Grandmaster Flash

rap.de: Stay away from the casanovas!

GMF: (lacht) Nun, die Leute haben es nicht verstanden, was ich da machte. Ich kann mich daran erinnern, als ich es dann das erste mal präsentiert habe im Park, haben die Leute sich nach vorne gedrängelt, um zu sehen was ich da mache.

rap.de: Aber du hast es ihnen nicht gezeigt.

GMF: Ich habe es nicht jedem gezeigt, aber irgendwann musste ich es meinen ersten DJ-Kollegen zeigen und das habe ich dann auch gemacht. Ich habe es ihnen ganz langsam beigebracht, es ihnen vorgemacht, die Kopfhörer in die Hand gedrückt und es sie nachmachen lassen. Sie haben es aber nicht hinbekommen. Ich habe mir dann auch einen anderen DJ-Partner gesucht und das war dann Mean Jean. Er hatte gute Kopfhörer, gute Verstärker, gute Mixer, gute Turntables und gute Platten.

rap.de: Und du hattest gute Skills.

GMF: Ja, ich hatte die Skills. Ich wollte das Mean Jean beibringen, und wir haben bei ihm zu hause geübt. Im Wohnzimmer war dann dieser kleine Junge, der die Nadel abnahm und wieder fallen ließ. Ich fragte Mean Jean "wer ist der kleine Dude?“ und er sagte "das ist nur mein kleiner Bruder“, daraufhin sagte ich "schau mal, was er macht, ich will ihn in der Crew“, weil dann hätten wir einen Kleinen dabei und würden mehr Leute anziehen, so wie Kool Herc. Aber er drohte mir, dass, wenn ich seinen kleinen Bruder an die Turntables lassen würde, dann würden wir Stress haben. Jean war der Bully in der Gegend. Er lief rum, schlug Leute, er war ein grottenschlechter DJ, aber keiner hat sich getraut, es ihm zu sagen, denn mit ihm wollte man keinen Stress haben. Also ließ ich seinen Bruder heimlich an die Turntables, wenn Jean bei der Arbeit oder bei seiner Freundin war. Er musste sich auf eine Kiste stellen, weil er sonst zu klein war und er folgte meinen Ansagen.

 

rap.de: Du machst gerne Musik unter gefährlichen Umständen, oder?

GMF: (lacht) Ja wahrscheinlich. Eines Tages habe ich Jean aber die Wahrheit gesagt. Ich sagte zu ihm, dass er mich schlagen könne, aber dass ich seinen kleinen Bruder unterrichte. Er ist total ausgerastet, aber ich nahm meinen Mut zusammen und sagte zu ihm, er soll sich den Kleinen mal reinziehen. Also stieg der Kleine auf seine Kiste und zeigte seinem älteren Bruder, was er drauf hatte. Sein Name war Theodor, später wurde er Grand Wizard Theodor. Er war mein erster erfolgreicher Schüler und von da an, lernten es immer mehr Menschen, die mich nicht so sehr mochten, weil sie jetzt ihr Metier quasi neu erlernen mussten. Das ist also mein Beitrag zur Wissenschaft.

rap.de: Hast du dich wie ein Pionier gefühlt?

GMF: Nein! Gar nicht. Ich habe einfach was gemacht. Irgendwas gemacht. Cuts, Doubleback, irgendwas. In meinen wildesten Träumen wäre mir nie eingefallen, dass ich mal die Art verändern würde, wie Leute Musik machen.

rap.de: Du hast dir damals diese Maschine selbst gebaut. Wie hat es sich für dich angefühlt, als diese Dinge irgendwann mal Standard wurden und überall zu kaufen waren?

GMF: Ich hätte ein Patent beantragen sollen. Aber ich denke, es ist okay. Manche brauchen ein Leben lang, um etwas zu erfinden und wenn es dann fertig ist, wollen oder brauchen es die Leute nicht. Bei mir hat keiner nein gesagt, sondern alle haben nur gefragt, was das ist? Das könnte was sein. Immer wenn ich DJs sehe, denke ich, von allen Elementen ist DJing doch das anstrengendste. Das ist der Kampf Mensch gegen Maschine plus ein Haufen unbekannter Menschen vor dir, die tanzen wollen und die gesamte Verantwortung liegt bei dir.

rap.de: Was ist das Geheimnis eines guten DJs?

GMF: Er muss Menschen zum Ausflippen bringen.

rap.de: Ja. Aber wie?

GMF: Kommt drauf an, wie sich die Leute amüsieren wollen. Man muss auf Körpersprache achten, Timing, was du spielst und wann du es spielst. Ich habe mir wirklich krasse DJs bei Contests angeguckt, die haben alle ganz neue Styles und alles, aber die richtigen Männer wie Q-Bert sind immer unterwegs. Wenn du deine Sache gut machst, dann klingelt dein Telefon immer und zwar so oft, dass du kein Leben mehr hast, weil du so gut bist. Menschen verlieben sich in deine Leidenschaft. Die Menschen achten nicht auf deine Technik, sie achten auf deine Leidenschaft und deine Liebe. Hip Hop ist Liebe.