Grandmaster Flash

GMF: Wie nennt sich das?

rap.de: Red Bull Music Academy.

GMF: Ich sehe Leute in Clubs, die Red Bull trinken.

rap.de: Das ist ein österreichisches Unternehmen, die eben auch kulturelle Veranstaltungen unterstützen und in diesem Rahmen auch DJing, aber natürlich haben die da auch ein Marketing-Interesse daran, nun ja..

GMF: Sie haben ein Marketing – Interesse am DJing? Und Red Bull?
 
rap.de: Ja, die DJs trinken Red Bull und dann performen sie besser.

GMF: (lacht) Okay, vielleicht. Wenn die meinen. Ich kenne Red Bull, aber es interessiert mich nicht.

rap.de:  Was mich aber interessiert ist: Wie war es als du das DJing sozusagen erfunden hast.

GMF: Kommen wir jetzt also endlich zu meinem Fachgebiet, ja? Gut. Kein Graffiti mehr, kein Emceen mehr, jetzt geht’s um das DJing. Also, fangen wir an.

rap.de: Wie war der Vorgang und das Gefühl, als du Turntableism erfunden hast? Ich glaube ja, dass, wenn man etwas noch nie dagewesenes zum ersten mal macht, dann ist einem noch nicht unbedingt bewusst, dass man gerade etwas vollkommen neues erfindet.

GMF: Ja. Das stimmt. Ich habe damals die anderen DJs beobachtet und die haben den Tonarm auf die Platte gesetzt und die Lieder von Anfang bis Ende durchgespielt. Ohne es zu realisieren, fand ich, dass irgend etwas fehlte. Von diesem Moment an, dachte ich, ich muss etwas finden, dass die dass die Stile verbinden könnte: von Punk zu Rock, zu Blues, zu Funk, zu Disco.  das waren die Breaks. Du musst aber bedenken, dass die Stücke  zu der Zeit sehr kurze Breaks hatten, manchmal nur zehn Sekunden lang. Was mich letztendlich dazu brachte, diesen Style zu kreieren, war Frustration. Der Drummer machte sein Ding sehr gut, aber plötzlich war er nicht mehr da. Warum? Ich habe mich gefragt, warum? Warum? Warum?
Warum spielt jetzt wieder die ganze Band. Warum kann der Drummer nicht länger spielen? Das Problem ist, dass die Platten eben so gemacht wurden. Das hat mich frustriert und ich glaube, so werden die meisten Sachen erfunden, aus purer Frustration über die Dinge wie sie sind. Also okay. Dieses Ding existiert, wie kann ich es also so ändern, dass es mir gefällt? Wie ich es für richtig halte? Zu der Zeit hatten DJs ihre Samtbürsten dabei und sie reinigten damit ihre Platten sehr fein und säuberlich, so als würden sie ihre neugeborenen Babys baden. Ich fand das früher immer etwas seltsam, und ich fragte mich, warum die das machen?

rap.de: Na, weil sie ihre Platten geliebt haben.

GMF: Okay. Sie liebten die Platten. Aber alles was ich sah, war, dass sie entweder die Ränder oder das Label anfassten und sonst nichts. Der alles entscheidende Moment für mich war, als ich mich fragte: Wie mache ich aus diesem zehnsekündigen Break einen zehnminütigen Break? Wie komme ich von einem Michael Jackson Break zu einem Led Zeppelin Break, so das all diese Tracks zu einem einzigen Song verschmelzen? Der bedeutendste Moment war dann, als ich mich entschied, meine Hand auf das Vinyl zu legen, während die Platte sich drehte. Als ich das tat und es zum ersten mal hören konnte, dass ich die Kontrolle hatte über die Zeit und die Breaks, dass ich entscheiden konnte, wie lange so ein Break sein konnte, ging ich auf einen Schrottplatz und sammelte dort alte Plattenspieler und Mischpulte und Boxen und alte Verstärker, brachte sie nach Hause und fing an, alles zusammen zu schrauben, damit ich ein Soundsystem in meinem Zimmer hatte.

rap.de: Du hast eine Ausbildung als Elektrotechniker.  Hat dir das geholfen?

GMF: Ja, absolut. Aber erst als ich ein Ziel hatte, bekam das alles einen Sinn  für mich. Die ganzen verschiedenen Farben auf den Platinen, wenn du die Geräte aufgeschraubt hast, das bedeutete plötzlich was. Als Kind habe ich das nicht kapiert. ab diesem Zeitpunkt ging ich also regelmäßig auf Schrottplätze und sammelte alles ein, was Sinn machte.