Fler: Das ist auch wieder, was ich sagen wollte. Ich kann Lieder machen, wo ich sage „ich ficke deine Mutter, Hurensohn“..
rap.de: .. das sagst du ja im Intro.
Fler: Ja, das stimmt. Aber nicht „du Hurensohn“. Aber auch hier geht es wieder um den Kontext. Es geht darum, was ist „Peace“? Peace ist, wenn es beim Dissen auf den Tracks bleibt, wenn dich nicht einer direkt um die Ecke bringen will, wenn die Kinder nicht auf Teledin draußen rum rennen.
Fler: Nee, Schule ist nicht scheiße. Ich hab gesagt, in der Schule lernst du nicht das, was du auf der Straße brauchst.
rap.de: Ja, aber du willst doch von der Straße weg. Dann lern doch Sachen, die du nicht auf der Straße brauchst.
Fler: Du kannst von der Straße aber nicht wegrennen. Das Leben ist auf der Straße. Du kannst dich von der Kacke fernhalten, aber trotzdem ist das Leben auf der Straße.
rap.de: Ich glaube, es gibt viele Menschen, für die findet das Leben in Büros oder in Agenturen, in Cafés bei Latte Macchiato statt.
Fler: Genau, genau. Und die kommen im Leben nicht zurecht. In ihrer Bürowelt kommen die zurecht. Aber sonst nicht. Aber spätestens wenn die nach hause laufen, haben die ein Problem, wenn sie an den falschen Ecken vorbeilaufen.
rap.de: Ja, aber diese Menschen leben in Stadtvierteln, wo es keine falschen Ecken für sie gibt.
Fler: Die Realität ist, die breite Masse lebt auf der Straße. Leute, die was mit Rap zu tun haben, sind ja nicht in Büros. Die sind auf der Straße. Das sind keine Büro-Heinis. Ich rappe nicht für Büro-Heinis. Wenn sich Büro-Heinis meine Musik reinziehen, dann ist das gut, weil das heißt, die sind nicht egoistisch.
rap.de: Glaubst du wirklich, es gibt in Deutschland mehr Drogendealer als Büroangestellte?
Fler: Ja. Mindestens genau so viele. Schwer zu sagen.
Fler: Man muss die Waage halten. Vergiss nie wo du herkommst, aber mach dein Ding und sei fokussiert. Es gibt nicht nur eine Seite im Leben. Ich kann nicht mein Geld nehmen und mich morgen verpissen, dafür habe ich hier zu viele Freunde, an denen ich hänge, dafür hängt mein Herz zu sehr an dieser ganzen Scheiße. Ich hänge an der Straße und denke sie ist wichtig für meine Seele. Sie zeigt mir ja auch, wie gut es mir geht.
Fler: Die Straße muss besser werden. Du kriegst mich raus aus der Straße, aber die Straße nicht aus mir.
rap.de: Wie wird die Straße besser?
Fler: Indem die Leute sich auf Hip Hop konzentrieren. Mehr Workshops geben, mehr breaken, mehr malen, mehr rappen, ihre Streitigkeiten durch Raps austragen. Wenn ein Kollege von mir jetzt an der Ecke Gras tickt, dann wird das als schlimm angesehen, aber wenn die ganzen Büro-Hengste auf Party ihr Koks ziehen, dann finde ich das viel schlimmer!
Diese sogenannte Spießer-Welt ist total scheinheilig. Ich mag lieber das Echte, wenn es rough ist, wenn ich weiß woran ich bin. Auf der Straße weißt du immer, woran du bist. Sobald es losgeht mit dem Geld, mit diesen Partys und diesem, yo, wir sind jetzt alle oberflächlich und kennen uns nur noch, weil wir alle Geld machen, das macht dich krank, das macht die Seele krank, Alter. Das ist der Grund, warum es so vielen Leuten schlecht geht. Die Mädchen denken nur noch an Party, Minirock und Saufen. Die Typen denken nur noch an Emo-Frisuren, an Punker-Frisuren, Eyeliner und Schlauchjeans. Bei Rap kannst du dich aussprechen, wie es dir geht, Frust rauslassen, Liebe zeigen, dich für Liebe empfänglich machen, alles ist cool. Du bist ein Mensch. Du musst dich nicht verstellen, denn letztendlich muss jeder glücklich werden. Harte Schale, weicher Kern. Jeder Mann, der draußen kämpfen muss, will sich zu hause bei seiner Frau fallenlassen können.
rap.de: Die Frau, die er verlassen muss, weil die Umstände dagegen waren?
Fler: Ja, leider. Ich bin solo. Ich bin auf der Suche!
rap.de: Aber er verlässt euch wieder, denn er ist kein Mann, der euch mit in die Scheiße ziehen will.
Gelächter.
Fler: Nee, wenn die Frau tough genug ist, um mit mir so klarzukommen, wie ich bin, dann kann ich auch damit leben, dass sie auf Party gehen will oder so.
rap.de: Okay. Und wenn sie reich ist?
Fler: Auch okay. Aber Reichtum im frühen Alter verdirbt den Charakter.