kann damit zusammenhängen, dass es ein Ideal ist. Ein weißer Mann holt dich raus aus dem Ghetto, behandelt dich besser als unsere Männer und sorgt halt dafür, dass du sicher lebst in der ersten Welt. Das steckt bestimmt schon drin bei den armen Familien. Letztendlich kommt's dann auf die beiden an, ob man reif ist und sich versteht oder eben halt erkennt, dass man doch nicht zusammenpasst. Das heißt ja nicht, dass die Frau, die mit nach Deutschland gegangen ist, dann Deutschland wieder verlässt und nach Jamaika geht, sondern die sucht sich dann einen anderen Mann.

rap.de: War das in dem Fall so?

Ronny: In dem Fall war es so, ja.

rap.de: Das ist dann ein bisschen schade, oder?

Ronny: Nö, es gehört halt zum Reifeprozess dazu.

rap.de: Danke, vielen Dank für das Interview.