Ronny Trettmann und Ranking Smo

rap.de: Verstehen die Deine Position? Ich denke mal, wenn man diese Leute trifft, dann unterhält man sich ja auch und ihr habt ja aufgrund Eurer Musik ja doch eine gemeinsame kulturelle Grundlage, oder?

Ronny: Ja, also der Nenner ist auf jeden Fall immer da. Wenn ich nochmal kurz ausholen darf: Als ich das erste Mal rübergeflogen bin, hab ich nur Hip Hop, Soul und R'n'B gehört und wusste nichts von Jamaika. Wir wollten im Winter eigentlich ursprünglich alle nach New York fliegen und Platten kaufen. Alles, was man so damals in der Nachwendezeit irgendwie nachholen musste. Ich hatte aber keinen Bock auf Winter und ich hatte zu Hause so ein Prospekt rumliegen, wo halt ne Frau aus’m Wasser kommt, türkis-grün und ich bin dann halt allein nach Jamaika geflogen.

rap.de: Alleine?

Ronny: Ja, mit nem Zelt, weil ich dachte, man könnte dort zelten. Ich bin dann dort angekommen und hab diesen Kulturschock erlebt. Letztendlich war es alles viel hiphoppiger als ich's mir je erträumt hätte. Das Freestylen, die Leute, jeder kann singen, jeder deejayed. Die Musik wird laut gespielt. Du hast jeden Abend Party. Die Tanzkultur.
Von da an hab ich Platten mitgebracht, hab angefangen in Karl-Marx-Stadt Reggae zu spielen, wo die Leute mich vorher als Hip Hop DJ kannten. Von da an war ich auf dem Reggae-Trip. Danach hab ich nie wieder Musik so intensiv, so laut, so Bass-lastig und so lebendig wahrgenommen, wie dort auf dieser Insel. Das ist einfach so.

rap.de: Würdest Du dort gerne leben?

Ronny: Ich wollte immer dort leben, aber später hab ich anhand der Umstände gemerkt, dass es eine Illusion ist, irgendwie dort zu leben. Es ist halt trotzdem eine Geld-Frage. Wenn du Kohle hast, dann ist alles möglich. Dann mögen sie dich überall auf der Welt, außer vielleicht in Afghanistan (lacht).
Es wär halt letztendlich ein Schlussstrich, den man zieht. Wenn du dort mal fünf Jahre warst, dann wirst du wahrscheinlich nicht zurück wollen. Ich kenne Leute, die in der Karibik gelebt haben, zurückgekommen sind und jetzt irgendwo in Plauen wohnen und dort verkümmern. Warst du schon mal auf Jamaika?

rap.de: Nein.

Ronny: … aber Du hörst doch öfters Storys über die Insel, oder?

rap.de: Ja. Ich bin immer fasziniert von diesen Geschichten, zum Beispiel von den Bobo Dreads, die nicht mit der Gabel essen, weil das ein Werkzeug des Satans ist oder dass sie Frauen zwanzig Tage im Monat für unrein halten.

Ronny: Ja, aber das sind echt Fundamentalisten. (Gelächter) Das sind wirklich Taliban. Das spiegelt nicht Jamaika wider, weil es die Städte gibt. Es gibt Kingston als größten Moloch dort und, wie gesagt, es ist alles im Wandel. Man darf nicht vergessen, dass da gerade seit grob hundertachtzig Jahren die Sklaverei abgeschafft ist und die Nachwirkungen immer noch mental da sind. Jamaika ist echt ein armes Land. Außer Koks und Bauxit geht da eigentlich nichts. Vielleicht noch ein bisschen Rumexport.

rap.de: Wie findet Ihr Menschen, die hier den Rastafarianismus leben?

Smo: Wir machen uns über die Leute in Deutschland lustig, die meinen sie seien Rasta, nur um anders zu sein. Da sind dann voll die Rastas auf den Parties und machen einen auf: “Wir so einig mit uns selbst, weil wir kein Schwein essen“. Das ist halt Bullshit, denn man kann es hier nicht leben. Man ist hier Teil des Systems.

rap.de: Man ist auch in Jamaika Teil des Systems.

Smo: Aber wir leben nun mal im Westen und wir haben hier nun mal McDonalds und trinken unsere Cola und sind so halbherzig: “Ich geh’ nicht zu McDonalds, weil ich mir Rastas hab wachsen lassen“. Aber man kann es halt nicht verhindern.
Die sind hier geboren und haben eigentlich nichts damit zu tun, aber dann einen Che Guevara-Pulli tragen und sagen: “Fick das System!

rap.de: So und Ronny Trettmann ist dann der spaßige Gegenentwurf zu dem allen und das wurde relativ erfolgreich. Hat Dich das beschäftigt, dass das erfolgreicher war, als das, was Du davor relativ ernsthaft gemacht hast? Hat Dich das gewurmt?

Ronny: Nee, nicht wirklich. Es ist ja so, dass die Comedyfigur über einen längeren Zeitraum schwieriger zu spielen ist, als natürlich zu sein. Ich finde es schön, dass ich es geschafft habe, innerhalb der vier Jahre, die ich jetzt am Start bin, mich noch mal zu wandeln. Das war auch der Grund, warum ich mich von meinem Label damals getrennt habe, denn ich hätte dort weiter diese Comedyfigur spielen müssen. Das erschöpft sich auch nach einer gewissen Zeit oder sagen wir es mal so: Ich bilde mit ein, dass ich mehr kann, als nur lustige Texte zu schreiben, mich komisch anzuziehen und nur abzuspasten. Ich bin froh, dass ich mir heute alles leisten kann. Ich kann den totalen Idioten raushängen lassen und danach mit einem Song wie “Großvater“ kommen. Ich bin halt frei. Das fühlt sich gut an.

 

rap.de: Was ist denn das Endziel dieser musikalischen Entwicklung?

Ronny: Das Endziel ist zufrieden zu sein mit sich selbst und gut zu leben.

rap.de: Wird Euer Projekt so was wie Hans Söllner?

Ronny: Hans Söllner? Nee, ganz und gar nicht. Dafür sind wir viel zu dicht an der Musik dran. Wir hören jeden Tag den neuesten Schrott aus Jamaika. (lacht)